Kapitel 97 - Schwere Verluste - Teil 1

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Zehn Minuten zuvor, beobachtete Kaiwen aufmerksam, wie die gegnerischen Truppen den Hang hinunter stürmten. Wenn sie nicht so weit hinten stehen würde, hätte sie wahrscheinlich längst das Grauen gepackt, welches den meisten Spielerinnen und Spielern anzusehen war, die hinter Trullus in der ersten Reihe standen.

Mit ihrer Allsicht wechselte sie immerzu die Blickwinkel und fing so viele Reaktionen der Spieler ein, wie nur irgendwie möglich.

Die Unterschiede in der Haltung der Spielerinnen und Spieler zwischen ihrer Seite und der Seite der Gilde Spirits of Dawn traten mit jeder Sekunde stärker hervor. Zeigte Spirits of Dawn Willensstärke und nahezu Gelassenheit im Angesicht der Gegner, so zerbrach die Moral von Trullus Truppen von Sekunde zu Sekunde mehr.

Die Ersten machten bereits ein paar Schritte rückwärts.

Und Trullus machte es nun wirklich nicht besser.

„Bald ist es soweit! Speere nach vorn und Schilde hoch. Ihr wollt doch nicht überrannt werden!", rief Trullus, ob der nahenden Gegner nahezu euphorisch. Scheinbar bemerkte er die verängstigten Mienen seiner Leute gar nicht.

Kaiwen konnte sich nur zu gut in die Lage der Spielerinnen in der ersten Reihe hineinversetzen. Sie mussten allmählich allesamt panisch sein, zumindest die zart besaiteten.

Aber es gab auch ein paar wenige Ausnahmen. Manche Spielerinnen und auch einige der wenigen Spieler wirkten recht entschlossen und kamen Trullus Befehlen nach.

Dann teilte sich plötzlich die heranstürmende Welle von Goblins und Kaiwen widmete ihre Aufmerksamkeit sofort wieder der Goblinarmee.

Noch bevor Kaiwen richtig erkannte, was die stehen gebliebenen Goblins bezweckten, schalte plötzlich Zelias Stimme gebieterisch über die verängstigten Spielerinnen und Spieler hinweg.

„Kommt erst gar nicht auf die Idee wegzulaufen, denn dann bekommt ihr es mit mir zu tun! Und macht euch keine Illusionen, selbst um Hunderte von euch abzuschlachten, brauche ich nur wenige Sekunden! Die Bogenschützen der Goblins sind zurück geblieben, also bereitet euch auf einen Pfeilhagel vor. Zauberer, aktiviert eure Schildzauber und schützt so viele Leute wie möglich. An alle Anderen, die sich nicht innerhalb eines Schutzschildes befinden, sucht Schutz unter den breiten Schilden der Nahkämpfer oder teilt euch die Schilde, die Spirits of Dawn an euch verteilt hat! Schnell!"

Zelias Kommando kam gerade noch rechtzeitig. Denn beinahe im nächsten Moment prasselten bereits die ersten Pfeile der Goblins nieder.

Hektisch ließ Kaiwen ihr Blickfeld umherfahren und nahm die Aufschreie und vor Schmerz verzogenen Mienen der Spielerinnen und Spieler auf, die es nicht schnell genug unter einen Schild geschafft oder schlicht weg Pech gehabt hatten.

„Bwahahah! Ist das alles, was ihr könnt, Goblins?! Kommt her, Trullus wartet auf euch!", schrie Trullus begeistert seinen Gegnern entgegen, während er irgendeine blasenförmige Schutzschildfähigkeit aufrecht erhielt, die alle Pfeile abprallen ließ.

Kaiwen konnte über seinen Mangel an Takt mal wieder nur den Kopf schütteln. Seine Truppen litten und er lachte...

Zelia hingegen gab bereits die nächsten Kommandos: „Verletzte sofort zu den Heilern! Alle anderen halten ihre Stellung. Wartet den nächsten Pfeilhagel ab, danach erwidern die Bogenschützen das Feuer. Zielt auf die Nahkämpfer der Goblins. Mäht so viele von ihnen nieder, wie irgendwie möglich, bevor sie uns erreichen!"

Danach wandte sie sich an ihren Gildenkameraden: „Sala, wie weit bist du mit deinem Flächenzauber?"

„Fast fertig!", antwortete dieser knapp.

„Ok Leute, ihr habt es gehört. Sala wird die restlichen Nahkämpfer dezimieren, nachdem unsere Pfeile die ersten Opfer gerissen haben. Die erste Reihe muss sich also keine Sorgen machen, es werden nicht allzu viele Goblins bei uns ankommen! Macht euch auf ein Schauspiel gefasst!", versuchte Zelia trotz all dem Pfeilbeschuss den Spielerinnen und Spielern auf Trullus Seite Hoffnung zu machen.

Der zweite Pfeilhagel fiel auf sie hernieder und erneut wurden hier und da Spielerinnen und Spieler getroffen. Durch Zufall fing Kaiwens Allsicht den Tod einer besonders unglücklichen Spielerin ein, als ein Pfeil am Helm ihres Vordermannes abprallte und ihr mit voller Wucht ins Auge schoss. Der kritische Schaden war so enorm, dass ihre HP-Zahlen direkt auf Null fielen.

Ihre Freundinnen kreischten entsetzt auf, als ihr Leichnam vor ihnen zu Boden fiel.

Kopfschüttelnd wandte Kaiwen ihren Blick ab und bemerkte immer mehr schmerzverzogene Gesichter. Bei einer Schulterwunde reiche selbst der Mindestwert von zehn prozentigem Schmerzempfinden aus, damit es deutlich spürbar wurde.

Zelia ignorierte die Gemütszustände jedoch weitestgehend und rief lautstark, während die restlichen Pfeile niederprasselten: „Wartet noch!"

„Wartet... wartet...", forderte sie im Anschluss weiter Geduld, obwohl die Goblins nur noch fünfzig Meter entfernt waren, bis sie plötzlich befahl: „Jetzt! Bogenschützen Feuer frei auf die Nahkämpfer!"

Fast augenblicklich löste sich eine Salve von Pfeilen von den Bögen der Spieler.

Im nächsten Augenblick fielen an die dreißig Goblins zu Boden und behinderten ihre Artgenossen beim Weiterstürmen.

„Haha, seht ihr das?", rief Trullus lachend. „Die Viecher halten ja nicht mal ein paar Pfeile aus!"

Jubelgeschrei ertönte auch unter den Spielern. Doch es war von kurzer Dauer, da sich die Goblins wenig später fingen und sich nun daran machten, die letzten fünfunddreißig Meter zu ihnen zu sprinten.

Kaiwen war zu keinem Zeitpunkt in Jubelgeschrei ausgebrochen. Ihr Blick haftete viel mehr an den überlebenden Goblins.

Überall fand sie nach der Pfeilsalve kleine Gruppen vor. Es war offensichtlich, dass sie hinter einigen Artgenossen mit Schilden, Schutz suchten. Es gab nur ein paar vereinzelte Goblins, die noch alleine auf sie zu rannten.

„Verdammt, die Viecher sind nicht so blöd, wie sie aussehen", fluchte Kaiwen leise. Ein weiterer Pfeilangriff würde nicht mehr die gewünschte Wirkung erzeugen.

Inzwischen fehlten den Goblins nur noch zwanzig Meter...

„Bleibt an euren Plätzen!", schrie Zelia sich währenddessen die Seele aus dem Leib, um für Ordnung unter den verunsicherten Spielern zu sorgen. „Sala wird sich um den Rest kümmern. Aber ihr müsst die Verteidigungslinie halten! Und passt auf den nächsten Pfeilhagel der Gegner auf."

Danach wandte sie sich an Salamander: „Sala, jetzt oder nie!"

Als die Goblins nur noch fünfzehn Meter entfernt waren, fing Kaiwen mit ihrer Allsicht ein, wie Salamander nickte und sich plötzlich eine Vielzahl von Feuerbällen um ihn herum erhoben. Nur, um einen kurzen Moment später mit voller Geschwindigkeit auf die heranstürmenden Goblins zu zufliegen.

Kaiwen sah genau, wie Sala mit den Feuerbällen die Kleingruppen der Goblins anvisierte und im nächsten Moment explodierte ein Flammeninferno, welches seines gleichen suchte.



3. Teil!

So... Das war es für heute... Nacht...

Eigentlich hatte ich vor nicht drei Teile zu veröffentlichen, sondern drei ganze Kapitel (sprich, sechs Teile). Aber da kam mir dieser blöde Lockdown einfach in die Quere... meh...

Was mir auch noch auf der Seele liegt... Ich freue mich IMMER über JEDEN Kommentar!!!

Deswegen ein riesengroßes SORRY dafür, dass ich in den letzten Tagen kaum auf Kommentare geantwortet habe! Das hole ich so bald wie möglich nach!

Bis zum 4. Advent!

RiBBoN

Die Legende vom Elementflüsterer - Band 1 + 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt