Kapitel 84 - Hinterhalt - Teil 4

362 57 4
                                    

„Fünfzehn...", sagte Hauptmann Pero traurig. „Drei von Ihnen waren Neulinge. Leider sterben diese immer zuerst. Du solltest dich glücklich schätzen, den Überfall überlebt zu haben."

Bahe nickte nur, während er staunend den Kampf mit dem Riesengoblin beobachtete. Goblins kannte er nur als schmächtige, ausgezehrte Gestalten mit spitzen Nasen und Ohren, deren Wirkung durch ihre kantigen Gesichtszüge noch verstärkt wurde. Anhand der Leiche des Goblinsassassinen, konnte er feststellen, dass ihr Erscheinungsbild auch genau in dieses Schema hinein passte.

Der Riesengoblin hingegen war von gänzlich anderer Statur. Trotz seiner scharfkantigen Gesichtszüge war er breit wie Pferdegespann und ragte mit seinem drei Metern weit über alle Soldaten auf.

Sein Kopf thronte auf einem so gut wie nicht vorhandenen Hals, während seine Schultern und Arme von Muskelpaketen bepackt waren, dass der Riesengoblin gänzlich unförmig wirkte. Ergänzt wurde dieser Eindruck durch die im Vergleich zu kurzen Beine und dem unnormal übergroßen Oberkörper, der über die Hälfte seiner Gesamtgröße ausmachte.

Die Veteranen hielten sich erstaunlich gut gegen diese fremdartige Kreatur. Sie tänzelten um den Riesengoblin herum und wichen geschickt einem jeden Hieb seiner Keule aus, der beim Aufprall mit dem Boden jedes Mal eine tiefe Mulde hinterließ.

Bahe staunte nicht schlecht, ob der rohen Gewalt des Riesengoblins. Ein Schlag würde reichen, um den Veteranen den Gar auszumachen.

Doch diese übten sich in Geduld und fügten dem Riesengoblin mit der Zeit immer mehr kleine Schnittwunden zu, bis er schließlich langsamer wurde und Veteran Mats mit einem Sprung nach vorne sein Schwert in die Kniekehle des Ungeheuers treiben konnte.

Der Riesengoblin schrie auf und ließ seine Keule niederfahren, doch Veteran Mats ließ sein Schwert einfach in der Kniekehle des Monsters stecken, hechtete zur Seite und brachte sich so außer Gefahr.

Währenddessen nutzte diesmal jedoch Veteran Helmut die Chance und erwischte mit einem Schwerthieb die andere Kniekehle, was den Riesengoblin unter einem wütenden Aufschrei zu Fall brachte.

Auf den Knien stützte sich der Riesengoblin mit einer Hand am Boden ab und wollte gerade erneut seine Keule schwingen, als Veteran Herold mit Schwung an ihn heran stürmte, hoch sprang, sich an der Brust der Kreatur abstieß und sein Schwert mit aller Kraft in den Hals des Riesengoblins stieß. Anschließend ließ er sich fallen, stieß sich erneut an der Brust des Monsters ab und brachte sich so außer Reichweite, falls ein weiterer Keulenschlag folgen sollte.

Doch der blieb aus.

Beeindruckt registrierte Bahe, wie die HP des Riesengoblins durch die blutende Halswunde in Sekundenschnelle auf Null sanken und er letztlich tot zu Boden krachte.

Auch an anderer Stelle brachten die Soldaten nach und nach die anderen Goblins zu Fall und Bahe nutzte den Moment, um einen der drei Heiltränke zu sich zu nehmen, die er vor Missionsantritt extra für teures Geld erworben hatte. Es schmerzte ihn zutiefst, aber da Hauptmann Pero ihn mit den Worten verlassen hatte, dass sie direkt nach der Schlacht aufbrechen würden, blieb ihm nichts anderes übrig als seinen Körper schleunigst wieder fit zu machen.

Bahe entkorkte das kleine Fläschchen in grüner Färbung und nahm vorsichtig einen Schluck. Wenig später verzog er angewidert den Mund.

Boar, war das Zeug eklig!

Aber nicht viel später bemerkte Bahe bereits wie seine HP-Zahlen deutlich stiegen und vor allem die Schmerzen in seiner Brust erheblich nach ließen. Hastig exte er daraufhin das kleine Fläschchen und schüttelte sich danach, da ihm der widerliche Geschmack immer noch auf der Zunge lag.

Natürlich mussten diese Heiltränke furchtbar schmecken... wäre es wirklich so schlimm gewesen, die Dinger genießbar zu machen?

Mürrisch erhob sich Bahe und streckte vorsichtig seine Gliedmaßen. Ihm tat immer noch alles weh, aber seine HP sollten in spätestens zwei Stunden wieder vollständig erholt haben. „Wenigstens etwas...", murmelte Bahe und fand, dass die kleinen Heiltränke ihr Geld wert waren. In einem Kampf waren sie zwar nutzlos, da ihre Heilwirkung viel zu langsam war, aber um ihn wieder auf die Beine zu bringen, reichten sie allemal.

Missmutig blickte Bahe sich um, entdeckte seine Elementare jedoch nirgends. Wozu hatte er schon Kampfgefährten, wenn diese ihm nie in solchen Momenten zur Seite standen? Es war jedes Mal das Gleiche mit ihnen...

Und was seinen Zauber betraf... nun... er wollte ihn nicht als nutzlos bezeichnen. Aber das es funktioniert hatte, war wahrhaft ein einziger Glücksfall gewesen. War das vielleicht die Wiedergutmachung für das schreckliche Erlebnis mit dem Wasserzauber?

Normalerweise würde er niemals genug Zeit haben einen solch langwierigen Zauber mitten in einem Gefecht zu wirken. Er musste unbedingt am Ball bleiben, was die Handhabung seiner Energie und die Aktivierung seiner Fähigkeiten betraf.

Umso schneller er wurde, umso nützlicher würden seine Fähigkeiten in Zukunft werden.

Ärgerlich war wirklich, dass er keinerlei Erfahrung in diesem Gefecht erhalten hatte. Andererseits hatte er ja nicht mal einen Schwerthieb in Richtung der Goblins landen können...

Nicht weit von Bahe lag noch immer die Leiche des Goblinassassinen und sich weiter umschauend, blieb sein Blick schließlich am Leichnam des Riesengoblins hängen. Die Veteranen hatten zwar ihre Waffen wieder an sich genommen, die Kreatur ansonsten aber nicht angerührt.

Bahe grinste.

Ob er da wohl fündig werden würde? Diese beiden Goblins mussten doch irgendetwas von Wert besitzen...

Scheißegal, ob er sie besiegt hatte oder nicht. Wertvolle Artefakte konnte man doch nicht einfach so liegenlassen, oder?



Teil 2/5?

RiBBoN

Die Legende vom Elementflüsterer - Band 1 + 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt