Bahe hielt sich zusammen gerollt in Embryohaltung die Seite und wartete angespannt darauf, dass sich die Aufzugtüren schlossen.
„Nur damit du es weißt, ich werde dich nicht vergessen. Es wird der Tag kommen, an dem Mai Ping Lun und ich nicht mehr so stark auf unser Image achten müssen. Und dann, mein Junge, solltest du lieber längst das Weite gesucht haben, hahaha!"
Das grausige Lachen des Anwalts verhallte langsam als sich endlich die Türen schlossen und Bahe erleichtert aufatmen konnte.
Im Folgenden kroch er mitleidserregend zur bepflanzten Fensterbank, ehe er plötzlich problemlos aufstand und zwischen den Blättern einer Pflanze etwas suchte. Wenig später zog er schließlich sein altes Smartphone heraus und beendete die Aufnahme mit einem Grinsen.
Es war alles drauf. Vom Anfang mit Bei En Ruis bedrohlicher Aussage, dass er einen Fehler begangen hätte, bis zum Ende, wo er zusammen geschlagen wurde und elendig aus dem Bild heraus kroch.
Erleichtert seufzte er und rieb sich die Seite, die mehrere Tritte eingesteckt hatte. Glücklicherweise hatte er sich leicht drehen können, sodass seine Bauchmuskeln das Meiste an Kraft abfangen konnten. Aber er würde wahrscheinlich trotzdem einige blaue Flecken davon tragen.
Vorhin hatte er nur einen kurzen Moment gehabt, um sich etwas einfallen zu lassen und sein altes Smartphone war schließlich die Rettung gewesen. So ziemlich jeder besaß mittlerweile ein Prophone. Die Menschen genossen es, die neusten Modelle und dementsprechend vor allem die kleinsten Modelle, mit sich zu führen. Prophones als Ringe und Anhänger von Ketten oder Armbänder waren die beliebtesten Varianten. Doch eins hatten sie alle gemein. Es war vorgeschrieben, dass sie alle rot aufleuchteten, wenn sie eine Aufnahme tätigten, damit niemand jemand anderen unbemerkt filmen konnte. Nicht, dass es den Einheimischen in China nicht sowieso egal gewesen wäre. Aber es zählte der Grundgedanke.
Es gab kaum noch jemanden, der ein altes Smartphone benutzte und die Leute vergaßen schnell, dass es bei diesen Exemplaren keinen Warnmechanismus gab. Ein im Schatten der Pflanze verstecktes Smartphone fiel nicht weiter auf, wenn man nicht aktiv danach suchte und Bei En Rui war in all seiner Arroganz nicht einmal darauf gekommen, dass er etwas dergleichen versuchen könnte.
Jetzt musste er nur noch entscheiden, was er mit seiner Aufnahme unternehmen würde... Die letzten Sätze zu seinen Geschwistern hatten Bahe wirklich getroffen... So gern er dieses Video auch veröffentlichen würde... Wenn er das tat, was hielt Bei En Rui dann davon ab, seine Drohungen wahr zu machen?
Wahrscheinlich war es das Beste, dass Video zunächst mal an Han Ning zu schicken und mit ihm zu bereden, wie er weiter vorgehen sollte. Eifrig suchte er den WE-Chat mit Han Ning heraus und sendete das Video an ihn. Bahe wartete einen Moment, doch nichts passierte. Das Video konnte aus irgendeinem Grund nicht versendet werden.
„Was soll das den jetzt...?", murmelte Bahe, als er überlegte woran es liegen könnte.
„Ah verdammt, mein Guthaben ist alle", stöhnte er wenig später und fasste sich seufzend an den Kopf.
Das war der Nachteil, wenn man arm war... Vor einigen Wochen hatte er sich nicht einmal einen Jahresvertrag für den Internetzugang leisten können. Dabei waren die Verträge in China so unglaublich billig, dass so ziemlich jeder Haushalt über mehr High-Speed-Internetvolumen verfügte, als er jemals verbrauchen konnte.
Genervt zuckte er schließlich mit den Schultern und sprach mit sich selbst: „Was soll's... Jetzt weiß ich wenigstens, was ich auf dem Rückweg noch besorgen muss."
Anschließend machte er sich auf den Weg zum Warenannahmebereich und verließ das Gebäude auf den gleichen Weg, über den er zuvor gekommen war, um den Reportern zu entgehen.
„Scheiße!", fluchte Kaiwen zum wiederholten Male, als sich erneut die Reporter anderer Sender in ihr Sichtfeld schoben und ihr den Blick versperrten. Die Pressekonferenz war ein völliger Reinfall für sie gewesen. Dieser junge Ausländer, Bahe Dragon, hatte einen so kleinen Auftritt gehabt, der kaum der Rede wert war. Damit konnte Kaiwen mal gar nichts anfangen.
Jetzt hing sie hier mit den unzähligen anderen Reportern vor dem Haupteingang fest und hoffte darauf, dass sich der Junge irgendwann zeigen würde.
„Arg... eigentlich ist es Unsinn hier zu warten. Als ob Bahe sich hier blicken lassen würde...", murmelte sie vor sich hin. Wenn schon, dann würde er wahrscheinlich auf anderem Wege das Gebäude verlassen. Es gab doch bestimmt einen Hintereingang...
Kaum war ihr der Gedanke gekommen, machte sich Kaiwen hektisch daran die Straße runter zu laufen. In einem regelrechten Sprint lief sie an der nächsten Kreuzung nach rechts und blickte dreißig Meter später nach rechts in eine Einbahnstraße, die am Gebäude der Chen Law Firm vorbei führte.
„Ist er das...?", stieß sie aus, als sie in fünfhundert Meter Entfernung jemanden aus dem Anwaltsgebäude treten sah.
Erst war sie sich unsicher und bewegte sich noch zaghaft auf den jungen Mann zu, da er ihr den Rücken zugewandt hatte und in die andere Richtung lief, aber als sie das blonde Haar erkannte, beschleunigte sie ihre Schritte erneut.
„Hey!", rief sie lautstark. „Hey, warte!"
Doch der Kerl hörte sie scheinbar nicht. Grimmig rannte sie weiter und kam ihm allmählich näher. Aber den Abstand von fünfhundert Metern überwand man nicht so schnell.
„Verflucht ist er schnell...", presste sie missmutig beim Rennen hervor, während sie beobachtete wie ihr Ziel zügigen Schritts die Straße in die entgegengesetzte Richtung runter lief.
Es lagen immer noch zweihundert Meter zwischen ihnen, als Bahe die letzten Meter der Straße zurücklegte und Kaiwen panisch zu ihm herüber schrie: „Hey, warte! Bahe, ich will mit dir reden!"
Bahe blieb offensichtlich überrascht stehen und drehte sich kurz um.
„Warte! Ich habe Fragen an dich!", schrie sie erneut lautstark, um ihm zum Bleiben zu bewegen, doch es kam ganz anders, als sie erwartete.
Denn Bahe rannte plötzlich im Affenzahn davon und verschwand am Ende der Straße rechts hinter den Gebäuden.
Verblüfft und schwer atmend kam Kaiwen zum Stehen.
„Was... was denkt sich der Kerl!", machte sie ihrer Wut Luft und begann von Neuem los zu preschen. Doch an der Kreuzung angekommen musste sie feststellen, dass Bahe verschwunden war. Auf der anderen Seite der Straße befand sich eine U-Bahn-Station. Mittlerweile konnte er überall sein.
„Mist!", fluchte sie und schob sich ihre, vom Rennen zerzausten, Haare aus dem Gesicht und versuchte sie ein wenig zu glätten. Anschließend richtete sie ihr Jackett und stemmte die Hände in die Hüften.
Scheinbar musste sie ihn erneut in dieser alten Absteige besuchen.
Mürrisch machte sie sichauf den Weg.
Über 9000 Reads!
Vielen Dank für das treue Verfolgen meiner Geschichte!
Teil 1/2! :-)
RiBBoN
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Die Legende vom Elementflüsterer - Band 1 + 2
FantasyIn einer nicht all zu fernen Zukunft schuftet sich Bahe jeden Tag ab, um seine Familie unterstützen zu können, die unter enormen Schulden leidet. Doch Monate nach dem Schulabbruch muss Bahe sich eingestehen, dass er an seine Grenzen gelangt ist. In...