Am späteren Abend kam Bahe euphorisch zu Hause an. Auf der Rückfahrt hatte er sein Glück noch immer kaum fassen können. Seine Meisterin... Moment... Huilan, hatte ihm ein paar Aufgaben mit an die Hand gegeben, die er bis Sonntag erledigen sollte.
Daran, dass er sie mit dem Vornamen ansprechen sollte, musste er sich erst noch gewöhnen, grinste er verschmitzt. Dabei fand er ja, dass Meisterin ziemlich cool klang...
Wie dem auch sei, er musste sich wiegen, seine Körpergröße noch einmal messen... darauf hatte er so gar keine Lust... und die Vorräte seiner Großeltern durchforsten, um zu schauen, welche Nahrungsmittel zu Hause waren. Huilan schien es in dieser Hinsicht verdammt ernst zu nehmen.
Also machte er sich, zu Hause angekommen, direkt an die Arbeit. Etwas später wollte er sich schon einloggen, als Feiying endlich auf seine WE-Chat-Frage reagierte und Bahe seinen Nickname für Raoie sendete.
„Gold Digger...", las Bahe und dachte nach. Hatte Feiying nicht davon geschwärmt, dass er eine versteckte Klasse eines Schatzsuchers gefunden hatte?
Das passte ja wie die Faust aufs Auge!
Andererseits... konnte man den Nickname im Englischen nicht nur zu leicht missverstehen?
Bahe musste grinsen, welche Auswirkungen das später noch für Feiying haben könnte... Danach legte er sich aber endlich in sein Dimensional Leap-System und loggte sich ein.
Heute war es endlich soweit, dass er die wichtige Tutorial-Mission V abschließen würde. Gestern waren die zwei Wochen verstrichen, in denen er seine Speichergegenstände nicht benutzen durfte.
Daher begab er sich diesmal ausnahmsweise zu allererst zu dem Trunkenbold, der ihm diesen Mist eingebrockt hatte, anstatt direkt mit seinem Training anzufangen.
„Du hast's tatsächlich geschafft, huh?", gluckste Karl, der trotz des frühen Morgens schon wieder viel zu besoffen war. Oder war er gar nicht erst nüchtern geworden?
„Sieht so aus", grinste Bahe.
„Na bild' dir mal nix drauf ein, Grünschnabel! Ich hab sc'on diese Wälda bereist bevor dux überhaupt geboren wars", sprach Karl, dem es offensichtlich Mühe bereitete, nicht zu lallen. „Aber komm'n wir mal zu deinen Belohlungen...", fuhr er fort und griff unter den Tisch. Hervor holte er eine große Schriftrolle, von der Bahe wirklich nicht wusste, wie Karl sie unter dem Tisch versteckt hatte. „Dieses schniiieeke Ex...emplar ist von nu' an deins."
„Vielen Dank", demonstrierte Bahe seine Manieren und ergriff die ihm gereichte Schriftrolle. Allem Anschein nach handelte es sich hierbei um die versprochene Landkarte, von den Gebieten rund um Waldenstadt.
„Nix da, du hast es verdinnt!", rief Karl viel zu laut, dass Bahe zusammen zuckte und sagte dann unwirsch: „Komm ma' näher, ich muss deine Stirn anfasse' könne' und nimm diese' dämliche Stirnband ab."
Bahe tat wie ihm geheißen und trat näher an den betrunkenen Mann heran. Karl legte, wie angedeutet, die Hand auf Bahes Stirn und sprach dann erregt: „Dachte ich es mir doch! Du warst kurz davor."
„Wovor?"
„Ach, wirste schon seh'n", winkte Karl ab, ehe seine Hand plötzlich zu leuchten begann. Ein warmes Kribbeln breitete sich von Karls Hand über Bahes Stirn aus, bis es schließlich den ganzen Kopf umfasste. Dann öffneten sich plötzlich Benachrichtigungsfenster:
Bahe staunte nicht schlecht, als er gewahr wurde, dass er soeben zwei Fähigkeiten erlernt hatte und bedankte sich gleich: „Vielen Dank, Karl!"
„Ach, nich' der Rede wert", winkte dieser lallend ab. „Zur letzten Sache, die ic' dir versprochen hab'... Waffen kannst du heut' am besten im Laden, Zur fliegenden Guillotine, erwerben und jetzt mach, dass du verschwindest. Ic' verliere nich' gern meine Wetten und will erst recht nich' dran erinnert werden!"
Bahe bedankte sich noch ein zweites Mal und verließ eilig die Taverne.
Endlich kam er mal vorwärts! Die letzten Wochen waren in Raoie einfach zu monoton gewesen. Der Abschluss dieser Quest versetzte ihn endlich in die Lage, wieder einige neue Wege zu gehen. Zum Einen konnte er jetzt Power-Leveln und zum Anderen endlich wieder seinen Speichergegenstand nutzen!
Dadurch war er nicht mehr so abhängig vom Gasthaus zum platzenden Hirsch, wo er in den letzten Wochen stets seine Mahlzeiten eingenommen hatte. Nun konnte er endlich wieder über unbestimmte Zeiträume Nahrung mit sich führen und musste sich nicht ständig Gedanken machen, wann diese wohl nicht mehr genießbar waren.
Auch ein Handtuch und einen zweiten, oder vielleicht sogar einen dritten, Satz an Kleidung wollte er sich zulegen. Er war es leid, nach dem Schwimmen immer noch in die halb nassen Klamotten schlüpfen zu müssen.
Insgesamt ließ sich vielleicht festhalten, dass sich sein Lebensstandard erheblich verbessern würde.
Mit beschwingtem Schritt, machte er sich anschließend zum Trainingsgelände auf, um sein heutiges Training unter Fenrir abzuschließen.
Bahe konnte inzwischen durchaus Verbesserungen vorweisen. Durch einige neue Attributpunkte war er inzwischen wesentlich schneller unterwegs, als zu Beginn der Ausbildung. Es würde vermutlich nicht mehr lange dauern, bis er endlich die Anforderungen von Fenrir erfüllen konnte. Auch seine Handhabung von Pfeil und Bogen war inzwischen wesentlich ausgereifter. Das Spannen bereitete ihm zu Beginn keinerlei Probleme mehr und selbst seine Trefferquote konnte sich sehen lassen.
Kaum zwanzig Minuten später befand sich Bahe daher wieder auf seiner üblichen Runde um die Stadt und gab das Kommando, um sich mit seinem Freund Feiying zu verbinden: „Chat, Gold Digger, beginnen!"
Gold Digger = Im Englischen auch ein Slang-Ausdruck, der eine Person beschreibt, die anstrebt durch Beziehungen bzw. Liebschaften an Reichtum zu gelangen.
Power-Leveln = Ein Computerspieleigener Ausdruck, der ausdauerndes Farmen beschreibt. Sprich, die fortdauernde Bekämpfung von Monstern und erfolgreiche Absolvierung von Questen, um möglichst schnell im Level aufzusteigen.
Bin wieder da. Tja, Arbeit hatte wieder begonnen... der Arbeitsstress zu Beginn halt :(
Wir lesen uns Dienstag wieder ;)
RiBBoN
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Die Legende vom Elementflüsterer - Band 1 + 2
FantasyIn einer nicht all zu fernen Zukunft schuftet sich Bahe jeden Tag ab, um seine Familie unterstützen zu können, die unter enormen Schulden leidet. Doch Monate nach dem Schulabbruch muss Bahe sich eingestehen, dass er an seine Grenzen gelangt ist. In...