Emotionen

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Die folgenden Wochen waren für keinen von ihnen einfach, insbesondere nicht, da Snape zum Schulleiter ernannt worden war und Ted Tonks hatte fliehen müssen, doch da Remus sich von den Missionen weitestgehend zurückzog, hatten die beiden viel Zeit, in denen die Wunden ihrer Beziehung langsam verheilen konnten. Remus befreite Tonks von der Appariersperre, sie übten weiter gemeinsam am Desillusionierungszauber, den Remus im Gegensatz zu Tonks mittlerweile perfektioniert hatte, spielten Zauberschach und vertieften sich in Bücher über Kindererziehung. Tonks erklärte, dass sie noch weitere Bücher über Werwölfe lesen wollte, obwohl Remus sie alle schon kannte, um sich perfekt auf eine mögliche Lykanthropie ihres Kindes vorzubereiten. Er wunderte sich allerdings darüber, dass die Wälzer so dick waren, denn inhaltlich war nicht mehr viel davon in seiner Erinnerung und eigentlich vergaß er den groben Inhalt eines Buches eher selten. Dennoch war es fast nicht zu glauben, wie viel es vor allem bei Erziehung zu beachten galt – das Brauen des Wolfsbanntrankes schien wie ein Witz dagegen.

Je weiter Tonks' Schwangerschaft voranschritt, desto mehr zog Remus sich aus dem Orden zurück. Um das verlorene Vertrauen wiederherzustellen, hatte er es sich zu obersten Priorität gemacht, für Tonks und sein ungeborenes Kind da zu sein. Kingsley war zwar wenig angetan davon gewesen, dass eines der nun leitenden Mitglieder ausfallen würde, doch Remus hatte seine Wahl getroffen.

Jedes Mal, wenn er behutsam über den rundlichen Bauch seiner Frau strich, erwachte neben der Angst auch ein kleines bisschen mehr Vorfreude.
Auch Tonks blühte wieder auf. Nach einigen Monaten hatte sie den Desillusionierungszauber schlussendlich gemeistert. Remus konnte nur vermuten, dass die Schwangerschaft ihr aber mehr zusetzte, als sie sich eingestand, denn immer, wenn er vom Einkauf zurückkam, schien sie nur um ein paar wenige Buchseiten vorangekommen zu sein. Scheinbar hatte sie ein paar Probleme mit der Konzentration, was aber völlig normal sein konnte.

Während Tonks' Übelkeit zum zweiten Drittel der Schwangerschaft hin immer weniger geworden war, schienen ihrer Vorfreude keine Grenzen gesetzt zu sein. Beinahe jeden Tag sah man sie strahlen und beruhigend mit ihrem Kleinen sprechen.
Da sie dieses Jahr Remus an ihrer Seite hatte, stellte dieses besinnliche Weihnachten das des Vorjahres bei Weitem in den Schatten und vermittelte Tonks das Gefühl eines gewöhnlichen Familienlebens, fernab von den Schrecken des Krieges.

~
„Remus!", rief Tonks aufgeregt, „komm schnell!"
Remus sprintete nach dem Ruf seiner Frau augenblicklich in die Küche und sah sie erwartungsvoll an. „Was ist los? Alles okay bei dir? Kann ich irgendwas tun?"
„Es hat getreten!" Tonks strahlte ihn an. „Hier! Fühl mal!"
„Es hat ...?", wiederholte Remus mit großen Augen und legte seine Hand auf Tonks' nackten Bauch. „Tatsächlich – das ist – Dora, das ist wunderbar!"
„Nicht wahr?", erwiderte Tonks begeistert. „Merlin, Remus, es hat getreten!"
„Ja!", wiederholte Remus, fast benommen vor Glück, „das ist – es ist einfach Wahnsinn!"
Tonks legte ihre Hand behutsam auf die ihres Mannes und umschloss seine Finger.
„Es ist doch tatsächlich ein kleines Wunder, oder nicht?"
„Das ist es", bestätigte Remus mit leuchtenden Augen. „Und wie es das ist. Ich werde niemals zulassen, dass euch etwas geschieht", wisperte er und küsste den gewölbten Bauch behutsam. „Ich werde immer bei euch sein."
„Ich weiß", antwortete Tonks lächelnd.
„Wirklich?", hakte Remus nach und blickte nach oben. „Heißt das, dass alles wieder gut ist zwischen uns?"
„Ach Remus – ich habe dir schon eine ganze Weile verziehen. Ehrlich. Das mag etwas abgedroschen klingen, aber ich liebe dich viel zu sehr, als dass ich dir lange böse sein könnte."
„Und ich dich erst", entgegnete Remus und zog Tonks in einen zärtlichen Kuss.
Während Tonks' Schwangerschaft verbrachte Remus außerdem einen Teil seiner Zeit mit der Unterstützung und Assistenz bei PotterWatch, einem Radiosender, der als einziger nicht das sendete, was Voldemort verbreiten wollte und der von Lee Jordon mit Unterstützung der Zwillinge geführt wurde.
In jedem Fall hatten Remus – und auch Tonks, wie es schien – trotz der Sorge um Ted, der sich aus Sicherheitsgründen nur selten meldete, und den gelegentlichen Beschwerden der Schwangerschaft, die wundervollste Zeit ihres Lebens.
„Hast du schon Ideen für den Namen unseres Kindes?", fragte Tonks eines Abends. „Was hältst du von Lauren für ein Mädchen?"
„Lauren", wiederholte Remus, „Lauren Lupin. Ja, damit könnte ich mich abfinden. Sollen wir eine Liste anfertigen?"
„Und hast du schon eine Idee für den Paten?", fragte Tonks, als sie den fünfzigsten Namen auf dem Zettel niederschrieb.
„Das habe ich tatsächlich", entgegnete Remus unschlüssig. „Ich habe an Harry gedacht. Er war es, der mich aufgeweckt hat, als ich dich verlassen hatte und es mag an James liegen, aber irgendwie betrachte ich ihn ein wenig wie einen Teil aus meiner Familie. Darüber hinaus hat er viel durchgemacht und kann etwas Zuspruch nur gebrauchen."
„Harry klingt super!", rief Tonks begeistert, „ich hatte ja an Kingsley gedacht, weil Molly und Arthur immer so beschäftigt sind und auch genug Kinder haben, aber Harry ist eine tolle Idee!"

~
Im letzten Schwangerschaftstrimester nahmen die Symptome wieder zu, doch weitaus schlimmer war, was sich im März ereignete. Die Botschaft traf sie völlig unvorbereitet und riss sie aus den Gedanken an Remus' Geburtstag gnadenlos in die Welt des Krieges zurück.
„Mit großem Bedauern informieren wir unsere Hörer von den Morden an Ted Tonks und Dirk Cresswell", verkündete Lee auf PotterWatch.
Das Wasserglas, das Tonks soeben gehalten hatte, entglitt ihren Fingern und zerschellte auf dem Boden. Für einige Sekunden regte sich niemand.
„Nein!", wisperte Tonks schließlich, „nein! Nein, nein, nein! Neeeeeeein!" Unter einem lauten Schluchzen brach sie in sich zusammen und blieb am Boden liegen. „Nein! Neeeeein!"
Alles in ihr schrie danach, dass es eine Fehlinformation sein musste, doch all die Monate über waren die Angaben von PotterWatch immer korrekt gewesen und ein Teil von ihr wusste, dass sie auch diesmal stimmten. Verzweiflung machte sich in ihr breit und schien sie von innen heraus zu zerfressen. Ihr Vater konnte nicht tot sein – er konnte einfach nicht ...!
Remus stürzte sich zu ihr und schloss sie fest in die Arme, während Tonks noch immer kläglich schrie und wimmerte.
„Er kann nicht – Remus, er kann nicht – neeeein! NEEEEEIN!"
Doch Remus schloss sie nur stumm in den Arm und drückte sie fest an sich. Sie wusste, was das bedeutete, sie wussten es beide. Es war endgültig. Ein Verlust, so schnell und doch für alle Zeit. Ohne Wiederkehr.
„Es ist vorbei, Remus", sagte Tonks nach einer Weile. Ihre zittrige Stimme drohte jeden Moment zu brechen. „Es war doch von Anfang an aussichtslos. Es kümmert sie nicht, wenn sie Leute verlieren und wir brechen unter dieser Last immer wieder aufs Neue zusammen! Und es ist nicht nur das...sie setzen alles daran, uns umzubringen – ein Todesfluch, und es ist vorbei...! Es ist so ungerecht... wieso müssen wir so leiden, nur, weil wir eine bessere moralische Einstellung haben? Wieso überhaupt müssen wir kämpfen, obwohl wir Frieden wollen? Wieso müssen wir ein Schachspiel spielen, bei denen unserer kleinen Gruppe aus Bauern unzählige Damen gegenüberstehen? Ich kann nicht mehr, Remus. Ich kann diesen aussichtlosen Kampf nicht weiterführen. Es ist... vorbei. Und wir", fuhr Tonks fort, während Tränen sanft ihre Wangen hinunterliefen, „... wir haben verloren."
Remus legte zärtlich seinen Arm um ihren Kopf und schmiegte sich an sie. „Wir sind nicht nur Bauern. Wir sind weitaus stärker. Selbst, wenn wir fair kämpfen. Und nichts ist vorbei, solange unser König nicht gefallen ist... und selbst darüber hinaus..." „Dumbledore ist t-tot!", schluchzte Tonks, „unser König ist bereits gefallen!" Schmerzlich schloss Remus seine Augen. „Ja, Dumbledore ist tot, doch war er nicht unser König, sondern unsere mächtige Dame. Derjenige, der alles zusammenhält, der uns Hoffnung gibt, ist unser wahrer König. Harry. Und dann wären da auch noch unsere Türme, unsere Stützen. Kingsley, Minerva, Molly, Arthur... tja, es scheint, als hätten wir mehr Türme, als regulär zugelassen, nicht wahr? Damit haben wir auch ohne Dame eine Chance... dazu haben wir noch beständige Läufer wie mich und flexible Springer wie dich... und eine vielversprechende junge Generation. Weißt du, Hermine zum Beispiel macht Lily zur damaligen Zeit schon Konkurrenz – und das mag schon etwas heißen. Wir sind stärker, als du glaubst. Du darfst die Hoffnung nicht aufgeben. Nicht, bis die letzte Figur geschlagen ist. Und so weit wird es nicht kommen. Weil ich niemals zulassen werde, dass dir etwas zustößt. Also glaube. Glaube an den Orden. Glaube an die neue Generation. Glaube an uns!"

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Frage an EUCH: Welchen Tod jegliches Films, jegliches Buchs und jeglicher Serie fandet ihr am traurigsten? Im Original oder in einer FF (ja, selbst mir haben schon Leute geschrieben, dass sie im Buch nicht heulen mussten und bei mir schon xD)?

Funfact: Bin mir nicht sicher, ob meine Erinnerung stimmt, aber wenn ja, hab ich das ganze Schachspielen nur eingebracht, um diese Metapher bringen zu können :D Die Szene hatte ich als eine von wenigen nämlich schon vorgeschrieben^^

Könnte mir übrigens vorstellen, dass der ein oder andere jetzt ein bisschen "the heck, geht das gerade schnell" ist. Jup - geht es. In der Zeit ist aber einfach nicht viel zu erzählen. Und das ist der Grund, und dem die Story schon bald zu Ende sein wird. Ja ... krass. Aber: Es wird eine Rumtreiberstory kommen, um sie abzulösen - sehe ich da wen von euch wieder? ^^

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