Kapitel 36

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*Noah POV*

„Geht mit dem Kopf, oder nicht?" Fragte mich Gloria, die gerade in mein Zimmer gekommen war und sich zu mir auf die Bettkante setzte. Ich lag auf meinem Bett, das Radio lief leise im Hintergrund, während ich an die Zimmerdecke starrte. „Geht so." Meinte ich und zuckte mit den Schultern. Auf meiner Stirn lag ein Kühlbeutel das in ein Handtuch gewickelt war.

Mein Kopf tat weh, aber es war auszuhalten. Wenigstens lenkte es meine Gedanken in andere Bahnen.

„Und was ist mit dir?" Fragte ich sie.

„Mit mir? Ich bin nicht mit dem Kopf gegen das Armaturenbrett geknallt!" Meinte sie sofort.

„Das meine ich nicht. Also .. mit dem kleinen Unfall hat es schon zu tun. Ich bin komplett ausgerastet, du hast dich erschrocken. Ich weiß gar nicht .. was wäre wenn du das Lenkrad zur anderen Seite gedreht hättest? Was wäre wenn du gegen einen Baum gefahren wärst? Oder in ein anderes Auto.." Überlegte ich leise. Mich plagten Schuldgefühle.

Aber ich war auch erleichtert das eben nur mir etwas passiert war und nicht auch noch Gloria. Das hätte ich mir nie verziehen. Da hatte ich mich nicht unter Kontrolle und sie wäre mit dran gewesen.

„Es ist doch aber nichts passiert." Sie legte eine Hand auf meine, strich sanft mit dem Daumen über meine Handoberfläche. „Ich .. war nur .. du hast mir einen Schrecken eingejagt. Und ich weiß nicht mal warum du so ausgetickt bist." Sie strich weiter über meine überreizte Haut. Nicht nur mein Kopf tat weh, auch meine Hände, aber das wollte ich Gloria nicht sagen.

„Hör zu: Wenn es nicht besser wird fahre ich dich zur Notaufnahme, davon kannst du ausgehen." Warnte sie mich jetzt und warf mir einen besorgten Blick zu. „Und .. da ist noch was ... was soll ich machen? Du hast gesagt du willst trinken. War das nur aus reiner Wut oder soll ich mich um ein Treffen kümmern? Was soll ich tun?" Fragte sie vorsichtig nach.

Ich holte zitternd Luft. „Ich habe gesagt dass wenn ich in den Knast kommen sollte, das ich trinken werde. Aber dazu muss es erst mal kommen." Ich holte tief Luft. „Aber wie es aussieht ist das gar nicht so unwahrscheinlich. Denn Finley hat mir gesagt das wenn es zu einem Prozess kommt er nicht für mich aussagen wird. Er wird für Aubrey aussagen. Und dann .. bin ich am Arsch." Meinte ich und schluckte hart.

„Aber das kann er doch nicht machen!" Ihre Stimme war so laut, so verdammt laut. Ich zuckte zusammen. Das hatte sie bemerkt. „Es tut mir leid. Aber was soll das? Ist das sein ernst? Er hat doch gesehen das du dass nicht warst! Er will dann lügen, ja? Und das du im Knast landen könntest ist ihm egal? Ich .. ich werde mit ihm reden, das geht ja wohl gar nicht. Was fällt ihm ein?!" Auch wenn sie sich bemühte, zum Schluss stieg die Lautstärke ihrer Stimme wieder an. Sie stand auf und ihr Gesicht war rot angelaufen.

„Lass bitte gut sein." Bat ich sie. „Komm wieder her." Meinte ich dann und wank sie zu. Das aber sah sie gar nicht, denn sie sprach weiter: „Was? Nein! Er ist doch nicht ganz sauber, das kann er mit dir nicht machen. Geht mit dir um als wärst du ein Stück Spielzeug und jetzt sowas. Ich habe die Nase gestrichen voll von ihm. Ich dachte es wird besser, dass er sich ändern wird, aber anscheinend ist er nur ein Arsch. Sonst würde er dich nicht freiwillig in die Scheiße reiten!" Erklärte sie mir hitzig.

„So schlimm ist das doch jetzt auch nicht. Und er behandelt mich nicht wie sein Spielzeug. Da steckt so viel dahinter, das kannst du gar nicht nachvollziehen." Ich nahm den Kühlbeutel von meiner Stirn und richtete mich auf den Ellenbogen auf. „Und er hat halt Angst. Seine Mutter würde das erfahren, sein Vater ... vielleicht würde er seine Tochter verlieren? Woher soll ich wissen was danach passiert? Auf jeden Fall würde es nicht gut für ihn aussehen." Meinte ich.

Das schien Gloria aber nicht milde zu stimmen. „Na und?! Was schert mich das? Er soll sich mal zusammenreißen. Er lebt sein Leben weiter und du bist derjenige der in den Knast geht! Oder auch nicht .. weil du dich vorher ins Grab saufen willst." Sie warf die Hände in die Luft. „Dann ist das aber seine Schuld!" Knurrte sie.

Das wäre dann definitiv nicht Finleys Schuld. Wenn ich das wirklich tun würde, dann wäre das ganz alleine meine Verantwortung, mein Handeln. Damit hatte Finley nichts zu tun. Im Endeffekt war er doch nur eine Marionette, die sich mit dem Wind dreht. Er tut alles was für andere das Beste war. Nur nicht für mich ..

Aber wenn ich Gloria versuchte das zu erklären dann würde sie nur wütender werden. Also presste ich die Augen aufeinander und log: „Ich .. habe das gar nicht so gemeint, okay? Ich war wütend. Du weißt dass ich nicht mehr trinke! Und wenn ich wirklich in den Knast gehen sollte, dann werde ich das durchstehen. Habe ich schon mal. Und außerdem habe ich doch dich?" Ich sah sie an.

Sie holte tief Luft, beruhigen tat sie sich aber nicht.

„Trotzdem ist das nicht okay. Und wenn ich nicht mit ihm reden soll, dann rede ich mit Jolie. Sie wird ihm den Kopf waschen. So geht das nicht Noah, das kann ich so nicht hinnehmen und du solltest das auch nicht. Am besten wir fahren morgen zu deinem Anwalt und reden mit ihm darüber. Das dein ach-so-toller-Zeuge ein Verräter ist." Jetzt setzte sie sich wieder zurück auf die Bettkante.

„Er ist kein Verräter. Er weiß doch auch nicht was er tun soll.." Meinte ich. Versuchte ich gerade hier wirklich das was Finley vorhat zu verteidigen? Bei dem was er gesagt hat? Bei dem was mir dann bevorstehen wird? Ich muss damit aufhören. Gloria sah mich ungläubig an und sprach: „Du würdest ihm auch noch dann hinter her laufen wenn er dir eine Kugel ins Bein jagen würde, oder? Da würdest du auch noch eine Ausrede finden, mh? Der Junge ist total ungesund für dich."

„Nein, ist er nicht! Aber ist doch nicht schlimm wenn ich es irgendwo verstehen kann, oder? Bei ihm steht viel auf dem Spiel, er will es halt nicht verlieren. Und wenn er zu mir halten würde ... wäre das alles zu Nichte gemacht worden. Du und ich wissen doch gar nicht was bei ihm zu Hause alles genau abgeht." Meine Stimme härte sich so gedämpft an, so fremd.

„Was redest du da? Bei dir steht auch viel auf dem Spiel. Dein Leben ist doch auch was wert. Du hast in letzter Zeit viel Rücksicht auf ihn genommen. Hast dir so viel von ihm gefallen lassen. Und jetzt hast du die Quittung. Du bist sein emotionaler Fußabtreter. Und anscheinend interessiert es ihn einen scheiß was aus dir wird. Hauptsache ihm geht es gut, Hauptsache er kann sich irgendwo abreagieren." Redete sie auf mich ein.

„Ihm geht es aber doch auch nicht gut! Er ist unglücklich. Und er will halt nicht dass er noch unglücklicher wird. Das kann ich verstehen. Würdest du das nicht auch wollen? Finley hat es schwer. Und er will seine Tochter nicht verlieren." Meinte ich dann.

„Ja, das verstehe ich. Aber so wie sich das für mich anhört ist sein ganzes Umfeld toxisch. Aubrey, Petra, seine Mutter ... egal ob Krebs oder nicht, sein Vater, Aubreys Eltern. Der Junge ist total vergiftet. Irgendwann geht er sowieso zu Grunde. Aber seine Chance: Dich, aus dem ganzen rauszukommen riskiert er jetzt." Sie schüttelte den Kopf. „Lieber will er dass du in den Knast gehst, als zu dir zu stehen."

„Ich darf es ihm nicht verübeln das seine Familie wichtiger ist als ich." Meinte ich dann und ließ mich wieder auf das Kopfkissen sinken. „Aber ... ich tue es. Ich fühl mich so hintergangen. Es tut einfach weh. Obwohl ich das gar nicht will. Ich bin doch auf ihn zugegangen. Habe versucht ihm Liebe zu geben, das was ich im Stande bin. Und das bekomme ich zurück."

„Was hast du jetzt vor mit ihm?" Hakte sie nach.

„Nichts. Für mich hat sich das jetzt erst mal erledigt. Wenn er was von mir will kann er sich melden, aber ich werde es bestimmt nicht tun. Ich werde mich nicht mehr zum Narren machen. Ist es falsch von mir wenn ich will das er sich jetzt um mich bemühen soll?" Ich sah Gloria an.

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Eigentlich fände ich es besser wenn du ihn nicht mehr an dich heranlässt, ob er angekrochen kommt oder nicht, aber du bist alt genug. Du weißt schließlich was du willst. Nur bitte ich dich: Wenn es dir schlechter gehen sollte, rede mit mir."

Ich nickte und sie nickte.

Und dann legte sich zu mir ins Bett und kuschelte sich an mich heran. Ich legte eine Hand um ihre Schulter und sie legte einen Arm um meine Hüfte. Und dann kam Vulkan noch dazu, der es sich an meiner anderen Seite gemütlich machte. 

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