Eine Mauer für die Ewigkeit

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Lupin spürte, wie der lähmende Zauber von ihm abfiel. Die ganze Zeit über, in der er gefesselt dagelegen hatte, hatte er sich geschworen Tonks anzuschreien, was ihr denn einfiele, dass sie einfach so die Wand sprengte und ihn erstarren ließ.
Doch alles hatte sich schlagartig geändert, als sie begonnen hatte, seine Wange zu berühren. Er war sich sicher, dass er, wenn er nicht ohnehin schon bewegungsunfähig gewesen wäre, sich nicht mehr hätte rühren können.
Diese verhassten Berührungen, nach denen er sich so sehr gesehnt hatte... der vertraute Duft, der sie auf fast magische Weise umhüllte... das Leid, das sich in ihren Augen spiegelte... die Träne, die seicht und stumm seine Wange hinabgeglitten war...
Er wusste kaum, was er tat, als er sich ruckartig aufsetzte und Tonks in seine Arme schloss.

Er ignorierte, wie sie kurz zurückzuckte, als hätte sie Angst, er könne sie schlagen.
„Es geht nicht", murmelte er. Jedes Wort kostete ihn entsetzlich viel Kraft. „Verstehst du nicht? Es geht nicht... ich..."
Er biss sich auf die Lippen, um ihr die Worte mitzuteilen, die er so lange aufgeschoben hatte.
„Ich kann nicht bei dir bleiben. Es ist noch viel unerträglicher, seit ich weiß, was du ... für mich empfindest. Davor habe ich gehofft, dass wir einfach weiter Freunde bleiben könnten, aber jetzt ... es ... geht nicht mehr."

Lupin spürte, wie Tonks sich heftig an ihn drückte und schließlich ansetzte, um zu widersprechen.
„Deshalb", unterbrach er sie, ehe sie überhaupt etwas hatte sagen können, indem er sie bei den Schultern packte und Abstand zwischen sie brachte, „muss ich fortgehen".
„Wie? Was meinst du damit – ‚fort'?" Ihre Stimme klang mit einem Mal sehr piepsig.
„Ich werde zu den Werwölfen gehen und versuchen, sie von unserer Sache zu überzeugen." Obwohl Lupin versuchte, es so gleichgültig wie möglich herüberzubringen, musste er schwer schlucken.
Tonks begann mit einem Mal schwer und zittrig zu atmen.
„Wann?", hauchte sie nach einer Weile, „wie lange?"

„So wie es aussieht, ab dem zweiten September... und... solange wie es dauert. Vermutlich mehrere Monate."

Mühsam wich Tonks ein wenig zurück und presste sich eine Hand auf den Mund. In ihren Augen brannten Tränen. „Okay". Sie bemühte sich, beherrscht zu klingen, doch wollte kaum ein Ton ihre Lippen verlassen. „Okay. Gut. Ich verstehe. Wenn das deine Antwort ist..." Sie rappelte sich auf und nickte unter Tränen, die Lippen fest aufeinandergepresst.

„Tonks, ich –", begann Remus haareraufend.
„Spar die deine Worte!", schrie Tonks plötzlich, „ist ja egal, wenn du lieber sterben würdest, als mit mir zusammen zu sein! Ist ja egal, wenn ich vor Sorge um dich leiden muss! Wenn wir alle das müssen! Die Mission ist aussichtslos und das weißt du! Aber was soll's? Geh doch einfach! Geh! Ich habe die ganze Zeit gelitten und es war dir egal! Du hast es gesehen! Gesehen und weggeschaut! Wenn du dich nicht um mich kümmerst, warum sollte ich mich um dich sorgen! Geh einfach! Es kümmert mich nicht!"

Sie eilte im Laufschritt durch die gesprengte Wand hindurch und blieb kurz vor der Schallmauer stehen. Lupin regte sich nicht. „Also...", setzte sie noch mit eisiger Stimme hinzu. Wie in Zeitlupe wandte sie ihm ihren Kopf zu und starrte ihn mit kalten, zornesfunkelnden Augen an. „Geh und verrecke einfach."

Lupin regte sich nicht, während Tonks die flimmernde Wand durchschritt und es mit einem Mal schien, als wäre es diese Mauer, die sie endgültig und unwiderruflich entzweit hatte.
Es war aus. Für immer.


Tonks ignorierte die kreischenden Portraits, als sie aus dem Haus stürmte und disapparierte. Kaum, dass sie in der Gasse bei ihrem Haus wieder auftauchte, spürte sie einen stechenden Schmerz an ihrem Ringfinger. Nach einem kurzen Blick durch den Tränenschleier bemerkte sie, dass er blutüberströmt war und ein Stück vom Nagel fehlte.
Sie schluchzte trocken auf und rannte in ihre Wohnung. Noch immer zitterte sie am ganzen Körper, und als endlich die Haustür ins Schloss gefallen war, brach sie bebend im Flur zusammen.
All ihre Bemühungen, all ihre mit letzter Kraft aufgewandte Energie, alles für nichts. Er würde gehen und nie wieder zurückkommen. Es war vorbei. Nun ... nun hatte sie ihn doch endgültig verloren. Und mit ihm einen Teil ihrer selbst.


Die Tage zogen daher und mit jeder einzelnen Stunde wurde Tonks schmerzlicher bewusst, wie bald er gehen würde. Es war wie ein Countdown bis zu der Mission. Der Mission, die ihn vermutlich umbringen würde. Wie konnte Dumbledore das nur zulassen?
Sie hatte versucht, mit ihm zu reden, doch er hatte ihr verständlich gemacht, dass es Remus' Entscheidung gewesen war, und dass die Mission möglicherweise zwar entscheidend für den Krieg sein könnte, aber die Chance auf Erfolg tatsächlich enorm gering war. Sie hatte auch noch zwei weitere Male versucht mit Remus zu sprechen, aber er ließ sich nicht umstimmen und schien so kalt und distanziert, dass Tonks es keine weitere Sekunde in seiner Gegenwart ertragen konnte.
Selbst, als sie sich für ihre unverzeihlichen Worte entschuldigt hatte, hatte er keine Regung gezeigt.
In ihrer Verzweiflung hatte sie auch mit Molly und Arthur gesprochen, aber auch sie hatten Remus nicht überzeugen können.
Nicht einmal der Artikel im Tagespropheten, der Sirius' Unschuld verkündet hatte, hatte sie wirklich aufheitern können. Sie hatte immer gedacht, sie würde glücklich sein, wenn die Welt ihn fortan bewundern konnte, hatte sich sogar eine lustige Reaktionen der Leute ausgemalt, wenn sie die schockierenden Zeilen lasen, doch mehr als ein müdes Lächeln konnte sie nicht zustande bringen, als sie die Worte „SIRIUS BLACK KEIN MASSENMÖRDER! TRAGISCHER STURZ EINES HELDEN!" vor sich sah.
Der September rückte bedrohlich näher und Tonks konnte nichts tun, um es zu verhindern. Keinem auf der Arbeit war ihr Gemütszustand noch ungewiss und sie hasste es, wenn sich jemand danach erkundigte.

Eines Abends klingelte es an der Tür. Tonks öffnete, ohne durch den Spion zu schauen und ließ Dumbledore eintreten, ohne seine Identität zu überprüfen. Es war ihr egal, wenn sie starb.
„Na na, du solltest nicht unvorsichtig werden, Nymphadora", mahnte er sanft, während er die Schwelle passierte.
„Was wollen Sie?"
„Reden."
Wortlos wies Tonks ihm den Weg ins Wohnzimmer und wies auf die gelbe Couch, auf der Dumbledore stumm Platz nahm, nachdem er den Raum ausgiebig betrachtet hatte.
„Ich weiß nicht, wie dir der Sinn steht, aber mir wäre jetzt nach einer schönen Tasse heißer Schokolade", begann er vergnügt und beschwor ohne eine Antwort abzuwarten zwei Tassen mit Kakaopulver und eine Packung Milch herauf, die die Tassen mit einem leisen Plätschern füllte.
„Nymphadora", sagte Dumbledore nun mit fester Stimme, als zwei Löffel die Getränke gerade eigenständig mischten und er sie mit einem Schwung seines Zauberstabs erwärmte, „ich weiß, dass dir Remus' Mission widerstrebt, aber seine Entscheidung steht fest, wie du sicher gemerkt hast. Alles, was du jetzt noch tun kannst, ist zu hoffen und seinen Fähigkeiten zu vertrauen."
Tonks schwieg. Die Tasse dampfte in ihren Händen, doch sie trank keinen Schluck.
„Nun, ich könnte mir vorstellen, dass dir nach etwas Ablenkung wäre. Daher habe ich ein Angebot für dich. Nach Voldemorts offizieller Rückkehr müssen die Sicherheitsvorkehrungen für Hogwarts selbstverständlich verstärkt werden. Auch werden wir Auroren einsetzen, die in Hogsmeade postiert werden." Dumbledore machte eine bedeutungsvolle Pause, in der Tonks ihn nur weiter stumm anstarrte.
„Wenn es dir also helfen könnte, um ein wenig Abstand zu gewinnen, dann werde ich mich für dich stark machen. Aber ob du das möchtest oder nicht, bleibt selbstverständlich dir überlassen."
„Ist mir egal", antwortete Tonks trocken.
„Nun gut", entgegnete Dumbledore und klopfte sich seinen Umhang ab, als er sich erhob, „deine Entscheidung eilt nicht. Und lass dir noch einmal gesagt sein, dass Remus sehr gut auf sich selbst aufpassen kann. Er war einer der ganz wenigen Schüler, denen es tatsächlich gelungen ist, Hogwarts ausschließlich mit Ohnegleichen abzuschließen und darüber hinaus ist er noch enorm intelligent und sogar schon in der Lage, stablose Magie anzuwenden. Meines Wissens nach gibt es weltweit keine zwanzig Zauberer, die diese Form der Magie beherrschen und beinahe alle von ihnen gehen zumindest einmal auf die Siebzig zu – und Zauberer wie ich heben diesen Schnitt noch einmal um ein Vielfaches." Er zwinkerte ihr kurz zu. „In jedem Fall kannst du mir glauben, dass ich Remus diese Mission nicht zugeteilt hätte, wäre ich nicht überzeugt davon, dass er ihr gewachsen wäre. Chance auf Erfolg ist nicht gleichzusetzen mit Chance auf Überleben." Lächelnd stellte er seine Tasse auf den Wohnzimmertisch und blickte aufmunternd in Tonks verquollene Augen.
„Was das Angebot angeht, so erwarte ich deine Antwort in den nächsten Tagen per Eule. Gute Nacht, Nymphadora."


Tonks saß stumm auf der hellen Couch, die Tasse in ihren Händen war kalt. Sie hatte sich kaum gerührt, seit Dumbledore gegangen war. Eigentlich hatte er Recht. Nach Sirius' Erzählungen hatte Remus sich die Ohnegleichen im Gegensatz zu ihm hart erarbeiten müssen, aber Fakt war, dass er sie erlangt hatte.
Fakt war, dass er bei beinahe all seinen Missionen gute Ergebnisse erzielt hatte und Fakt war ebenso, dass Dumbledore niemandem eine Mission anvertrauen würde, wenn es keinerlei Aussicht auf Erfolg gab.
Und auch war sie sicher, dass ihr dieser Job in Hogsmeade gut tun würde. Eigentlich hatte sie es gewusst, seit er ihr das Angebot unterbreitet hatte, und doch hatte sie etwas davon abgehalten, gleich zuzustimmen. Hoffte ein Teil von ihr etwa immer noch, dass sie hier einfach weiterleben konnte, glücklich und zufrieden, mit Remus an ihrer Seite? Lächerlich!

Tonks schüttelte schnell den Kopf und rappelte sich auf, um nach Pergament zu suchen. Sie konnte nicht ewig Trübsal blasen. Es war Handeln angesagt.

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Frage an EUCH: Könnt ihr euch denken, warum gerade Tonks' Ringfinger vom Zersplintern betroffen war?

Weil du mich zum Menschen machstWo Geschichten leben. Entdecke jetzt