Die Landung war brüchig. Remus, der George hatte stützen müssen, stürzte hart mit ihm zu Boden und zog ihn mühevoll wieder nach oben. Sofort kam Harry herbeigeeilt und griff Georges Beine, sodass sie ihn ins Haus tragen konnten.
Kaum hatten sie ihn auf dem Sofa im Wohnzimmer abgelegt, packte Remus Harry grob am Oberarm und schleifte ihn zurück in die Küche, durch die sie gegangen waren.
„Hey", rief Hagrid, der versuchte, sich durch den Hintereingang zu quetschen, entrüstet, „lass ihn los! Lass Harry los!"
Doch Remus schenkte ihm keine Beachtung und schüttelte Harry stattdessen.
„Was für eine Kreatur saß damals in der Ecke, als Harry Potter mich zum ersten Mal in meinem Büro in Hogwarts aufsuchte? Antworte mir!"
„Ein – ein Grindeloh in einem Aquarium, oder?", antwortete Harry, Panik in den Augen. Remus ließ Harry los und fiel kraftlos gegen einen Küchenschrank.
„Was sollt'n das?", brüllte Hagrid. „Tut mir leid, Harry, aber ich musste es überprüfen. Man hat uns verraten. Voldemort wusste, dass du heute Abend weggebracht werden würdest und die Einzigen, die es ihm hätten sagen können, waren direkt am Plan beteiligt. Du hättest ein Betrüger sein können."
„Und warum überprüfst du dann nich mich?", fragte Hagrid noch immer wütend.
„Du bist ein Halbriese", erklärte Remus sachlich. „Der Vielsafttrank ist nur für den menschlichen Gebrauch bestimmt."
„Niemand vom Orden hätte Voldemort erzählt, dass wir heute Abend losfliegen", entgegnete Harry erschrocken. Remus hätte am liebsten laut aufgelacht. Diese Naivität hatte auch ihn einst beherrscht – wie sehr war er geblendet gewesen, damit er die Zeichen von Wurmschwanz' Verrat nicht erkannt hatte?
„Voldemort hat mich erst zum Ende hin eingeholt, anfangs wusste er nicht, welcher ich war. Wenn er den Plan gekannt hätte, dann hätte er von Anfang an gewusst, dass ich der bei Hagrid bin."
„Voldemort hat euch eingeholt?", wiederholte Remus scharf. „Was ist passiert? Wie seid ihr entkommen?"
„Ich weiß nicht ... da waren Todesser, die uns verfolgt haben und irgendwie haben sie erkannt, dass ich der Echte bin ... sie haben dann die Jagd abgebrochen und sind vermutlich gegangen, um Voldemort zu rufen ... er ist dann aufgetaucht, aber gerade, als ich dachte, es wäre vorbei, sind wir durch die Schutzwand ..."
„Sie haben dich erkannt? Aber wie? Was hast du getan?"
„Ich ... ich habe Stan Shunpike gesehen ... weißt du, den Typen, der Schaffner im Fahrenden Ritter war. Und ich wollte ihn eigentlich entwaffnen, statt – na ja, er weiß nicht, was er da tut, oder? Er muss unter einem Imperius stehen!"
Etwas in Remus verkrampfte sich. „Harry, die Zeit des Entwaffnens ist vorbei! Diese Leute wollen dich fangen und töten! Verpass ihnen wenigstens einen Schockzauber, wenn du nicht bereit bist zu töten!"
„Wir waren Hunderte Meter weit oben! Stan ist nicht er selbst, und wenn ich ihn geschockt hätte und er abgestützt wäre, dann wäre er gestorben, genau so, als ob ich Avada Kedavra genommen hätte!"
Remus verstand das Argument, doch dass Expelliarmus zu einem Markenzeichen Harrys zu werden schien, behagte ihm gar nicht. Wider Willen stieg bittere Enttäuschung darüber auf, dass Harry das offenbar nicht aufgefallen war, doch er versuchte Harry seinen Fehler so ruhig wie möglich zu erklären, obwohl seine Emotionen wie Feuer loderten.
Hagrid gelang endlich, sich durch die Tür zu zwängen. Er ließ sich erschöpft auf einem Stuhl nieder, der unter seinem Gewicht ächzend in sich zusammen stürzte.
Abermals war Remus nach lachen zumute. Zerbrochen war ein gutes Wort für alles, was sich gerade ereignete. Er wusste, dass Ron und Tonks als erste wieder hätten da sein sollen und es war klar, dass Tonks ihn begrüßt hätte, wäre sie zurückgekehrt. Arthur und Fred fehlten auch, er selbst hatte nicht verhindern können, dass George ein Ohr verloren hatte und Harry hatte sich durch eine unbedachte Aktion verraten. Wie viel konnte denn noch schief gehen? Die Sorge um Tonks schien Remus geradezu in den Wahnsinn zu treiben, als ein Schlurfen auf dem Hof ertönte.
Mit einem Satz hechtete Remus zur Hintertür und stürmte hinaus. Als erstes fiel Hermine, die gerade wieder ihre ursprüngliche Gestalt annahm, in seinen Blick und bittere Enttäuschung stieg in ihm auf. Doch immerhin war jemand angekommen. Augenblicklich zückte Remus seinen Zauberstab, doch Kingsley hatte bereits zu sprechen begonnen: „Die letzten Worte, die Albus Dumbledore an uns beide richtete?"
„Harry ist unsere größte Hoffnung. Vertraut ihm", antwortete Remus ruhig.
Das Gespräch begann sich in eine Richtung zu entwickeln, die Remus unentwegt zwang, an Tonks zu denken, also beschloss er, in Erfahrung zu bringen, wie es Kingsley und Hermine ergangen war.
Während auch Harry noch einmal berichtete, was ihm widerfahren war und Kingsley Hermine erklärte, dass Stan bei einem Massenausbruch entkommen war, war Remus in Gedanken noch immer bei seiner verschollenen Frau. Er flehte in Gedanken, sie möge einfach nur ihren Portschlüssel verpasst haben, doch Moodys Warnung bezüglich Bellatrix hallte unaufhörlich in seinem Kopf wider. Gegen Bellatrix war Tonks einfach machtlos... und sie jagte sie immerhin, um ihren Stammbaum zu bereinigen – was bedeutete, dass ihr Tod seine Schuld wäre –
„Aber was war bei dir, Remus? Wo ist George?"
„Er hat ein Ohr verloren", antwortete Remus knapp.
„Er hat was?", fragte Hermine schrill.
„Snapes Handschrift."
„Snape?", hakte Harry sofort nach, „du hast gar nicht erwähnt –"
„Er hat bei der Verfolgungsjagd seine Kapuze verloren. Sectumsempra war immer eine Spezialität von Snape. Ich wünschte, ich könnte sagen, dass ich es ihm mit gleicher Münze heimgezahlt habe, aber alles, was ich tun konnte, war George auf dem Besen zu halten, nachdem er verwundet worden war, er verlor so viel Blut."
Die Hoffnung, Tonks möge endlich auftauchen, wurde erneut zunichte gemacht, als Arthur mit Fred aufgelöst ankam. „Ich beweise, wer ich bin, wenn ich meinen Sohn gesehen habe, Kingsley, und jetzt verzieh dich, oder du wirst es bereuen!"
Obwohl es untypisch für Arthur war, so zu schreien, blickte Remus nur kurz auf. In Gedanken sprach er immer wieder seinen größten Wunsch aus: Lass sie leben. Lass sie leben. Lass sie leben.
Ein Teil von ihm hasste sich für seinen Egoismus, aber er würde größere Schuld einfach nicht mehr ertragen können. Er würde ihren Verlust nicht ertragen können. Niemals.
Nach einer Weile gesellte sich Hermine zu ihm, während Kingsley unentwegt auf und ab ging. Jede Sekunde war eine einzige Hölle. Es schienen Ewigkeiten vergangen, als sich auch Harry und Ginny der wortlosen Wache anschlossen.
Die Minuten schienen in der Luft zu schweben, ohne vorbeizuziehen. Selbst der leiseste Windhauch lies Remus in stiller Sehnsucht zusammenzucken. Der Nachthimmel schien so endlos und leer wie die Zeit.
Dann, endlich, eine Bewegung. Ein Besen. Eine verzweifelte Hoffnung, und Tonks und Ron landeten dynamisch auf dem Erdboden.
„Remus!", schrie Tonks und warf sich ihm in die Arme. Die Umgebung verschwamm vor seinen Augen. Jegliche Vorsicht war bedeutungslos. Sie war zurück. Sie war da. Bei ihm. Glühend heiße Erleichterung durchflutete ihn und machte ihn benommen.
„Ron war großartig!", schwärmte Tonks begeistert, als sie ihn wieder losließ. „Wunderbar. Hat einen von den Todessern geschockt, direkt am Kopf, und wenn man von einem fliegenden Besen aus ein bewegliches Ziel anvisiert –"
„Das hast du getan?", fragte Hermine ungläubig, während sie Ron umschlang.
„Immer dieser überraschte Unterton", murmelte Ron mürrisch und löste sich von Hermine. „Sind wir die Letzten?"
„Nein", antwortete Ginny. Leise Angst schwang in ihrer Stimme mit. „Wir warten noch auf Bill und Fleur und Mad-Eye und Mundungus. Ich sag Mum und Dad Bescheid, dass du okay bist, Ron –" Ginny rannte ins Haus zurück und Remus löste sich ein wenig aus seiner Starre.
„Und warum seid ihr so spät dran?", fragte er gereizt, „was ist passiert?"
„Bellatrix." Ganz wie befürchtet. „Sie hat es ebenso sehr auf mich abgesehen wie auf Harry, sie hat alles darangesetzt, mich umzubringen, Remus. Hätt ich sie doch nur erwischt, ich hab noch eine Rechnung mit ihr offen. Aber wir haben ganz sicher Rodolphus verletzt ... Dann sind wir zu Rons Tantchen Muriel und haben unseren Portschlüssel verpasst und sie hat uns betüttelt –"
Etwas in Remus wollte vor Erleichterung lachen, doch er brachte nur ein steifes Nicken zustande. Er bemerkte nur am Rande, wie die anderen Tonks von ihren Flügen erzählten und wie Kingsley sich verabschiedete.
Molly und Arthur kamen die Treppe des Fuchsbaus heruntergestürmt und schlossen Ron in die Arme. Ginny folgte ihnen stumm.
„Danke", schniefte Molly, „für unsere Söhne."
„Sei nicht albern, Molly", entgegnete Tonks rasch.
„Wie geht es George?" Remus' Stimme klang heiser.
„Was fehlt ihm denn?", wollte Ron wissen.
„Er hat ein –"
Doch Mollys Satz wurde von einem allgemeinen Aufschrei übertönt. Ein Thestral war soeben herbeigeglitten und landete unweit von ihnen auf steinernem Grund.
„Bill! Gott sei Dank, Gott sei Dank –"
Bill jedoch umarmte sie nur flüchtig. Etwas in Remus wusste es, bevor Bill es ausgesprochen hatte, doch ein anderer Teil weigerte sich, der inneren Stimme Glauben zu schenken.
Der Weasley hob mühevoll seinen Kopf und blickte seinem Vater in die Augen. Sein kurzes Schweigen war der schlimmste Vorbote.
„Mad-Eye", sagte er leise, „ist tot."___________________
Frage an EUCH: Was war eure schlimmste Erfahrung mit Angst? Und denkt dran, neben der Frage auch aufs Kapitel einzugehen, was euch besser oder schlechter gefallen hat, wo die Charas gut getroffen sind und wo nicht, wie ihr den Schreibstil findet und wo nicht, welches Satz vllt besonders gut war etc. ^^
Muss auch nicht alles davon sein, aber ich freu mich über jeden Satz ^-^/
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Weil du mich zum Menschen machst
Fiksi PenggemarRemus Lupin X Nymphadora Tonks. Als Remus Lupin im Kindesalter mit Lykanthropie infiziert wurde, änderte sich sein Leben schlagartig: Er musste sich fortan damit abfinden, sein Leben als Monster, als Ausgestoßener der Gesellschaft zu fristen. Nie...