Kapitel 91 - Ungleichgewicht - Teil 1

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Die letzten zwei Stunden waren eine einzige Tortur gewesen. Vor Schmerzen hatte er nahezu bewegungsunfähig auf dem Bauch gelegen und sich in seinen klaren Momenten ein ums andere Mal darüber den Kopf zerbrochen, wie er im Folgenden am besten vorgehen könnte.

Das Ergebnis war, dass er keine Ahnung hatte.

Wie sollte er auch irgendetwas planen, ohne seine momentane Situation richtig erfassen zu können?

Seit Stunden sah niemand nach ihm, obwohl er offensichtlich geflissentlich versorgt worden war. Da stellte man sich doch die Frage wieso dies so war?

Ah, es half alles nichts. Seine Gedanken fingen schon wieder an sich im Kreis zu drehen.

Vorsichtig begann er nach und nach seine Arme zu bewegen und stellte fest, dass seine Qualen inzwischen erträglicher geworden waren. Es tat immer noch furchtbar weh, besonders wenn er sich bewegte. Dennoch, er konnte es mittlerweile aushalten.

Mit viel Geduld brachte er es nach und nach fertig auf alle Viere zu kommen. Sich auf seine Fersen zu setzen, war jedoch ein Ding der Unmöglichkeit.

„Scheiße!", stieß er vor Elend gepresst hervor.

Wieso musste dieses verdammte Schmerzempfinden bloß so hoch festgestellt sein?

TNLs Support anzuschreiben, war auch nicht gerade von Erfolg gekrönt gewesen. In ihrer Antwort vertrat die TNL-Ideenschmiede tatsächlich die Meinung, dass sämtliche Einstellungen rechtmäßiger Natur waren und lediglich eine Folge seiner spielerischen Aktionen seien.

Bahes Laune war beim Lesen auf einen neuen Tiefpunkt angelangt... So viel zum viel gelobten Support-Service TNLs...

Er fragte sich allerdings noch immer, was ihn von all den anderen Spielern unterschied? Schließlich spielten diese alle mit frei regelbaren Schmerzempfinden...

Im Grunde konnte es nur seine legendäre Berufsklasse sein, oder?

Etwas anderes war ihm bis heute nicht eingefallen. Für einen kurzen Moment hatte er sogar überlegt, seinen Avatar zu löschen und das Spiel komplett neu zu starten. Nur um den Gedanken direkt darauf wieder zu verwerfen. Dafür hatte er einfach schon viel zu viel Zeit in seinen Avatar Anael investiert. Und obwohl letztlich immer noch die Möglichkeit bestand die Berufsklasse zu wechseln, musste er sich eingestehen, dass er diese Interaktionen mit seinen nervigen Elementaren allmählich zu schätzen wusste. Wenn es etwas gab, was ihn auf andere Gedanken brachte und den tristen Alltag vergessen ließ, dann waren es diese beiden ungewöhnlichen Wesenheiten.

Sooo.... Seine Gedanken schweifen zu lassen, hatte es ihm immerhin ermöglicht sich in eine kniende Position aufzurichten, ohne sich die ganze Zeit der Qualen bewusst zu sein.

Gepresst tief ein- und ausatmend griff er schließlich in seinen Speichergegenstand und holte einen neuen Satz Kleidung hervor. Danach hielt er kurz inne, um sich zu sammeln und sich auf den kommenden Leidensweg einstellen zu können.

Dann begann Bahe mit der Aktion des Jahrhunderts... Er begann sich anzuziehen...



Beinahe heiser vor Schmerzensschreien, verließ Bahe etwa zwanzig Minuten später die spärliche Behausung, in der er versorgt worden war und blickte sich um.

Scheinbar befand er sich immer noch im Lager der Felsgnome, auch wenn er sich an die unmittelbare Umgebung nicht erinnerte. Mit einem Blick nach rechts stellte er fest, dass in gut zehn Metern das Lager endete und den Blick auf die kahle Schlucht frei gab. Wahrscheinlich war er von der anderen Seite ins Lager geschleppt worden.

Die Legende vom Elementflüsterer - Band 1 + 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt