Kapitel 96 - Geplänkel - Teil 1

360 54 18
                                    

„Super gemacht, Zelia", lobte Magnifus die Top-Meuchelmörderin seiner Gilde über den Chat.

„Es wäre nicht nötig gewesen, wenn dieser Vollidiot Trullus nicht viel zu früh seine Rede gehalten hätte", schimpfte Zelia wütend.

„Hast recht", stimmte Magnifus ihr zu und meinte schnell: „Behalte ihn weiter im Auge und sorge mit Sala dafür, dass..."

„Das unsere Seite nicht zusammenbricht... ja, ja, Mag. Ich weiß was ich zu tun habe", fuhr im Zelia dazwischen und kappte den Chat.

„...", für einen Moment sprachlos, schüttelte Magnifus den Kopf. Das sie auch immer so schnell auf hundertachtzig sein musste. Sie war eine begnadete Spielerin, die ihre Berufsklasse wirklich beherrschte. Aber sie hasste es über alle Maßen, wenn einer ihrer Pläne verhunzt wurde. Wenn sie Trullus nicht noch brauchen würden, hätte sie wahrscheinlich schon längst Hackfleisch aus ihm gemacht.

Seufzend richtete er schließlich seine Aufmerksamkeit auf die heranstürmende Armee der Goblins und versicherte sich, dass seine Gildenmitglieder bereit waren und auf seine Befehle warteten. Im Gegensatz zu der rechten Seite waren sie nicht wirklich nervös geworden. Der Gildenanführer von Spirits of Dawn verlangte den Spielern einiges ab, ehe sie der Gilde beitreten konnten. Ein guter Kampfgeist war darunter eins seiner wichtigsten Kriterien. Viel zu oft schon, hatte sich diese Charaktereigenschaft in den Auseinandersetzungen der Gilde als besonders wertvoll erwiesen und der heutige Kampf schien keine Ausnahme in dieser Hinsicht zu sein.

Dennoch... ein Abstieg von fünf Leveln sobald man starb... ganz zu schweigen von dem Verlust der Artefakte...

Diese Tatsache verursachte Magnifus schon jetzt Kopfschmerzen. Sie waren mit mehreren hundert Gildenmitgliedern angereist und im Verlauf dieser Schlacht würde ein Großteil von ihnen sterben. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Denn ganz egal wie stark sie individuell waren, eine Schlacht dieser Größenordnung war immer chaotisch und unvorhersehbar...

Er konnte nur hoffen, dass die Belohnung nach erfolgreichem Abschluss der Quest dieses Opfer wert war. Ansonsten würde er Wochen damit verbringen all seine Spieler wieder hochzuleveln. Dahingehend konnte sein Gildenanführer schon recht hart sein.

Das Geschrei der Goblins wurde beim Heranstürmen immer lauter und so gleichgültig ihm all die Drohgebärden und ihr Gekreische auch war, es wurde Zeit, dass er sich an seine Leute wandte.

„Wartet mit den Pfeilen auf meinen Befehl! Lasst sie heran kommen und wartet ab. Wir werden den Kampf nur gewinnen, wenn wir als eine Einheit agieren, verstanden?", rief er lauthals über die Reihen seine Gildenmitglieder hinweg, während er vor ihnen auf und ab ging.

„Verstanden!", schrien sie zurück und Magnifus nickte zufrieden mit dem Kopf.

Wenige Augenblicke später kamen die ersten Goblins in Reichweite der Bogenschützen, doch Magnifus hielt sich mit seinem Schießbefehl noch zurück.

Wie wahnsinnig stürmte die erste Welle mit an die tausend Goblins weiter. Es dauerte nur ein paar Sekunden, ehe die Bogenschützen der Goblins in Reichweite kamen, sich positionierten und daran machten den ersten Pfeilhagel auf sie niederfahren zu lassen.

„Mist...", verfluchte Magnifus zum hundertsten Male das bescheidene Schlachtfeld. Er befand sich mit seinen Leuten am Fuße des Hangs und konnte problemlos von den Goblinschützen unter Beschuss genommen werden, während die Goblins sich dank ihres Höhenvorteils klar außer Reichweite befanden. Sie hatten mehr als einmal darüber debattiert, ob sie den Kampf hier unten suchten oder oben auf der Felsebene.

Beide Standorte hatten ihre Vor- und Nachteile. Oben wäre das Höhenniveau für beide Parteien gleich, allerdings hätte die Übermacht der Goblins in dem weitläufigen Terrain die Möglichkeit gehabt, sie von allen Seiten gleichzeitig anzugreifen. Es brauchte kein Genie, um zu erkennen, dass ihre Siegeschancen in solch einem Fall alles andere als gut gestanden hätten.

Was wiederum zu ihrer momentanen Position führte. Hier besaßen die Gegner zwar einen Höhenvorteil, aber immerhin zwang der Hang die Goblins in eine Art Engpass, wodurch sie weiter unter zu einem leichten Ziel wurden.

„Magier bereitmachen!", rief er lauthals und konzentrierte sich auf die Bogenschützen der Goblins. Genau in diesem Moment flog ihnen bereits die erste Salve von Pfeilen entgegen.

„Schilde hoch!", schrie er sofort und die Magier seiner Gilde, die extra dafür in der dritten Reihe, welche ihnen den meisten Schutz bot, angeordnet worden waren, ließen ihre Zauber Gestalt annehmen.

Kaum eine Sekunde später fanden sich alle Spirit of Dawn-Mitglieder unter einem Wall von Schilden wieder, welche die Pfeile der Goblins problemlos abprallen ließen.

Die Nahkämpfer der Goblins setzten währenddessen ihren Weg fort und befanden sich nur noch achtzig Meter entfernt.

Es wurde Zeit, entschied Magnifus schließlich und rief: „Pfeile, los! "

Wie eine Einheit spannten seine Gildenmitglieder in den hintersten Reihen die Bögen und ließen nun ihrerseits die erste Salve auf die Gegner los.

Doch zu ihrer aller erstaunen rannten die Goblins nicht wie wild geworden weiter, sondern strömten plötzlich auseinander, verteilten sich und blieben im Hintergrund sogar stehen, um die Auswirkungen der Pfeile so gering wie möglich zu halten.

„Scheiße, die Viecher sind nicht so blöd wie sie aussehen", schimpfte einer der Nahkämpfer in Magnifus Nähe.

Missmutig kniff Magnifus die Augen zusammen. Der menschliche Anführer war zwar auch im Begriff den Hang hinab zu steigen, war aber viel zu weit entfernt, um diesen Befehl gegeben zu haben. „Donnar, siehst du irgendeinen Anführer unter der ersten Goblinwelle?", verlangte er schnell von dem einzigen Bestienzähmer seiner Gilde.

„Bin schon dabei!", antwortete Donnar und schloss die Augen.

Magnifus blickte stumm nach oben und suchte den Falken, durch dessen Augen Donnar die Goblins beobachtete.

„Nahkämpfer, bereit machen!", gab Magnifus derweil den nächsten Befehl. „Wir wussten alle, dass sie früher oder später bis zu uns kommen würden. Haltet eure Posten um jeden Preis!"

„Jawohl!"

„Verstanden!"

Nur kurz erklangen die grimmigen Antworten seiner Gildenmitglieder, ehe die erste Reihe ihre Schilde in Anschlag brachte und ihre Äxte und Schwerter zückte. Die zweite Reihe brachte derweil ihre Speere zwischen den Schildern ihrer Vorderleute in Position und stemmte sich mit den Füßen dagegen.

Dann hieß es abzuwarten.


1. Teil!

Nächster Teil kommt in einer halben Stunde!

RiBBoN

Die Legende vom Elementflüsterer - Band 1 + 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt