(K)Ein Fortschritt

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Tatsächlich half die neue Einstellung Lupin dabei, mit seinen Gefühlen umzugehen. Der Anfang wirkte noch ein wenig holprig, aber mit der Zeit gelang es ihm, sich in Tonks' Gegenwart wieder so zu verhalten, wie er es früher getan hatte.
Nichtsdestotrotz hinderte ihn dies nicht daran, Sirius noch einmal ausdrücklich zu verbieten, mit irgendjemandem über den Inhalt des Gesprächs zu sprechen und er gab keine Ruhe, ehe der Schwarzhaarige es bei seinem Rumtreiber-Ehrenwort geschworen hatte.

Die Zeit zog ins Land und der Winter neigte sich dem Ende entgegen. Bald blühten die ersten Knospen an den Bäumen und die Vögel taten ihre Freune durch ihren zwitschernden Gesang kund.

Lupin saß gerade in der Küche des Hauptquartiers und studierte mit konzentrierter Miene den Tagespropheten, als Sirius das Zimmer betrat.
„Irgendwas Neues?", wollte er wissen und ließ sich neben ihm nieder.

„Nein", antwortete Lupin mit düsterer Miene, „Fudge weigert sich noch immer, zu glauben, dass Voldemort zurück ist. Andererseits, Harrys Interview im Klitterer über seine Rückkehr scheint sich schnell herumzusprechen, soweit ich das anhand meiner Auskundschaftungen beurteilen kann. Es gibt allem Anschein nach zwar einige, die dem, wie zu erwarten war, keinen Glauben schenken, aber er hat auch nicht wenige überzeugen können. Trotzdem ist das Ministerium kein Stück eingeknickt – was auch irgendwie zu erwarten war."
Seufzend ließ Lupin sich in seinem Stuhl zurücksinken.

„Dadurch sollte der Tagesprophet immerhin einiges an Einfluss verlieren", überlegte Sirius grüblerisch. „Übrigens, was wünschst du dir eigentlich?"
„Wünschen?", wiederholte Lupin mit erhobenen Augenbrauen, „wieso?"
„Na, weil du in ein paar Tagen Geburtstag hast, du Genie!"
Das Gesicht des jungen Werwolfs verzog sich zu einer überraschten Miene. „Oh."
„Warte, du hast allen Ernstes deinen Geburtstag vergessen? Ich glaub's ja nicht, Moony! Da bist du einerseits so gewissenhaft, kannst aber andererseits auch so verpeilt sein!" Sirius schüttelte angesichts dessen lächelnd den Kopf.
„Nun, Menschen

sind widersprüchlich. Aber wie dem auch sei, es herrscht Krieg, Tatze. Da hat ein Geburtstag keine Zeit."
„Wir haben meinen auch gefeiert!", erwiderte Sirius in kindlichem Protest.
„Du warst zwölf Jahre in Askaban. Du hast es mehr als nur verdient gehabt", entgegnete Lupin. ‚Und gebraucht', fügte er in Gedanken hinzu.
Nach all dem, was Sirius erlebt hatte, war jedes positive Gefühl, jeder schöne Moment, unfassbar wichtig für ihn.

„Sagte ich nicht, dass du zu wenig von dir selbst hältst? Außerdem würde mich sehr überraschen, wenn deine Zeit wirklich merklich einfacher gewesen wäre. Du hast immerhin geglaubt... dass du uns alle drei verloren hättest, nicht wahr?", fragte er mit schmerzlichem Ausdruck auf seinem Gesicht. „Dazu hast du so viel für den Orden getan – du hast es weitaus mehr verdient."
„Du würdest das auch tun, wenn du könntest. Das ist also keine Begründung", widersprach Lupin.
„Aber ich konnte nicht und mein Geburtstag wurde gefeiert. Also feiern wir deinen auch. End-"
„Aber-"
„Kein ‚Aber', Moony. Ein bisschen Spaß kann uns in all diesen Zeiten gut tun. Außerdem – ich könnte die Party organisieren und mich endlich wieder nützlich machen. Du willst mir doch dieses Gefühl nicht nehmen, oder, Moony?"
Lupin hob eine Augenbraue. „Die Schlechtes-Gewissen-Masche? Bist du aus dem Alter nicht raus?"
„Niemals, mein Guter, niemals", antwortete Sirius und grinste so breit wie schon lange nicht mehr.

~
Der 10. März war im Nu gekommen und tatsächlich hatte Sirius es sich nicht nehmen lassen, die ganze Organisation auf sich zu nehmen.
Im Flur im Eingangsbereich hatte er eine Art hauchdünner bunter Schicht erschaffen, die im Wechsel in allen Farben des Regenbogens schimmerte und durch die man unweigerlich laufen musste, wollte man zur Küche oder dem Wohnzimmer gelangen. Durchquerte man diese Schicht, so schien man für einige Momente mit der Farbe übergossen, die die Regenbogen-Barriere soeben gehabt hatte, was nicht für wenige Aufschreie (und infolge dessen auch für das Herumkreischen von Sirius' Mutter) sorgte. Nichtsdestotrotz brachte es Lupin nicht übers Herz, Sirius zu bitten, die Schicht wieder zu entfernen, wo er doch gut zehn Minuten gebraucht hatte, um sie zu erschaffen und zuvor weitere zwanzig für die Überlegung einer Sirius-Attraktion, die nicht über alle Stränge schlug.

In der Küche und im Wohnzimmer schwebten einige durchsichtige Blasen mit leisem Surren durch die Luft, in denen sich Butterbier oder allerlei Naschereien befanden und in roten Lettern zierten die Wörter „Happy Birthday" wie Seifenblasen die Luft über dem Tisch.
Jener war verziert mit Kerzen in Bechern, auf welche Sirius mühevoll das Gryffindor-Logo gezaubert hatte, ehe Remus ihn darauf hingewiesen hatte, dass es den anderen Häusern gegenüber etwas ungerecht sei, woraufhin Sirius sie stattdessen und nicht ohne zu meckern mit dem Hogwarts-Logo versah. Er ließ es sich jedoch nicht nehmen, ein großes rotes Kreuz auf die Schlange zu setzen und mit feinen Buchstaben das Wort „Loser" daneben zu setzen.

Um die Kerzen herum lagen neben einer großen Menge an Knallbonbons auch purpurrote Steine, die einen schönen Kontrast zur weißen Tischdecke bildeten.
An der Seite stand eine kleine Theke, auf der sich Kuchen und Getränke befanden und im Hintergrund spielte ein magisches Radio Musik – auf Lupins ausdrücklichen Wunsch keine Lieder von Celestina Warbeck.

Obwohl Lupin es eigentlich lieber schlicht mochte, hatte er es Sirius einfach nicht verwehren können, wie üblich dick aufzutragen, wobei ihm Küche und Wohnzimmer in ihrem Rot-Weiß-Stil schon gewöhnlicher als erwartet schienen.
Auch sonst wurde die Feier merklich unterhaltsamer und schöner, als Lupin gerechnet hatte, wenngleich ihm der ganze Trubel etwas unangenehm war:
Neben Molly, die darauf bestanden hatte, das Abendessen zu kochen und Arthur sowie Bill, waren auch Dädalus Diggel, Hestia Jones, Emmeline Vance und Kingsley zugegen. Sogar Mad-Eye stattete ihnen einen kurzen Besuch ab.
Am späteren Abend erschien auch Tonks, die Überstunden hatte machen müssen, mit einem blauen Farbfilm überzogen in der Küche.
Verblüfft stellte Sirius fest, dass sie eine der wenigen war, die seine Mutter nicht zum Schreien gebracht hatten.
„Ich hab schon damit gerechnet, dass du irgendwas ausgeheckt hast, von daher war ich nicht überrascht – wäre trotzdem hilfreich, wenn du den Zauber wieder von mir nehmen würdest – und vom Kuchen bitte auch."
Sie nickte gut gelaunt zu der noch türkis-blau überzogenen Torte, die sie in den Händen hielt.
„Der Zauber löst sich automatisch auf, warte noch ein paar Sekunden", klärte Sirius sie über die Gespräche der anderen und die Musik hinweg auf.
„Ah, verstehe", antwortete sie und beobachtete, wie der Kuchen allmählich wieder seine ursprünglich schokoladig-braune Farbe zurückgewann, „jedenfalls bin ich dafür zum nunmehr fünften Mal über diesen verdammten Trollbeinschirmständer gestolpert – zum Glück bin ich nicht hingefallen, hätte der Torte wohl nicht so gepasst. Mir übrigens auch nicht. Wo ist eigentlich Remus?"

„Dort hinten", rief Sirius ihr zu und deutete auf die Stelle am Tischende, an der sich Remus gerade angeregt mit Kingsley unterhielt.
Behutsam stellte Tonks den Kuchen auf die Theke und hastete zu Lupin hinüber, während Kingsley aufstand und sie im Vorbeigehen begrüßte.
„Remus, es tut mir so Leid!", verkündete sie und schlug entschuldigend die Hände zusammen. „Das mit deinem Geburtstag kam alles so plötzlich und ich hatte so viel zu tun und dann hab ich nichts gefunden und –"
„Ist schon in Ordnung, Tonks, du musst mir nichts schenken, wirklich."
„Nein, das ist-"
„Tonks, im Ernst. Es ist Geschenk genug, dass du da bist."
„Oh – ähm, danke", murmelte Tonks etwas verlegen.
„Keine Ursache", antwortete Lupin, dem das Ganze plötzlich sehr peinlich war, mit etwas kratziger Stimme.
Einen kurzen Moment schwiegen sie beide, neben vereinzelten Gesprächen der anderen Gäste und der Musik aus dem Radio, war nur das bellende Lachen von Sirius, der gerade mit Arthur gesprochen hatte, zu vernehmen.
„Also, ähm, ich hab dir zumindest 'nen Kuchen gebacken", sagte Tonks schließlich. Hab ihn zu den anderen gestellt – aber ich warne dich, in etwa der Hälfte der Stücke sind Bertie Botts Bohnen eingearbeitet, so, dass man sie nicht mehr sehen kann – schmecken kann man sie an den jeweiligen Stellen aber sehr wohl. Und übrigens, die Schokolade besteht extra für dich aus eingeschmolzenen Schokofröschen."
„Verstehe", entgegnete Lupin mit verschmitztem Lächeln, „dann ist der Kuchen wohl sozusagen ein Unikat. Vielen, vielen Dank, Tonks."
„Allerdings", bestätigte sie freudig, „und – oh! Ich hab komplett vergessen, dir zu gratulieren! Also: Alles Gute zum Geburtstag, Remus!" Hastig trat Tonks zwei Schritte nach vorne und fiel ihm um den Hals.
„Danke", antwortete Lupin etwas heiser und drückte sie kurz an sich.

Für den späteren Verlauf des Abends hatte Sirius noch einige Zauberer-Partyspiele organisiert, die zwar eigentlich für Jüngere gedacht waren, den Unterhaltungswert an diesem Tag aber keinesfalls schmälerten und für Sirius außerdem eine hervorragende Gelegenheit boten, um seine verpasste Jugend nachzuholen. Besonders widerliche Stücke von Tonks' Kuchen konnten dabei hervorragend als Bestrafung für die Verlierer herhalten.

Einige Zeit später verabschiedeten sich auch schon die ersten Gäste und bald darauf waren nur noch Sirius, Lupin und Tonks übrig.

Nur einige Minuten später verkündete auch Sirius, dass er ins Bett gehen wolle.
„Schon? Es ist doch erst kurz nach zwölf?", hakte Tonks überrascht nach, doch Lupin hatte eine ziemlich genaue Vorstellung, warum Sirius sich aus dem Staub machte, denn das Grinsen in seinem Gesicht sprach Bände.
Lupin warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu, ehe Sirius sich mit einem kaum wahrnehmbaren Augenzwinkern zur Tür hinausschob und die Treppe hinauf verschwand.

„Da waren's nur noch zwei", gab Tonks etwas perplex von sich und starrte den unteren Treppenabsatz, an dem Sirius eben noch gestanden hatte, unentwegt an.
„Sieht so aus."
„Äh – Sirius meinte vorhin, dass du es sehr mögen würdest, zu tanzen", meinte Tonks schulterzuckend.
„Bitte was?", fragte Lupin ein wenig alarmiert.
„Etwa nicht?"
„Nun, an sich schon, aber-"

Bevor Lupin seinen Satz zu Ende bringen konnte, hatte Tonks ihn schon am Ärmel gegriffen und zu der freien Fläche im Wohnzimmer gezogen.
‚Wäre das jetzt eine schlechte Liebeskomödie, würde gleich ein richtig langsames Stück spielen, das zum engen Zusammentanzen zwingt', dachte Lupin angespannt, während er sich mit Tonks durch den Raum bewegte.
Zu seinem Glück oder auch Pech, je nachdem, wie man es auslegen wollte, folgte aber keines dieser Stücke, doch auch so war er Tonks nah genug, um sein Herz verräterisch laut zum Schlagen zu bewegen.
Und doch, trotz seines immer noch ein wenig vorhandenen Schuldbewusstseins bezüglich seiner Gefühle für sie, trotz der Tatsache, dass er fürchtete, sie könne seinen Herzschlag hören, so genoss er den Tanz dennoch in vollen Zügen.

~
Tonks tanzte sich an Remus' Seite durch den Raum und obwohl das Tanzen eigentlich nicht ihre größte Leidenschaft war, so hatte sie doch Spaß wie schon lange nicht mehr.
Die meiste Zeit über sprachen sie kaum ein Wort, sie tanzten einfach nur mit einem unbestreitbaren Lächeln auf den Lippen und genossen es, den Einengungen, die ihnen die Zauberergesellschaft und der Krieg auferlegten, endlich entfliehen und sich vollständig entfalten zu können.

„Das ist ja richtiger Sport!", keuchte Tonks eine Dreiviertelstunde später und stütze ihre Arme auf ihren Oberschenkeln ab.
„Allerdings", bestätigte Lupin, während er sich den Schweiß von der Stirn wischte.
Erschöpft ließen sie sich aufs Sofa sinken und verfielen in ein äußerst amüsantes Gespräch – so amüsant, dass Tonks erst kurz vor halb drei entsetzt aufsprang, als ihr auffiel, dass sie dringend nach Hause musste.
„Soll ich dich begleiten?", bot Lupin ihr an und erhob sich ebenfalls.
„Nein, danke, ich komm' schon klar- aber wie wär's zuvor mit einem letzten Tanz?" Fordernd ging Tonks einen Schritt auf Lupin zu und hielt ihre Arme in Position.
Zur Antwort schenkte Lupin ihr ein breites Lächeln, während er zu ihr hinüberschritt und abermals begann, mit ihr im Takt der Musik umherzuwirbeln.
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Frage an EUCH: Was seht ihr als die perfekte Kapitellänge an? Zum Vergleich: Dieses Kapitel hatte jetzt 1866 Wörter. Die Chaps für diese Story stehen schon fest, aber bei anderen Stories könnte ich theoretisch was ändern. Längere Chaps bedeuten aber natürlich auch seltenere Uploads. Also, passt das für euch oder habt ihr gerne mehr/weniger am Stück?

Weil du mich zum Menschen machstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt