•Kapitel 38•

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Jungkook

Beim Essen war es weitestgehend ruhig. Ich schätzte mal, dass die Neuankömmlinge einfach zu müde waren, um noch irgendwie etwas motiviert erscheinen zu können.

Lächelnd gab ich Hobi etwas Soße, die er dankend annahm und sich etwas auftat, bevor er sie an Taehyung weiterreichte. Als dieser die Schüssel hielt, sah er kurz zu mir und lächelte leicht.

Schluckend tat ich es ihm gleich, auch wenn es vermutlich sehr wacklig aussah, schaute aber schnell wieder auf meinen Teller. Musste ja nicht jeder gleich meine roten Wangen sehen. Keine Ahnung woher die überhaupt kamen.

Vermutlich war ich es einfach nicht gewohnt, dass gut aussehende Personen nett mit mir umgingen.

„Übrigens wollte ich mich nochmal für die liebe Begrüßung bedanken.", sprach Jin und brach somit endlich das ewige Schweigen. „Es hat mir wirklich gefallen!"

„Ja? Wie schön.", grinste ich breit und sah zufrieden zu meinem minthaarigem Hyung.

Da hatten wir doch alles richtig gemacht, ich wusste es war gut ihn aus dem Bett zu schmeißen. Immerhin wollte ich Jinnie einen schönen Empfang bereiten.

Yoonie allerdings verdrehte nur belustigt die Augen und widmete sich wieder seinem Essen, doch ich wusste, dass es ihm genauso gut gefiel.

„Es war wirklich nett, auch dass sie uns hier aufnehmen.", kam es von Jimin, woraufhin mein Bruder sofort wieder aufblickte.

Der Minthaarige musterte den etwas Jüngeren von der Seite her, schien dabei tief in Gedanken. Er runzelte die Stirn, während Jimin weiterhin schüchtern die Runde anlächelte.

Es war schon niedlich und ich musste mir ein Kichern verkneifen, weil ich nun erkannte, was Taehyung vorhin meinte.

Yoongi starrte einfach viel zu offensichtlich, allerdings schien es ihm selbst nicht aufzufallen, weswegen ich ihn schnell rettete, bevor es wer anders mitbekam.

„Hyung, kannst du mir bitte den Reis geben?", fragte ich und schon schaute er zu mir, nickte ein wenig genervt.

Naja immerhin hörte er auf zu träumen.

~•~•~•~•~•~•~•~

„Maaaann drängel nicht so!"

„Ach sei leise, Hobi! Ich putz mir hier nur die Zähne!"

„Tae, tritt mir nicht auf den Fuß!"

„Leute einfach mal ruhig sein, denn wir wollen schließlich alle schlafen gehen."

„HALT DIE KLAPPE NAMJOON!", riefen dann die anderen.

Glucksend schüttelte ich den Kopf, als ich die Neuankömmlinge im Badezimmer hörte und aus meinem gerade trat. Das war schon eine Truppe, aber ich glaubte daran, dass sie gut zu uns passen würden. Sie waren nett.

Als ich meinen Hyung an der Treppe stehen sah, wie er vollkommen fertig mit den Nerven zum Bad schaute, entfuhr mir fast schon wieder ein herzliches Lachen. Er sah so süß aus, wenn er böse war!

„Ach komm, die sind doch wirklich nett!", sagte ich, nachdem ich ihm in die Seite gestupst hatte.

Sofort entspannte sich sein Gesichtsausdruck und er wuschelte mir durch die Haare. Ich schlug empört seine Hände weg und versuchte sie wieder zu richten. Vergebens, weswegen ich kurz schmollte.

„Was hälst du von ihnen?", fragte Yoonie mich, als ich mich neben ihn ans Geländer lehnte.

„Du meinst einzeln?"

„Ja schon."

„Hm, naja ich find ja alle richtig nett. Aber du scheinst da anderer Meinung, nicht wahr? Du guckst Taehyung immer so seltsam an." Ich musterte ihn prüfend und runzelte dabei meine Stirn.

Mein Hyung war ein Rätsel für sich, weswegen ich alles von ihm aufschnappen musste, um ihn deuten zu können. Dabei war ich schon richtig gut darin geworden. Es bedarf eigentlich gar nicht mehr viel.

Generell könnte es doch jeder. Solange wir den Menschen nicht nur zuhören, sondern sie dabei auch noch ansehen, werden wir erfahren wie es ihnen wirklich geht.

Yoongi-Hyung zuckte mit den Schultern, so als wäre es etwas belangloses, seine Augen verrieten aber etwas anderes. Er machte sich immer Sorgen.

„Er starrt eben komisch. Auf dich, Kookie! Das gefällt mir nun mal nicht besonders. Ich weiß nicht was der will, aber ich werde alles tun damit er dir nicht zu nahe kommt."

Und zu viele Gedanken. Ich hätte die Augen verdrehen können.

Aber halt! Was sagte er da?!

„Hyung!", meinte ich empört und boxte meinem Bruder die Schulter.

Als ob dieser Tae ein Auge auf mich geworfen hat!

„Es ist meine Aufgabe euch zu beschützen, Jungkook! Und vor allem meinen kleinen Maknae!"

Als er meinen Namen ganz aussprach, war ich ruhig. Es war ihm ernst, das wusste ich. Trotzdem waren seine Worte ein wenig überrumpelnd.

„Selbst wenn ich auf Jungs stehen würde - was ich erst weiß, wenn ich es weiß -, warum darfst du dann bestimmen, wer mir zu nahe kommt und wer nicht? Das ist nicht fair.", sagte ich leise.

Es stimmte. Seit Jinnie hatten wir erst richtig angefangen uns mit diesem Thema zu beschäftigen und natürlich würden wir dadurch viel offener für alles. Auch wenn ich nicht wusste, was auf mich zukommen sollte. Es war mir egal. Hauptsache wir waren glücklich.

Und Yoongis Beschützerinstinkt war normal, jedoch manchmal auch etwas hinderlich.

Seufzend legte er einen Arm um mich und streichelte mich, als ich mich gegen ihn lehnte und meine Augen schloss. Ich liebte diese Momente mit meiner Familie. Ich war zufrieden, eigentlich brauchte ich nichts weiter als sie.

„Weil du nicht auch etwas zu beklagen haben sollst.", sagte Yoonie schließlich.

Einen kurzen Moment sagten wir nichts, bis ich aufsah und ihn traurig musterte.

Er machte sich wirklich zu viele Gedanken. Zu viele über den Verlust in unserer Mitte. Zu viele darüber, dass er schuld war, obwohl das nicht der Fall war.

Aber mein Hyung erkannte es nicht - oder wollte es zumindest nicht. Ich wünschte nur, dass er auf uns hören oder wenigstens mit uns reden würde. Aber er war schon immer verschlossener, das zeigte schon sein Notizbuch.

Vielleicht konnte es ja bald jemanden geben, dem er sich anvertraute, weil es niemand wichtigeren gab. Ich wünschte ihm dieses Glück, er hatte es am meisten von uns verdient wieder Lächeln zu können.

Deswegen nickte ich leicht und stimmte dann zu. Er sollte sich nicht auch noch zu viel um mich Sorgen. „Okay Yoongi-Hyung."

Schnell drückte ich ihn noch einmal, um ihn wissen zu lassen, dass ich für ihn da war. Ich wusste, worüber er wieder nachgedacht hatte, aber er sollte damit aufhören.

Nachdem die Badtür sich öffnete und alle herausstolperten, kam Jinnie aus seinem Zimmer und sah sie etwas gereizt an. „Können wir drei auch rein, ja?"

„Was ist denn mit dir los? Normalerweise ist doch Yoongi derjenige mit den schlechten Nerven.", fragte ich überrascht, woraufhin Yoonie zustimmend nickte.

„Mein Gesicht braucht eben auch Pflege, deshalb würde ich mich noch gerne frisch machen und dann ins Bett gehen.", gab Jin zur Antwort und fuhr sich kurz durch die rosa Haare.

Achso.

„In Ordnung Principessa.", sagte Namjoon und gab Jin einen kurzen Kuss auf die Wange. Letzterer schmunzelte und ließ sich die zarte Berührung von seinem Freund gefallen.

„Okay, das wird mir hier zu kitschig - also ab ins Bett JoonJoon!", sagte Taehyung, der sich jetzt zwischen sie drängte und seinen Freund ins Gästezimmer schickte.

Kurz bevor der Braunhaarige darin verschwand warf er mir noch einen Blick zu, den ich schüchtern erwiderte.

Lächelnd verschwanden wir beide in den Räumen, nur eine Tür voneinander entfernt.

Stigma [TAEKOOK]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt