Als Remus in ihre leuchtenden Augen blickte, waren all die Zweifel der vergangenen Stunden, Tage, Wochen und Monate mit einem Mal verschwunden. Er spürte, wie sie ihn küsste, ihre Hände in seinen Haaren vergrub, und Freude durchflutete seinen ganzen Körper, erfüllte ihn mit Wärme, und der Felsen in seinem Herzen, den er so unermesslich lange mit sich getragen hatte, zerbarst in tausend Teile.
Er strich ihr sanft über eine Wange, wischte ihr eine Träne aus dem Gesicht und erwiderte den Kuss, zuerst vorsichtig, dann immer leidenschaftlicher. Verlangend schlang er seine Arme um ihren Körper, atmete gierig ihren unverkennbaren Duft ein und genoss in vollen Zügen das Gefühl von Sehnsucht, die endlich erfüllt wurde, und unermesslicher, nie endender Freiheit, die selbst die Sterne über ihnen nicht zu begrenzen vermochten.
„Ich liebe dich", flüsterte Remus, und Tonks lachte vor Glück auf, während noch immer stumme Tränen über ihr Gesicht rannen.
„Ich habe so lange auf diesen Satz gewartet." Tonks sah ihn an, mit einem Lächeln, das sein Herz erwärmte.
„Verdammt, ich glaube, ich hätte mit ‚Ich liebe dich auch' reagieren sollen", murmelte sie und biss sich auf die Lippen.
„Also ganz so schwer von Begriff, dass ich das nach allem immer noch nicht verstanden habe, bin ich dann doch nicht." Remus grinste. „Und ich würde ja antworten, dass dein Lächeln Antwort genug war, aber um ehrlich zu sein, ich würde es schon gerne hören."
Er kratzte sich ein wenig verlegen am Kopf, als er darauf wartete, dass sie sprach.
„Ich liebe dich, Remus", wisperte Tonks, „dich und deine Praeteritios." Sie begann zu lachen, als er mit verdutztem Blick fragend die Stirn runzelte. Dann verstand er, was sie meinte, und stimmte mit ein.
„Deute es als Metapher für ‚und die ganzen komischen Facetten an dir', du Stilmittelfanatiker."
„Sagt die, durch die in ihrer Hogwarts-Schulzeit bestimmt hundert Teller zu Bruch gingen", konterte Remus grinsend und fühlte sich viel jünger.
„Hey! Es waren nur 83 – jedenfalls, seit wir Anfang der dritten angefangen haben, zu zählen – und außerdem waren Gläser und so mit einberechnet!"
Sie begannen beide, herzhaft zu lachen und ließen sich auf dem Boden nieder. Remus erinnerte sich nicht daran, sich jemals so befreit gefühlt zu haben. Nicht nur, dass sie jetzt eine Beziehung führen würden – allein schon, dass sie wieder so beisammen sein konnten wie früher, war schon unendlich viel wert.
Sie saßen stumm da, Schulter an Schulter, Arm in Arm von Ruhe umgeben, während ihre Blicke auf dem See vor ihnen lagen.
„Sag mal...", murmelte Remus und entzündete seinen Zauberstab. „Ich wusste es doch!" Mit dem Gefühl, es würde den Moment perfekt machen, beschwor Remus einen Spiegel herauf und reichte ihn Tonks, während er ihr mit seinem Zauberstab Licht schenkte.
„Meine Haare!", rief Tonks überrascht, „sie sind – violett! Das ist – danke, Remus, danke!" Sie drückte ihm überschwänglich einen Kuss auf die Wange und grinste ihrem Spiegelbild entgegen.
„Nun, nicht, dass ich mich nicht freuen würde", antwortete Remus irritiert, während Tonks ihre Haare nacheinander alle Farben des Regenbogens annehmen ließ, „aber was genau habe ich getan, dass ich das verdient hätte?"
„Schätze, die einzige Antwort, die ich darauf habe, ist, dass Euphorie nicht immer logisch ist", antwortete Tonks keck. „Das hier...", murmelte sie und küsste ihn zärtlich, „...war auch nur ein spontaner Impuls. Weißt du, ich könnte gerade einfach den Riesenkraken persönlich umarmen!"
„Also ich bin mit dir in meinen Armen offen gestanden ziemlich zufrieden." Vorsichtig drückte Remus ihr einen Kuss auf die strahlend amethystfarbenen Haare.~
Tonks schloss ihre Augen und genoss das Gefühl, Remus so nah an ihrer Seite zu wissen. „Es mag ein bisschen klischeehaft sein, aber weißt du, was früher immer auf der Liste der Dinge stand, die ich mal gemacht haben will? Hier, an diesem See, im Freien übernachten. Allerdings hat es sich leider nie ergeben..."
„Mal ehrlich, Tonks, das ist so unmissverständlich mit dem Appellohr zu verstehen, dass du auch direkt hättest fragen können", lachte Remus.
„Themen langsam anzusprechen, ist echt nicht meine Stärke – du hättest sehen sollen, wie ich Molly beibringen wollte, dass ich Gefühle für dich habe – ich hab's eiskalt rausposaunt!"
„Das kann ich mir nur zu gut vorstellen! Allerdings, was die Übernachtung hier angeht – dir ist bewusst, dass diese Beziehung geheim bleiben soll, solange sie nur probeweise ist? Es wäre nicht ganz so produktiv, wenn man uns hier nebeneinander schlafend finden würde."
„Das habe ich nicht bedacht", murmelte Tonks und ein Hauch Enttäuschung lag in ihrer Stimme, „aber vielleicht irgendwann mal. In Ordnung?"
Remus stand auf und reichte ihr schmunzelnd die Hand. „Komm mal mit. Ich möchte dir etwas zeigen."
Er führte sie am See entlang durch die Finsternis, die die magischen Lichter ihrer Zauberstäbe um sie herum vertrieben. Ein feiner Wind wehte um sie herum und durchstreifte ihre Haare.
Etwa eine Viertelstunde später, in der Tonks verzweifelt versucht hatte, aus Remus herauszubekommen, wo sie hingingen, zog er sie zwischen drei Tannen hindurch, die dicht beieinander standen. Hinter ihnen lag ein grasbewachsener Platz, der zur einen Seite durch die Bäume, zur anderen durch das Wasser abgegrenzt wurde.
„James hat diesen Ort hier gefunden", erklärte Remus, ohne Tonks' Hand loszulassen. „Im letzten Schuljahr wurde er zu einem unserer Lieblingsplätze."
Leicht lächelnd legte er sich nieder und zog Tonks zu sich hinunter.
„Es ist so friedlich hier", murmelte sie mit Blick auf den schwarzen See vor ihnen, der trotz der Dunkelheit noch immer durch das Mondlicht leuchtete, ehe sie sich mit einem glücklichen Lächeln an Remus' Brust lehnte und die Augen schloss.
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Frage an EUCH: Was war das eurer Meinung nach bisher schönste/beste Chap dieser FF - subjektiv gesehen?
Funfact: Der Grund, aus dem der Ort bei den drei Tannen zu einem der Lieblingsplätze der Rumtreiber wird, liefert meine Rumtreiber-FF „Sehnsucht nach den Flammen", die ich offen gestanden vermutlich noch nen Ticken lieber mag als diese - schaut gerne mal rein - https://www.fanfiktion.de/s/5875330c0006b29b37365842/1/Sehnsucht-nach-den-Flammen ;P
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Weil du mich zum Menschen machst
FanfictionRemus Lupin X Nymphadora Tonks. Als Remus Lupin im Kindesalter mit Lykanthropie infiziert wurde, änderte sich sein Leben schlagartig: Er musste sich fortan damit abfinden, sein Leben als Monster, als Ausgestoßener der Gesellschaft zu fristen. Nie...