Opfer des Kampfes

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Der Winter war erbarmungslos über sie hereingebrochen, mit einer Kälte, die ihre Herzen durchdrang. Tonks wünschte sich verzweifelt, endlich eine Nachricht über Remus zu erhalten, am besten von ihm, doch würde es wohl erst Neuigkeiten geben, wenn man entweder seine Leiche gefunden hatte oder er zurückkehrte. Seit über drei Monaten hatte es kein Lebenszeichen von ihm gegeben und sie fühlte sich mit jedem Tag einsamer.

Es waren weniger als zwei Wochen bis zu jenem Fest, das für alle anderen das Fest der Liebe war. Jedes Mal, wenn sie an Weihnachten dachte, wurde ihr bewusst, wie sehr sie Remus vermisste, wie sehr sie Sirius vermisste. Sie hatte zwar noch Molly und Arthur, Mad-Eye, ihre Eltern und einige andere aus dem Orden, doch selbst in ihrer Gegenwart fühlte sie sich verlassen.

Es kostete sie immer wieder aufs Neue Überwindung, aufzustehen, sich zu erheben und für das Richtige zu kämpfen. Sie würde nicht aufgeben, doch ohne Antrieb war es verdammt mühselig, immer und immer und immer und immer weiterzumachen, ohne wirkliche Erfolge zu erzielen.

Mit müdem Lächeln betrachtete Tonks sich im Spiegel in ihrem Badezimmer. Ihre braunen Haare waren noch dünner und schlaffer geworden. Ihr Gesicht war blass und ließen ihre tiefen Augenringe noch stärker herausstechen. Sie versuchte schon gar nicht mehr, durch ihre einstigen Metamorph-Fähigkeiten besser auszusehen, wusste sie doch, dass sie sie verloren hatte. Und für das Training von Verwandlungszaubern hatte sie einfach nicht die notwendige Energie aufbringen können.

Ohnehin hatte sie auf der Arbeit und mit den Ordensmissionen genug zu tun. Erschöpft tapste Tonks in ihr Schlafzimmer, um sich wieder dem Auftrag anzunehmen, den sie vor einer ganzen Weile von Dumbledore erhalten hatte, als es plötzlich klingelte.

Obwohl sie wusste, dass Todesser wohl kaum klingeln würden, schreckte sie auf und zog instinktiv ihren Zauberstab. Sie lief die Treppen hinab und blickte durch den Spion. Sofort erstarrte sie.
Er war voller Blut.
Kalter Schweiß rann ihr über die Stirn, als sie mit zittrigen Händen die Tür öffnete, bereit, dem gegenüberzutreten, was auch immer sie erwartete.

Ihr Herz schien für einen Moment auszusetzen, als sie Remus zu ihren Füßen liegen sah. Totenbleich. Und blutüberströmt. Von Blut, das an seinen Händen und Armen klebte, Blut, das sein Gesicht überzog, Blut, das die linke Seite seiner schäbigen Kleidung vollständig durchnässt hatte.

Was um alles in der Welt war passiert? Wer hatte ihm das angetan? Und vor allem: Würde er diese Verletzung überstehen können? Was sollte sie nur tun?!

Remus blickte sie zärtlich an und rang sich ein Lächeln ab, ehe sein Körper erschlaffte.
„Remus!", schrie Tonks und sank neben ihm auf die Knie. Entsetzt griff sie an seinen Hals, um den Puls zu überprüfen, doch ihre Finger zitterten zu stark, um etwas erfühlen zu können.
Er musste ins Mungo. Sofort. Aber wenn er noch genügend Kraft zum Apparieren gehabt hatte, wieso in aller Welt war er dann nicht direkt dorthin, sondern hatte in Kauf genommen, all die Schutzzauber vor ihrem Haus zu umgehen?
Natürlich, dachte Tonks entsetzt, wenn er vor den Werwölfen geflohen war, würden sie ihn jetzt wohl genau dort vermuten und ihn abfangen wollen...

„Expecto Patronum!", rief Tonks verzweifelt, um die anderen Ordensmitglieder zu kontaktieren, damit zumindest sie helfen konnten, aber nichts passierte. „VERDAMMT! EXPECTO PATRONUM! EXPECTO PATRONUM! EXPECTO PATRONUM!" Hilflos musste sie mit ansehen, wie sich der silbrige Dunst sofort verflüchtigte.
„Accio blutbildender Trank!" Kaum, dass der Trank ihre Hände berührt hatte, flößte sie ihn Remus auch schon gänzlich ein. Hoffentlich hatte er nicht schon zu viel Blut verloren... sollte er jetzt wirklich... vor ihren Augen...?!

Ruhig, atmen, denken!, befahl sie sich selbst und ließ Remus so schnell und vorsichtig wie möglich in ihr Wohnzimmer schweben, hinaus aus dieser Kälte, zu einem Ort, an dem sie Platz hatte, um ihn zu behandeln.
„Accio Diptam! Accio Verbände!"
Ein Flässchen und eine Packung voller Erste-Hilfe-Utensilien schwebten ihr entgegen.
„Ganz ruhig, Tonks", befahl sie sich, „halb so wild. Das sieht meist viel schlimmer aus, als es ist. Er wird wieder gesund! Und er hat überlebt, du brauchst dir keine Sorgen mehr zu machen!" Sie richtete ihren Zauberstab auf die Haustür und rief ein weiteres Mal: „Expecto Patronum!"
Eine verschwommene Wölfin brach aus ihrem Zauberstab heraus, aber das musste genügen. „Molly! Remus ist hier, bei mir – er ist verletzt – bring Hilfe mit, schnell!"

Kaum war ihr Patronus losgezogen, richtete sie ihren Zauberstab auf Remus' Kleidung und sagte so kontrolliert wie sie konnte: „Diffindo."
Sein geflickter Pullover riss der Länge nach auf, und mit einem weiteren Schwung ihres Zauberstabes entfernte sie den schmutzigen Umhang und ließ sein Oberteil zu beiden Seiten aufklappen.

Sie japste nach Luft, als sie sah, dass ihm ein Stück Fleisch an seiner linken Seite fehlte und das Blut nur so aus der Wunde quoll. Ihr war übel. Mit schwitzigen Händen griff sie nach der Diptam-Essenz und träufelte sie auf die Verletzung.
Als sich kaum etwas tat, kippte sie kurzerhand die ganze Flasche über seine Wunde aus, doch sie blutete noch immer.
„Komm schon, Remus, komm schon!", wimmerte Tonks mit tränenden Augen. „Lass mich nicht allein!"

Die ganzen letzten Monate hatte sie befürchtet, dass dieser Moment eintreten könnte ... und jetzt lag er vor ihren Füßen im Sterben... wenn er nicht schon – nicht schon –
Wenn er starb, vor ihren Augen... dann wäre sie für seinen Tod verantwortlich...
Wann kamen die anderen nur endlich?!

Tonks umklammerte starr ihren Zauberstab und versuchte es mit sämtlichen Heilzaubern, die sie kannte. Die Wunde begann ganz langsam zu heilen, aber sie wusste nicht, ob er nicht schon zu viel Blut verloren hatte...ob er nicht doch...

Sie presste fest die Zähne auf die Lippen, merkte kaum, dass sie selbst zu bluten begann, sie sah nur die ganzen Blutstropfen auf dem Weg, das Blut an ihren Händen, das Blut überall an Remus...
Endlich, Schritte.

„Molly! Hilfe!", rief Tonks verzweifelt, „Remus... er – er – !"
Stimmen.
Tonks blickte kurz auf und sah Molly, die im Türrahmen stand, entsetzt aufkeuchen. „Alles gut, Liebling, alles gut", versuchte Arthur sie zu beruhigen und klopfte ihr auf die Schulter. Kingsley, der mit den beiden gekommen war, schritt schnell auf Tonks und Remus zu.
„Mad-Eye kommt auch gleich", informierte er die junge Hexe mit seiner tiefen Stimme, „und Dädalus holt gerade einen Heiler aus dem Mungo. Ein Glück, dass da auch am Samstag Leute sind. Ich habe eine Flasche mit blutbildendem Trank vor der Tür gesehen – und Diptam-Essenz hast du auch verwendet? Der Wunde nach scheint es ausreichend gewesen zu sein. War der blutbildende Trank davor voll?"
Tonks wischte sich die Tränen weg und nickte. „Fast."
„Gut", sagte Kingsley bestimmt. „Arthur, informiere du Dumbledore. Wir können ihn hier gut gebrauchen." Er wandte sich wieder Tonks zu. „Wie sind seine Atmung und sein Puls?"
Tonks' Blick fiel auf Remus' vor Blut rotes, aber ansonsten leichenblasses, fast sogar bläuliches Gesicht. Sie fragte sich, ob er überhaupt noch Puls hatte, und begann gleich darauf zu schluchzen. „Ich w-weiß ni-nicht!"

„Beruhige dich, Tonks, ich übernehme das." Kurzentschlossen kniete sich Kingsley neben Remus' Kopf, überstreckte ihn und schaute in seinen Rachen.
„Der Wunde nach war es ein Werwolfsbiss, oder?" Kingsley hielt ein Ohr über Remus' leicht geöffneten Mund. Seine Augen waren konzentriert auf die nackte Brust des Werwolfs gerichtet, während zwei seiner Finger auf Remus' Halsschlagader lagen.
„Ja", schniefte Tonks, „die Wunde war – so tief – das Fleisch –"
„Verstanden", sagte Kingsley bekräftigend, während er unverwandt den Brustkorb beobachtete.
Nach einer Ewigkeit zog er seinen Zauberstab und murmelte unablässig Sprüche vor sich hin, die nichts zu bewirken schienen. Daraufhin nahm er Remus' bleiche Hand in seine schwarze und drückte auf einen Fingernagel.
„Was ist mit ihm?" Tonks sah zittrig zu Kingsley.
„Molly, wir brauchen hier noch mehr blutbildenden Trank, am besten zwei Flaschen."
„Kingsley!", rief Tonks aus, kaum darauf achtend, wie Molly davonhastete, „was ist mit ihm?!"
„Gleich." Kingsley drehte Remus vorsichtig auf die rechte Seite, als im Treppenhaus polternde, unregelmäßige Schritte ertönten. „Weg da!", blaffte Moody, der zügig ins Wohnzimmer gehumpelt kam und Tonks zur Seite drückte.
In starrem Entsetzen beobachtete Tonks, wie Kingsley Remus' Augen nacheinander öffnete und sie mit seinem Zauberstab ausleuchtete. Moody zielte unterdessen auf die Wunde, die immer noch fleischig aussah und murmelte ununterbrochen vor sich hin. Tonks fühlte sich hilfloser als je zuvor.

Endlich drehte Kingsley sich zu ihr um. „Er atmet, sehr flach und schnell, aber gleichmäßig. Sein Puls ist von der Frequenz her erhöht, schlecht zu fühlen und nicht ganz rhythmisch. Er hat sehr viel Blut verloren, dementsprechend lang ist seine Rekapillarisierungszeit."
Tonks schlug sich eine Hand vor den Mund und schluchzte trocken auf.
„Dafür ist seine Pupillenreaktion aber gleichmäßig und es scheint auch keine anderen Störungen zu geben. Er steht unter keinem Ortungszauber, wurde scheinbar auch nicht vergiftet, hat freie Atemwege und seine Organe sind, soweit ich das beurteilen kann, alle intakt."
„Er wird doch wieder, Kingsley? Oder?"
„Das wollen wir hoffen", sagte Kingsley langsam und lächelte milde.

Im nächsten Moment kam Dädalus mit einer ernst dreinblickenden Frau, deren graues Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden war, ins Wohnzimmer gestürmt.
Tonks sah, wie Kingsley die Heilerin von seiner bisherigen Anamnese unterrichtete, wie Arthur mit Dumbledore und Molly mit den blutbildenden Tränken zurückkam, doch sie fühlte sich, als sei sie fernab von allem.

Wenn Remus jetzt starb, war es ihre Schuld... sie hatte so viele der Schritte vergessen oder falsch gemacht... normalerweise war sie im Ernstfall geschickt und brauchbar, aber heute ... Es waren Fehler, die vielleicht den Tod bedeuten könnten – für den Menschen, den sie mehr als alles anderes liebte.

Die Stunden schritten quälend langsam voran, und es schienen Tage vergangen, als die Heilerin in der Nacht verkündete, Remus sei über den Berg. Diesmal liefen auch Molly die Tränen.

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Frage an EUCH: Kann eigentlich irgendjemand von euch diese FF als erweiterten Canon annehmen?

Weil du mich zum Menschen machstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt