Auch in der folgenden Nacht fand er kaum Schlaf.
Bereits um fünf Uhr stand er auf, duschte – um Sirius durch das plätschernde Wasser nicht zu wecken, in schalldicht gezaubertem Badezimmer – bereitete sich Frühstück zu und putzte seine Zähne.
Es war noch nicht einmal sechs Uhr, als er in der völlig ausgestorbenen Winkelgasse ankam. Die Nacht lag noch wie ein Schleier über dem sonst so farbenfrohen Weg. Nur vereinzelte Laternen beleuchteten die Pflastersteine. Er entzündete seinen Zauberstab.
Lupin wusste nicht genau, wann die Geschäfte öffneten, noch nie war er um diese Zeit in der Winkelgasse gewesen, doch er vermutete, dass er sich wohl mindestens noch zwei Stunden gedulden müssen würde.
Nun, zumindest konnte er schon einmal Ausschau nach einem Buchladen halten, bei dem er möglicherweise Erfolg haben würde. Zu „Flourish & Blotts" würde er zweifelsfrei nicht gehen – nach dem Kauf eines solchen Buchs, würde er sich dem Laden nie mehr auf auch nur 50 Meter Entfernung nähern können.
Ob er wohl sein Aussehen verändern sollte? Er schüttelte über sich selbst den Kopf. Das war absolut lächerlich. Andererseits, es waren gefährliche Zeiten, also konnte es wohl nicht schaden.
„Offensichtlich nicht gefährlich genug, um nicht alleine in der Winkelgasse herumschlendern zu können", meldete sich sein Double zu Wort. „Eben deshalb werden zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen nicht schaden!", knirschte Lupin unter zusammengebissenen Zähnen hervor, betrachtete sein Spiegelbild in einem Schaufenster und begann, sein Aussehen mit komplizierten Formeln zu verändern.
Stämmig und mit wildem roten Bart und kleinen grünen Augen lief Lupin die Winkelgasse entlang, um nach einem alternativen Laden Ausschau zu halten. Selbst mit verändertem Aussehen wollte er immer noch nicht zu „Flourish und Blotts".
Zu seiner Überraschung brannte in einigen wenigen Scheiben Licht. Die Öffnungszeiten schienen nicht überall identisch zu sein.
Er hatte Glück. Auch das Geschäft, das „Reds Bookstore" hieß, schien schon geöffnet zu haben. Mit einem mulmigen Gefühl trat er ein und sah sich um. Das Gebäude wirkte recht heruntergekommen, die zahlreichen hölzernen Regale waren alt und wiesen einige Kratzer auf. Dennoch war alles blitzblank gewischt und leuchtete in seinem eigenen Glanz.
Zu seiner Linken stand eine Theke aus Buchenholz, auf der zu beiden Seiten je ein paar Bücher präsentiert wurden. Hinter der Kasse stand ein sehr kleiner Mann mittleren Alters mit lockigen blonden Haaren und grellrotem Umhang, der quirlig auf ihn zulief und ihn fröhlich in Empfang nahm.
„Wie kann ich Ihnen helfen, Sir?", fragte er gut gelaunt. „Verzeihung...", begann Lupin unsicher, „Sie haben schon geöffnet?"
„Sicher, sicher!", bestätigte der Mann, „wenn Geschäfte wie ‚Flourish & Blotts' geöffnet haben, kauft fast niemand bei uns ein – deshalb ham wir einfach meist offen, wenn sie zu haben!"
Das war verständlich. Andererseits, um von der Masse der Kunden zu profitieren, mussten sie auch regulär den Tag durch geöffnet haben, was bedeutete, dass die Arbeitszeiten wohl äußerst lang waren. Es musste auch ziemlich frustrierend sein, so viele Stunden Zeit im Laden zu verbringen, ohne wirklich viel Kundschaft zu bekommen – vermutlich war das Geschäft aus diesem Grund so sauber: Wenn man schon nichts zu tun hatte, war Putzen manchmal ein recht guter Zeitvertreib.
„Ähm – nun gut", äußerte sich Lupin zögerlich, „ich bräuchte – also, es ist so, dass ein guter Freund von mir sich nicht sicher ist, ob er eine bestimmte Frau liebt und deshalb wollte ich ihm – ähm – so ein Buch schenken, in dem er sich darüber bewusst wird – also eigentlich weiß er ja schon, dass er sie nicht liebt, aber er will sich vergewissern, weil..."
Beschämt brach Lupin ab. Am liebsten hätte er seinen Kopf gegen das nächste Bücherregel geknallt. Wie gut, dass er bei seinen Missionen nicht so versagte. Ansonsten wäre es wohl das Beste, ihn aus dem Orden zu werfen und ans andere Ende der Welt zu verbannen.
„Mhm, mhm!", rief der quirlige Verkäufer aus und watschelte in eine der hinteren Ecken der Buchhandlung. „Das dürfte genau das richtige für Sie sein!" Fröhlich drückte er Lupin ein rotes Buch in die Hand.
„Für meinen Freund", berichtigte Lupin ihn. Warum war ihm das alles so unfassbar peinlich, dass er sogar in veränderter Gestalt lügen musste?
„Natürlich, natürlich – also?" Lupin betrachtete den in silbernen Lettern geschriebenen Titel: „Die Anzeichen der Liebe – Wie Sie erkennen, dass Sie ihr verfallen sind". Er drehte das Buch auf den Rücken und warf einen Blick auf den Preis. Drei Sickel. Das war vertretbar.
„Nun", begann Lupin und räusperte sich, als seine Stimme versagte, „nun, ich denke, das wird ihm helfen."
„Das freut mich", quiekte der Verkäufer breit lächelnd, ehe sie zurück zur Kasse gingen, an der Lupin bezahlte.
„Viel Glück für Sie und Ihre Angebetete!", rief der Verkäufer ihm hinterher und Lupin hatte das sichere Gefühl, dass er genau wusste, dass er das Buch für sich gekauft hatte. Er sollte wohl „Evanesco" nutzen, um den Boden zum Verschwinden zu bringen und immer tiefer in ihm zu versinken.
„Nie wieder!", dachte Lupin und spürte, wie ihm das Blut noch stärker in den Kopf stieg. Eilends lief er einige Schritte weiter und erst, als er außer Sichtweite war, hielt er an und starrte für einige Sekunden nur stumm das Spielbild des fremden Mannes in einem der Schaufenster an. Er atmete einmal tief durch und veränderte schließlich das Cover des Buches, bevor es im Grimmauldplatz zu einer noch ähnlich unangenehmen Situation kommen konnte. Er entschied sich dazu, das Buch als vermeintliches Sachbuch über Zentauren zu tarnen – im Angesicht dessen, dass er eine Mission über sie gehabt hatte, würde Sirius sich wundern, sollte er das Buch finden und gleichzeitig würde es ihm zu langweilig erscheinen, um es lesen zu wollen.
Zügig veränderte er auch erneut sein Erscheinungsbild, um nicht als scheinbar Unbekannter aufzutauchen und möglicherweise von einer unerwarteterweise schon wachen Person attackiert zu werden, was sich, rein von der Logik her, wirklich so zutragen könnte.
Anschließend kehrte er eilends zum Grimmauldplatz zurück und verzog sich geräuschlos in sein Zimmer.
Er legte sich in sein Bett und schlug mit zittrigen Fingern das Buch auf.
Während er las, versuchte er verzweifelt Punkte zu finden, die bewiesen, dass er nichts für Tonks empfand und so sehr er es auch zu verdrängen versuchte, mit jeder Seite zweifelte er mehr an sich selbst.
„Ich würde sie niemals küssen!", dachte Lupin energisch, „sie ist viel jünger als ich, das wäre nicht richtig!" Seine innere Stimme seufzte. „Du würdest es nicht tun, weil du es moralisch schlichtweg für falsch halten würdest. Das hat nichts mit deinen Gefühlen zu tun!"
„Außerdem würde es mir nichts ausmachen, wenn sie mit einem anderen Mann zusammenkäme", erklärte er stumm seinem anderen Ich.
„Du bist dir darüber im Klaren, dass wir die gleichen Gefühle teilen?"
„... nun gut, es würde mich stören, aber nur, weil wir dann möglicherweise weniger Zeit miteinander verbringen würden und ich das bedauernswert fände."
„Aha."
Er las einige Zeilen weiter.
„Um noch einmal auf das Küssen zurückzukommen", unterbrach ihn sein Double, das es sich offenbar in den Kopf gesetzt hatte, noch nerviger als ein singender Schrumpfkopf zu sein, „würdest –"
„Ich würde sie nicht küssen!", verdeutlichte Lupin abermals.
„Würdest du zurückweichen, wenn sie dich küssen würde?"
„Das wird niemals geschehen."
„Deswegen ist es eine hypothetische Frage."
„Und verschwendete Energie, weil es nicht eintreffen wird."
„Wenn du der Meinung bist, dass eine ehrliche Antwort auf diese Frage das ständige Nachdenken über das Thema lösen könnte, warum beantwortest du sie nicht einfach?"
Für einige Momente starrte Lupin die Decke an. Ja, warum beantwortete er die Frage nicht einfach ehrlich und beendete so diese ganze Nachdenkerei?
‚Weil eine ehrliche Antwort nur noch zu viel mehr führen würde', dachte Lupin verbittert.
Er schloss seine Augen, umfasste den Ansatz seiner Nase mit seinen Fingern und atmete tief durch.
Er würde nicht zurückweichen. Er könnte nicht zurückweichen. Sein anderes Ich hatte die ganze Zeit über Recht gehabt.
Das – das durfte nicht sein! Er hatte sich doch schon in Hogwarts geschworen, dass er nie ... derartige Gefühle empfinden würde – es war sein größtes Tabu... und dazu war er so viel älter als sie und – nun, es würde ohnehin nicht dazu kommen, weil sie sich niemals in jemanden wie ihn verlieben könnte, und doch – Er sprang auf und begann im Zimmer auf und ab zu laufen, wobei er sich frustriert die Haare raufte.
Was sollte er nur tun? Wie konnte er diese Gefühle wieder loswerden?
Eilends blätterte in dem Buch nach einem Kapitel, wo dies geschrieben stand und tatsächlich wurde er in „Unglückliche Liebe II – der Liebe abschwören" fündig. Die Erläuterungen frustrierten ihn allerdings nur noch mehr, weil der einzig sinnvolle Hinweis in seiner Lage war, sich von der Person zu distanzieren.
Lupin rieb sich über sein Gesicht und las die Zeilen immer und immer wieder, als könnte sich plötzlich ein anderer Weg auftun. Unter normalen Umständen würde er sicherlich weggehen. Irgendwohin, weit weg, wo es ihm erspart wurde, zu sehen, wie Tonks sich in einen jungen, attraktiven Auror verliebte.
Er konnte sich nicht länger vormachen, dass es ihm nichts ausmachen würde. Und das Schlimmste daran war, dass es wahrscheinlich so kommen würde.
Tonks war hübsch, durch ihre Metamorph-Fähigkeiten konnte sie prinzipiell zur hübschesten Frau der Welt werden, und verfügte vor allen Dingen über einen unglaublich tollen Charakter. Sie war stets fröhlich, energiegeladen, mutig, tapfer, witzig, hilfsbereit, loyal, tollpatschig – und doch war da diese andere, zuverlässige Seite von ihr und diese verletzliche, die sie in ihrer Stärke kaum zu erkennen gab – es war praktisch unvermeidbar, dass sich junge Leute in Scharen in sie verliebten.
Abermals raufte sich Lupin die Haare.
Was sollte er tun? Er konnte nicht fort, der Orden brauchte ihn, und seine Gefühle konnte er auch nicht abschütteln. So fiel ihm nur eine einzige, weitere Möglichkeit ein: Zu bleiben und seine Gefühle so gut wie möglich zu verdrängen, auch wenn das laut Buch nicht sonderlich erfolgsversprechend war.
Dennoch glaubte er, dass es ungut wäre, mehr Zeit mit ihr zu verbringen, als nötig war. So fragte er sie nicht, ob sie Neujahr im Grimmauldplatz feiern wollte, obwohl er es unfassbar gerne getan hätte.
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Alter, dazu fällt mir nur ein einziges Wort ein: Endlich! Was sind denn auch nur 48433 Wörter zur Vorbereitung auf diese Erkenntnis?
Frage an EUCH: Hat es zu lange gedauert, bis Lupin das gecheckt hat?
A Nööö, schön viel zu lesen :3
B Mir egal. Ich lese die Story nicht. Bin nur hier, um die Fragen am Ende zu beantworten. Voll sinnvoll.
C Hätte schon kürzer sein können ^^°
D Lupin ist zwar intelligent, aber bei so etwas einfach nicht der schnellste. Es war also passend.
E Die Hochzeit dann bitte im nächsten Kapitel!
F Zu lang? Es war zu kurz, verdammt!
G Neeeeeeein 48433 Wörter sind doch nicht zu lang. Ist doch nur mehr als halb so lang wie HP1 :)))))))))))
H Wenn Tonks auch so lange braucht, dann wird die Story bald länger als die ganze HP-Saga!
I Das wird sie auch, wenn du uns noch weiter Antworten vorgibst! Lass uns doch einfach individuell antworten, es gibt hier eh keine Abstimm-Funktion!
Ooo-kay. Na, dann komm ich halt mal zum Ende.
Über Hinweise zu Rechtschreibfehlern, Empfehlungen, Reviews und Favorisierungen würde ich mich wie immer mega freuen!
LG Skyflame
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Weil du mich zum Menschen machst
Fiksi PenggemarRemus Lupin X Nymphadora Tonks. Als Remus Lupin im Kindesalter mit Lykanthropie infiziert wurde, änderte sich sein Leben schlagartig: Er musste sich fortan damit abfinden, sein Leben als Monster, als Ausgestoßener der Gesellschaft zu fristen. Nie...