Verlorene Liebe

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Tonks starrte den Dunkelhaarigen angespannt an, als könne sie so schneller erfahren, wie es weitergegangen war.

Sirius atmete einmal tief durch, ehe er fortfuhr:
„Sie stand da, mit ihren langen blonden Haaren und ihren Sommersprossen, lässig gegen eine Wand gelehnt, und sagte ganz entspannt und mit einem Augenzwinkern zu uns: ‚Da würde ich an eurer Stelle nicht langgehen, wenn ihr keinem hysterischen Filch in die Arme laufen wollt, vor allem, weil ich mal stark davon ausgehe, dass er hinter euch her ist, oder? '"

„Was machte sie denn da?", fragte Tonks interessiert, „es war doch noch früh am Morgen, oder? Und sie ist ja nicht Richtung Große Halle, oder?"

„Das ist einfach – Chloe", erklärte Sirius mit einem Schulterzucken. „Sie hat uns später erzählt, dass sie unsere Streiche sehr mag und oft gesehen hat, wie wir an diesem Gang vorbeikamen – was auch Sinn ergab, da er in der Nähe zu unserem Gemeinschaftsraum lag – und da dachte sie sich, sie steht einfach mal früher auf wartet mal Scherzes halber, ob sie uns zufällig sieht. Dabei ist sie dann auf Filch gestoßen und hat uns gewarnt."

„Wie?", fragte Tonks verblüfft, „sie steht einfach früher auf, weil ihr vielleicht vorbeikommen könntet und dann tut ihr das tatsächlich und sie sagt nicht einmal etwas wie: ‚Woah, cool, dass ihr echt gekommen seid, ich hab darauf gehofft!', sondern lässt nur lässig diese Warnung ab?"

„Chloe", antwortete Sirius schlicht. „Solche Dinge sind es, die sie so besonders machen. Bei den anderen Mädchen war es vor allem das Aussehen, das mich angezogen hat, aber bei Chloe – es war einfach ihre ganze Art, weißt du? Sie war schon hübsch und bezaubernd – aber in einem ganz anderen Maße."

Tonks grinste breit. „Und dann? Wie ging es weiter?"

„James hat genervt die Augen darüber verdreht, dass er sich ausgerechnet in unserer Ausweichroute aufhalten musste und ich habe Chloes Frage mit einem ‚Und wie er hinter uns her ist!' beantwortet."

„Mit Augenzwinkern?", wollte Tonks wissen. „Tut mir Leid, aber das Augenzwinkern muss an dieser Stelle einfach sein oder mein Bild von dir in jungen Jahren ist zerstört."

„Bestimmt", stimmte Sirius schmunzelnd zu, „würde zu mir passen. Ich meinte jedenfalls noch: 'Also, man sieht sich!' mit lässiger Handbewegung über meine Schulter und nachdem Moony ihr noch freundlich zugenickt hat, sind wir auch schon in die andere Richtung abgezischt, um uns eine alternative Ausweichroute zurechtzulegen."

„Eine Frage noch – als Chloe da auf euch gewartet hat, warum hat sie auf dem Weg dahin nicht selbst einen der Flüsse ausgelöst? Oder war das so nah an eurem Gemeinschaftsraum, dass es bis dahin keine gegeben hat?"

„Nein, nein, sie war in Ravenclaw – zu der Zeit, in der sie dorthin gelaufen ist, hatte die verzögerte Wirkung noch nicht eingesetzt, deshalb kam sie einfach so durch und dazu hat sie eben in einem Gang gestanden, der von Flüssen frei war, sonst wären wir ihr ja auch nie begegnet, weil unsere Flucht dann anders verlaufen wäre."

„Hmmm... verstehe... Und dann? Hat der Streich funktioniert?"

„War ein voller Erfolg!" Sirius grinste schalkhaft. „Von unserer vollständigen Übermüdung mal abgesehen. Der Tag war ein einziges Chaos und andauernd kamen die Schüler zu spät zum Unterricht, weil sie sich erst noch durch unsere Flüsse kämpfen mussten und – die Arbeit war es einfach sooo wert! Die Lehrer haben echt fast den ganzen Tag gebraucht, um alles wieder zurück zu verzaubern, ich denke, da können wir ordentlich stolz auf unsere Leistung sein. Aber abgesehen vom zusätzlichen Aufwand schien es, als hätten sogar die meisten Lehrer ihren Spaß gehabt – Dumbledore hat uns beim Essen zugezwinkert und ich habe sogar Professor McGonagall, zwar mit schmalen Lippen, aber irgendwie doch lachend den Kopf schütteln sehen – und vor allem Flitwick in diesem Bällchenfluss war einfach genial! In jedem Fall hat McGonagall uns zur Rede gestellt, konnte uns aber nichts nachweisen und so kamen wir dank Chloe tatsächlich mal davon."

„Klasse!", jubelte Tonks und gluckste bei der Vorstellung von dem kleinen Professor, der in einem Meer aus bunten Bällen zu ertrinken drohte, während überall um ihn herum bunter Rauch empor stieg, Feuerwerk entflammte und Bälle knallten und lustige Geräusche wie das Muhen einer Kuh von sich gaben.

„Das nächste Mal sind wir ihr begegnet, als wir uns kurzerhand doch noch entschieden haben, Moony zur Bibliothek zu folgen – da hat er sie gerade getroffen."

Tonks schloss die Augen, um sich das Ganze bildlich vorstellen zu können und schon schien es ihr, als sei sie damals dabei gewesen:

„Danke nochmal für gestern", verkündete Remus mit einem freundlichen Lächeln auf den Lippen. Aus der Ferne kamen Sirius, James und Peter herbeigeeilt und gesellten sich zu ihnen.

„Ja, du hast uns echt den Hintern gerettet", stimmte James grinsend zu.
„Den Hintern? Ach komm schon! Nach dieser Bällchenfluss-Mission hätte uns Filch kopfüber an die Peitschende Weide genagelt – wobei er dabei wohl ziemlich zerhackstückelt worden wäre", fügte Sirius grüblerisch hinzu.
„Doch dank deiner Rettung zur rechten Zeit –"
„– hat Filch die Köpfe hinter diesem Geniestreich nie zu Gesicht bekommen und kann uns absolut nichts anlasten", beendete Sirius den Satz grinsend.
„Also, ich schätze dir gebührt ein besonderer Dank im Namen der hochwohlgeborenen Rumtreiber." Sirius verbeugte sich mit dramatischer Geste und Chloe brach in haltloses Gekicher aus.

„Anschließend haben wir gelegentlich Zeit mit ihr verbracht", erzählte Sirius, „und na ja, schlussendlich..."

„...habt ihr euch verliebt und kamt zusammen", vervollständigte Tonks gerührt.
Sirius breitete zustimmend die Arme aus.

„Und wie kam es, dass du dich in sie verliebt hast? Was mochtest du besonders an ihr?"

„...alles", antwortete Sirius und schien ungewohnt peinlich berührt.

„Ooooh, da hat es dich ja wirklich erwischt gehabt", neckte Tonks ihn. „Wie kamt ihr denn genau zusammen?"

Sirius seufzte, tat ihr aber doch den Gefallen, weitere Details preiszugeben. „Kurzum, sie hat uns bei einem anderen Streich geholfen, ein wirklich großes Ding und als der ein Erfolg wurde, hab ich sie einfach geküsst. Das war's."

„Klingt schön", murmelte Tonks trotz Sirius' wortkarger Erzählung ein bisschen verträumt. „Und dann? Wie ging es mit euch weiter?"

„Wir waren halt zusammen – und na ja, wir hatten schon hin und wieder unsere Differenzen, aber dennoch hielt das Ganze. Sie war einfach – total einzigartig. Ich bin mir auch ziemlich sicher, dass das noch mehr als ihre Intelligenz der Grund dafür war, dass sie damals nach Ravenclaw gekommen ist.
Besonders schwierig war es jedenfalls, nachdem ich in den Orden eingetreten war, von dem ich ihr nichts erzählen konnte und wollte. Sie spürte aber, dass ich Geheimnisse vor ihr hatte, aber es hat trotzdem irgendwie funktioniert. Und dann" – Sirius biss sich etwas aufgewühlt auf die Unterlippe – „kam ich nach Askaban."

Tonks schluckte. Das hatte sie komplett verdrängt. Es war wirklich traurig, dass eine einzige Intrige so viel zerstören hatte können.

„Was – was macht sie nun?", wisperte Tonks zögerlich, die es zwar ein bisschen taktlos fand, weiter über das Thema zu reden, ihre Neugierde aber einfach nicht zu zügeln vermochte.

„Sie wird ihr Leben wohl auf ihre eigene Weise bestritten haben", wehrte Sirius schulterzuckend ab.

„Du weißt es nicht?", platzte es aus ihr heraus. Der Schwarzhaarige schwieg.

„Und wenn sie immer noch auf dich wartet?", fragte Tonks etwas aufgebracht

„Tonks, sie hält mich für einen geisteskranken Massenmörder!"

„Und das müssen wir sofort ändern!"

„Wie denn?", fragte Sirius verbittert und klang schließlich ein bisschen überdreht, „ich kann ja wohl schlecht dort aufkreuzen und sagen ‚Hey Chloe, sorry, dass ich die letzten – 14 Jahre deines Lebens nicht für dich da sein konnte, ich bin jetzt wieder da, sollen wir es nochmal miteinander versuchen? Ach ja, ich bin übrigens unschuldig und Voldemort ist auch zurück, das stimmt ebenfalls und ich arbeite für eine Geheimgesellschaft, die versucht, ihn zu stürzen. Aus diesem Grund hatte ich damals auch so viele Geheimnisse vor dir, weil du eben nicht Teil dieser Gesellschaft warst, und übrigens habe ich Dumbledore nie darum gebeten, dich einen Teil von uns werden zu lassen, weil ich mir so viele Sorgen um dich gemacht habe - jetzt ist es eigentlich genau so und ich dürfte gar nicht hier sein, weil ich im Hauptquartier, was übrigens auch mein früheres Zuhause war, festsitze, weil mich alle Welt ja immer noch für einen Geisteskranken hält, aber da ich der nicht bin, Lust darauf, nochmal eine Beziehung mit mir einzugehen?'"

Tonks schwieg einen Moment.
„Ganz so musst du es ja nicht sagen...", murmelte sie betreten.

„Tonks, mal ehrlich, ich hab keine Ahnung, wo sie überhaupt lebt – ob sie überhaupt noch lebt, und wahrscheinlich hat sie mittlerweile auch Familie – und ich kann hier ohnehin nicht weg, Kingsley streut die ganze Zeit Gerüchte darüber, dass ich mich in Was-weiß-ich-wo aufhalte und das alles soll ich für so einen Besuch ohne Sinn und Zweck riskieren?!"
„Aber... willst du denn nicht, dass sie weiß, dass du unschuldig bist? Und warum überhaupt benimmst du dich gerade wie Remus?"
„Also erstens benehme ich mich nicht wie Moony, ich denke einfach realistisch, er ist manchmal Realist, manchmal Pessimist, ich bin meist Optimist, wurde – durch die Zeit – aber auch teils zum Realisten - Und - natürlich will ich das, aber zu welchem Preis? Und was hätte ich davon?!"
„...ein besseres Gefühl?"
„Ich komme schon klar."
„Das klingt aber gar nichts so! Ich werde das in die Hand nehmen!", rief die Metamorphmaga mit entschlossener Miene aus.
„Tonks, so lange ich lebe, verbiete ich dir das!", protestierte Sirius entrüstet, „es ist immer noch mein Leben, also halt dich da raus, okay?!"

Tonks biss sich verletzt auf die Lippen und schwieg. „Schön", murmelte sie schließlich, „schön."
„Es war nicht so gemeint – ich..."
„Es ist in Ordnung, Sirius, aber ich schwöre dir: Wenn ich auch nur einen einzigen Tag länger leben sollte als du - ich werde das klären."
„Ja, wenn ich tot bin, kannst du das gerne machen", antwortete Sirius nun mit Frust in seiner Stimme, „– aber da musst du dich wohl noch an die 50 Jahre gedulden, weil ich wohl bis an mein Lebensende gezwungen sein werde, in diesem verdammten Haus festzusitzen – ich darf ja nicht mal kämpfen! Wenn ich im Kampf sterben würde, hätte ich zumindest das Gefühl, dass mein Leben einen Sinn erfüllt hat, aber so –"
„Es ist doch schön, wenn du irgendwann, wenn du alt bist, einfach die Augen zu machen und einschlafen kannst", sagte Tonks sanft, „und außerdem, vielleicht ist der Krieg ja schneller vorbei, als wir denken – und du wirst sehen, dann wird dein guter Name im Nu wieder hergestellt sein und auch sie wird davon erfahren."

Sirius schnaubte und auch Tonks war sich darüber im Klaren, dass dieser Ablauf wohl recht unwahrscheinlich war.

„Sie bedeutet dir noch etwas, oder?"
Sirius antwortete nicht.
„Wenn du nach all den Jahren immer noch etwas für sie empfindest, und wenn auch nur ein winzig kleines bisschen, dann will ich, dass du zu ihr gehst, wenn der Krieg vorbei ist."
„Sie wird ohnehin ein neues Leben besitzen und mich aus ihrem Gedächtnis verbannt haben."
„Und wenn es auch nur dazu wäre, um dich mit ihr auszusprechen", flehte Tonks. „Bitte."
„In Ordnung", seufzte Sirius. „Wenn der Krieg vorbei ist."
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Frage an EUCH: Wie findet ihr Chloe bisher so? Sympathisch? Interessant? Langweilig? Merkwürdig? #IShipIt? oder eher "Näää, Sirius ist zu gut für sie". Oder: "Ist dooooch egaaaal, Sirius verreckt doch eh?!" Okay, der war böse. Ich bin schon ruhig.

Weil du mich zum Menschen machstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt