Die letzten Ferienwochen verbrachte ich damit die Jungs besser kennen zu lernen. Yoongi-Hyung allerdings schlief lieber oder schmollte herum, auch wenn er einen sanften Kern hatte und diesen ab und zu dem Mochi der Gruppe zeigte.
Es war schon süß, wie die beiden normal miteinander redeten und Jimin immer wieder über das Gesagte meines Bruders lachte, wobei er die anderen drei Neuen mit einem Grummeln abzuwimmeln versuchte.
Ich schätzte, dass Chim einfach einen viel zu sanften Jungen darstellte, als dass Hyung etwas gegen ihn hätte sagen können.
Hobi war ebenfalls fröhlich und immer gut drauf, wie der Orangehaarige, allerdings ein wenig mehr aktiver. Namjoon war eher ruhiger und kümmerte sich immer darum, dass es allen gut ging - da stellten er und Jinnie wirklich ein Ehepaar mir Kindern dar.
Aber der Lilahaarige achtete auch immer darauf, wie er mit seinem Freund umging. Jin-Hyung hatte schon Einiges an schlimmen Ereignissen erlebt und genau deswegen hatte er Angst es der Öffentlichkeit zu zeigen. Sogar bei uns hielten sie sich zurück und eben das war es, was ich so toll an Joonie fand. Er sorgte sich um meinen Bruder und wollte sich immer bewusst sein, dass es ihm gut ging.
Und dann...gab es da noch Taehyung. Der gut aussehende 16-Jährige, der immer glücklich schien, gleichzeitig aber auch so anders.
Es war schwer zu beschreiben, nur wusste ich, dass er nicht nur fröhlich war wie die anderen.
Gerade lief ich mit ihm durch die Stadt zu meinem besonderen Ort. Jaja, schon irgendwo ein Klischee, aber ich mochte es mal rauszukommen und das Wetter zu genießen, am liebsten am Wasser, wo die Menschen, die keine Boote hatten einen Bogen drum machten. Es war ruhig und bequem.
Wir waren dort früher gemeinsam als Familie zusammen unterwegs um spazieren zu gehen. Einige wunderschöne Erinnerungen verband ich mit diesem Ort.
„Entschuldige, das muss ich dich fragen. Wo führst du mich gleich nochmal hin?", riss mich Taes Stimme aus meinen Gedanken.
Ich sah zu ihm und lächelte. „Keine Angst, ich werd dich schon nicht umbringen." Auf sein verzogenes Gesicht hin lachte ich. „Ich war früher immer mit meiner Familie da. Keine Ahnung, ich mag den Platz, es fühlt sich gut an seinen Gedanken freien Lauf zu lassen."
„Kannst du das nicht auch in deinem Zimmer? Warum ewig hinlaufen?", fragte er und schmunzelte, als ich erneut lachte.
„Frische Luft tut mir gut, ich finde es besser und meistens halte ich dort nur an, wenn ich joggen gehe."
„Und dann ist er auch noch sportlich.", meinte er gespielt erschöpft.
Ich schubste ihn sanft zur Seite, bevor ich etwas schüchtern, lächelnd auf den Boden sah. „Gar nicht so sehr.", meinte ich leise und es entsannt kurz Ruhe, in der wir einfach weiter liefen.
Als ich aufsah, schüttelte Tae leicht seinen Kopf und presste die Lippen aufeinander, während er sich ein Lächeln verkniff.
„Kookie, du bist unglaublich."
„Unglaublich? Weswegen?" Fragend legte ich meinen Kopf schief.
„Einfach nur unglaublich.", sagte Tae leise und dank seiner Stimme klang es rau und dunkel.
Mir fuhr eine hälftige Gänsehaut über den Körper, als mir der Wind durchs Haar wehte. Schnell sah ich wieder nach vorn und konzentrierte mich auf den Weg.
Nach ein paar weiteren Minuten waren wir angekommen. Das Wasser des Hafens glitzerte so wundervoll in der Sonne. Ich genoss diese letzten Sommertage in vollen Zügen.
„Sag mir nicht, ihr habt ein Boot, von dem wir noch nichts wussten.", meinte Tae, als er vor dem Steg stehen blieb und mich mit großen Augen ansah.
Ich lachte. „Wir kenne uns gerade mal eine Woche, da hätte das passieren können, aber nein. Ich muss dich enttäuschen, so reich sind wir nicht."
„Damit würdest du mich nie enttäuschen können.", sagte er gelassen, seine Hände in den Hosentaschen vergraben.
„Was?"
„Es ist mir egal wieviel ein Mensch verdient oder wie er aussieht. Mir ist wichtig, dass nicht nur ich, sondern auch die anderen um diese Person herum gut behandelt werden."
Ein wenig perplex starrte ich ihn einen Moment lang an, während er seinen Blick übers Wasser schweifen ließ und leicht lächelte. Wahrscheinlich sogar dieses Lächeln, das er selbst nicht bemerkte.
Taehyung hatte mir gerade erzählt, dass es ihm auf den Charakter ankam, und bis auf meine Familie hatte das bisher noch kein Mensch getan. Mrs. Thompson, ja, aber sie war so ziemlich die einzige Kundin, die immer höflich war.
Unfassbar war es für mich also nach all den Jahren, dass jemand vor mir stand und so etwas zu mir sagte, während ich langsam verstand, warum Jinnie diesen Jungen mochte.
Als Tae meinem Blick begegnete, wurde sein Lächeln breiter und auch ich konnte mir keines verkneifen. Es war ansteckend.
Ich nahm seine Hand in meine und führte ihn mit einem leisen „Komm" zum Ende des Stegs, auf den wir uns dan setzten. Wir ließen die Beine knapp über der Wasseroberfläche baumeln und sahen über den Hafen.
Es fühlte sich gut an in seiner Nähe, irgendwie vertraut, und ich fragte mich wie das ging, da wir uns doch noch nicht mal einen Monat kannten. War es weil ich so normal mit ihm reden konnte? War es, weil es mich faszinierte, wie eine so hübsche Person sich mit mir unterhalten konnte? Hatte es etwas mit Jinnies Entscheidung zu tun? Mit dem was Yoongi-Hyung gesagt hatte? Wollte ich einfach nur so dringend einen Freund?
Nein. Ich brauche etwas Echtes. Ich brauchte die Versicherung, dass ich demjenigen vertrauen konnte.
Und das konnte ich bei Tae.
Wir blieben ruhig. Ab und zu sah ich nach oben zu den Vögeln, die so fröhlich zwitscherten, und lächelte. Bis ich dann zu meiner Rechten sah, wo Taehyung saß und mich anschaute, anstatt unsere Umgebung.
Einen Moment lang taten wir nichts. Wir sahen uns nur in die Augen, den Rest blendeten wir aus. Er lächelte mich leicht an und ich fragte mich, wie lange er mich wohl schon beobachtet hatte.
Mit roten Wangen senkte ich meinen Kopf und starrte ins Wasser hinein.
„Wie bist du auf diesen Ort gekommen?", fragte er mich dann leise.
Ich schluckte meine Benommenheit herunter. „Wir waren vor Jahren als Familie immer zusammen in der Stadt unterwegs. Ich weiß nicht, es hatte mir schon immer gefallen, weil hier so wenig los ist. Ich bin nicht so gern in der Öffentlichkeit, aber ich gehe gerne raus und das ist der perfekte Platz."
Ich lächelte bei dem Gedanken an die Ruhe und was mir dieser Ort schon für viele friedliche Stunden geschenkt hatte.
„Was hast du gegen die Öffentlichkeit?"
Es brauchte einen Moment, bevor ich mich bewegte. Ich sah ihn an, er mich ebenfalls mit einem fragenden Blick, aber ich sagte nichts. Ich versuchte es nur mit einem schwachen Lächeln abzutun.
„Das erfährst du noch."
„Okay.", meinte er nickend und drehte sich zurück nach vorn.
Überrascht schaute ich sein Profil an. Wollte er wirklich nicht weiter nachhaken?
Ich tat es ihm gleich und sah nach vorn, genoss weiterhin die Stille um uns herum, außer dem sich bewegenden Wasser und den Vögeln.
„Danke.", sagte ich dann.
Tae bewegte seinen Kopf zu mir, das wusste ich. „Ich werde dich zu nichts zwingen, solange es nicht nötig ist."
Ich lächelte. Er klang schon fast so wie Yoonie.
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Stigma [TAEKOOK]
Fiksi PenggemarFortsetzung zu Serendipity A TaeKook Story Band/ Bruder 2 Stigma bedeutet Schandmal. Wenn du anders bist, als die anderen. Wenn es unerwünscht ist. Jungkook hatte sich seine letzten Jahre an der Schule vollkommen anders vorgestellt. Mobbing und alle...