Kapitel 91 - Ungleichgewicht - Teil 5

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Fünf der Goblins schienen zu schlafen, Drei stellten Pfeile her, soweit Bahe das beurteilen konnte, während drei weitere Goblins mit dem Bespannen von Bögen beschäftigt waren. Die letzten vier Goblins waren mit einer Art von Intimität beschäftigt, die Bahes Augen erst groß werden ließ, ehe er sich angewidert abwandte. Es gab wahrlich schönere Anblicke als hässlichen und entfernt menschenähnlichen Kreaturen beim Sex zuzusehen. Vor allem, wenn diese es querbeet durcheinander trieben...

Das die Viecher immer wieder laute Geräusche von sich gaben, sorgte jedoch dafür, dass er die verstörenden Bilder so schnell nicht wieder aus dem Kopf bekam.

„Huschu?", fragte die Medizinfrau und Bahe sah Brocken fragend an.

„Sie will... wissen, ob du... den Tarstein gesehen... hast", erklärte dieser.

„Das hat sie alles mit einem Wort gefragt?", zog Bahe, sich immer noch über diese eigentümliche Ausdrucksweise wundernd, die Augenbrauen hoch, lugte jedoch erneut in die Kammer.

Bei erneutem Hinsehen entdeckte er tatsächlich ganz in der Nähe der schlafenden Goblins einen Tarstein und nickte schnell.

Zumindest diese Geste verstand die Medizinfrau inzwischen, nickte zufrieden und zeigte mit einem mörderischen Gesichtsausdruck auf die Goblins: „Huschu, huuuuschu, huschuu!"

„Äh...", begann Bahe, doch Brocken übersetzte bereits.

„Sie will, dass du... hilfst die Goblins... zu töten, damit wir... den Tarstein schnell... an uns nehmen und verschwinden... können, ehe uns... jemand bemerkt."

„Aha...", antwortete Bahe als Zeichens seines Verstehens und blickte ein weiteres Mal in den Raum, ehe er schlussendlich mit dem Kopf schüttelte.

Sehr zum Ärgernis der Medizinfrau, die erneut auf die Goblins zeigte und wieder ihre Huschu-Laute von sich gab.

Doch Bahe blieb bei seiner Meinung. Die Goblins waren allesamt viel zu verstreut, um sich sicher sein zu können, sie alle zu erwischen, bevor sie bemerkt wurden. Denn sobald auch nur einer von den Viechern Alarm schlug, würde sie es mit Tausenden zu tun bekommen. Sofern möglich, wollte er das verhindern.

Bahe schüttelte erneut den Kopf, begann diesmal jedoch mit Gesten und Pantomimen darzustellen, was er stattdessen unternehmen wollte.

Es dauerte eine ganze Weile, in der sich Bahe mehr als einmal ärgerte, dass Felsur nicht anwesend war, um zu übersetzen. Doch schließlich schien die Medizinfrau zu verstehen, dass er sich lieber an den Goblins vorbei schleichen wollte, um unnötige Aufmerksamkeit zu vermeiden. Was ihn jedoch verwirrte, war die Tatsache, dass sie ihn skeptisch zu mustern begann.

Kurz darauf packte sie ihn an einem Ärmel und zog ihn nach links in einen Gang, der noch tiefer in die Erde führte. Etwa fünfzig Meter später stoppte die Medizinfrau und legte erneut ihre flache Hand an die Felswand zu ihrer Linken.

Unter leisem Huschu-Gemurmel erstrahlten, wie zuvor, geheimnisvolle Runenzeichen, doch diesmal in wesentlich größerer Zahl, so dass der gesamte bergab führende Gang hell erleuchtet wurde. Nicht mit dem plötzlichen Licht rechnet, kniff Bahe schnell die Augen zusammen, während er sich Sorgen darum machte, ob sie auf diese Weise den Goblins nicht ihre Anwesenheit verrieten.

Bevor er sich jedoch weitere Gedanken machen konnte, bemerkte er verblüfft wie die Medizinfrau in der massiven Felswand verschwand. Verdutzt starrte er auf die immer noch leuchtende Felswand, als plötzlich die Hand der Medizinfrau auftauchte und ihn mit einer Geste aufforderte ihr zu folgen.

Vorsichtig hob Bahe schließlich die Hände, um den Widerstand der Felswand zu testen. Seine Hände griffen allerdings nur ins Leere. Die offensichtliche Magie bewundernd, folgte er schließlich dieser kleinen Felsgnomin, die ihn immer wieder überraschte und trat durch die leuchtende Felswand.

Er fand sich in einer erstaunlich großen Höhle wieder, die wie der Rest des Höhlensystems von diesen schwach leuchtenden, natürlichen Kristallformationen erleuchtet war, die unregelmäßig über die Höhlendecke verteilt aus dem Felsgestein wuchsen.

Einen kurzen Moment nachdem er die Höhle betreten hatte, ebbte das Licht hinter ihm plötzlich ab und Bahe stelle fest, dass der Rest ihrer kleinen Truppe ebenfalls durch die Felswand geschlüpft war. Mit einer kurzen Tastbewegung überprüfte er daraufhin die Felswand. Wie erwartet, war sie wieder undurchlässig.

„Huschuuuu huschu", gab die Medizinfrau vor ihm von sich und Bahe bemerkte, dass sie ihn zu sich heran winkte.

Sich umschauend kam er ihren Wunsch nach, konnte jedoch nicht umhin über die Vielfalt der Gegenstände in dieser Höhle zu staunen... Es schien fast so, als ob er in eine Art Schatzkammer geführt worden war...

„Identifizieren! Identifizieren! Identifizieren!", murmelte er am laufenden Band und entdeckte einen seltenen Gegenstand nach dem Nächsten. Ein Grinsen schlich sich auf seine Lippen... Was wäre er denn für ein Spieler sich solch eine Gelegenheit entgehen lassen würde?

Er wollte schon einen Umweg zu einem der Gegenstände unternehmen, als Brocken sagte: „Das würde... ich an deiner... Stelle nicht... machen."

Brockens Worte ließen ihn inne halten und er wollte schon nachfragen, doch Brocken kam ihm zuvor: „Die Runen auf... der Felswand, durch... die wir gekommen sind, verhindern, dass... man die Schätze der... Felsgnome ohne... ihre Erlaubnis aus dieser... Höhle entfernt und ich... glaube nicht, dass sie sich... darüber freuen, wenn... du es versuchst."

Soviel zu seinen gefunden Schätzen, jammerte Bahe innerlich, während er sich seufzend wieder in Bewegung setzte und zur Medizinfrau ging.

Bei ihr angekommen, stellte er fest, wie sie ihn mit voller Intensität und Ernsthaftigkeit beobachtete und ihm schließlich einen kleinen Stofffetzen anbot. Die anderen Felsgnome verfielen in laute Huschu-Rufe, als sie die Handlung ihrer Medizinfrau bemerkten und Bahe stutzte ob ihres merkwürdigen Verhaltens.

„Die vier Felsgnome... sind nicht gerade... glücklich darüber, dass... Huschuma dir ein... so wertvolles Artefakt... ihres Stammes schenken... möchte", kam Brocken prompt seiner Übersetzungstätigkeit nach und Bahe zögerte keine Sekunde länger, als er das Wort wertvoll hörte und schnappte sich den angebotenen Stofffetzen aus der Hand der Felsgnomin.

Wie sich herausstellte, handelte es ich gar nicht um einen Stofffetzen, sondern um einen braungrauen Umhang aus einem fein gewebten Material, welches Bahe nicht zuordnen konnte. Am Rücken prangte ein Symbol, welches sich erneut aus mehreren Fragezeichen zusammen setzte. Diesmal waren sie allerdings nicht miteinander verschlungen, sondern nur so verdreht, dass sie alle mit ihren breiten Kopfteilen aufeinander zeigten, sich aber noch nicht berührten. Die Zeichen waren bis auf die grasgrünen Punkte in einem dunklen kräftigen Braunton gehalten. Farben, die sich vom Graubraun des Umhangs gut abhoben.

Dennoch gab es ein Problem mit diesem Umhang. Er war auf die Größe der Felsgnome ausgerichtet und damit etwa so groß, wie Bahes Armeslänge.

„Identifizieren!", murmelte Bahe trotzdem schnell und staunte einen Moment später nicht schlecht:




Teil 3/2!

RiBBoN

Die Legende vom Elementflüsterer - Band 1 + 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt