„So mein kleiner Mann, gleich müsste Damian kommen" sag ich zu Ben, während ich ihm sein Trikot anziehe. Es passt perfekt, als wäre es genau für diesen Tag gekauft worden. Alex hat ihm das Trikot kurz nach seiner Geburt gekauft, auf dem Rücken steht Ben und die Nummer 14, weil er ja am 14.11 geboren ist. Normalerweise ist bald Ben seine Schlafenszeit und ungern reiße ich ihn aus seinem Rhythmus, aber heute ist es eine Ausnahme. Da wir heute morgen spazieren waren und er danach eingeschlafen ist, hat sich sein Mittagsschlaf nach hinten verschoben, was dazu führt, dass er jetzt putzmunter ist, alles hat sein Sinn und seine Logik, alles fügt sich, würde Alex jetzt sagen. Ben wusste wohl heute morgen um fünf schon, das sich sein Tagesablauf ändern würde und hat sich daher schon heute morgen um fünf dazu entschlossen aufzuwachen um sein Tag zu steuern. Wickeltasche und Fläschchen sind eingepackt, wir sind angezogen und los könnte es gehen, wenn wir nicht ungeduldig auf Damian warten müssten. Mit etwas Verspätung klingelt es an der Tür, ich nehme Ben und die Tasche, öffne die Tür und nicht nur Damian kommt sondern auch Alex sein Papa. Mit einem Lächeln begrüßt er uns und nimmt mir Ben ab und Damian nimmt mir die Wickeltasche ab „gut seht ihr aus mit euren Trikots!" sagt Opa Klaus und weiter sagt er „Oma konnte nicht mitkommen" das wiederum überrascht mich jetzt überhaupt nicht, sie knabbert sehr an Alex seinem Tod, wir alle, aber das eigene Kind zu verlieren ist sicher noch schlimmer für ein Elternteil, als alles andere auf dieser Erde. Wir Menschen müssen damit leben, wir leben mit dem Bewusstsein das es den Tod und das Sterben gibt, das uns ans Herz gewachsene Liebende Personen, irgendwann nicht mehr da sind, weil es der Lauf des Lebens ist, wir sind alle nicht für ewig da und geben wir mal zu, wer möchte das schon, ewig leben. Aber keiner möchte doch nach seinem Kind gehen müssen, die Trauer ertragen, das eigene Kind ins Grab zutragen, ich als Mutter mag mir den unglaublichen Schmerz nicht vorstellen. Ich schließe die Tür hinter mir ab, Damian schnallt Ben in Opas Auto an, sie sind mit Klaus seinem Auto gekommen, weil da ein Kindersitz ist. Als ich gerade in die Richtung zum Auto laufe, sehe ich unsere Nachbarn, das ältere Ehepaar Frau und Herr Bender. Sie steigt aus dem Auto aus mit Krücken und er hilft ihr heraus. Als mich beide sehen grüssen sie, jetzt kann ich natürlich nicht einfach dran vorbei ohne zu fragen was passiert ist, gestern hatte sie noch keinem Gips am Fuß und diese Frage erwarten ältere Menschen ganz einfach und es gehört sich ja auch irgendwie, obwohl ich Angst habe zu fragen, weil sie mir wahrscheinlich sofort ihre ganze Geschichte erzählen würden und ich keine Zeit dafür habe. Also muss ich meine Frage so stellen, das sie wissen, das ich kaum Zeit habe und eigentlich mag ich Familie Bender sehr gerne, sie sind beide ziemlich einsam und haben nicht viele Personen um sich, mit denen sie sich unterhalten können, also höre ich mir oft ihre Geschichten an, über früher, ihr kennenlernen und ihr gemeinsame Zeit die sie gemeistert haben.
Tilla: na ihr zwei, das sieht aber nicht gut aus!
Er: frag liebe nicht Tilla! Hannelore ist böse die Treppen gestolpert.
Tilla: Ohje, ich hoffe es nichts schlimmeres. Leider habe ich keine Zeit, wir müssen nach Düsseldorf, aber braucht ihr irgendwie Hilfe?
Sie: komm einfach die Tage vorbei, wir mussten unsere Reise mit dem Wohnwagen absagen, also sind wir zuhause und Hilfe brauchen wir nicht, Danke dir.
Tilla: das ist echt schade, ihr hattet euch doch so sehr auf euren Urlaub gefreut. Aber ich komme gerne morgen vorbei.
Ich verabschiede mich von Ihnen und wir fahren nach Düsseldorf in die Halle, mir ist irgendwie flau im Magen, der einzige der uns unterhält ist Ben im Auto, er plappert vor sich hin und die anderen zwei Männer sind genauso ruhig und nachdenklich wie ich gerade, Ihnen wird es genauso gehen wie mir, kein leichter Schritt für uns alle. Wir parken und laufen in den extra Eingang wo auch schon Harald steht, mein Lieblings Security Mann. Als er uns sieht, versucht er so zusein wie immer, seine Art wirkt trotzdem übertrieben, weil er sicher überfordert mit der Situation ist. Er drückt mich und mustert Ben „na kleiner Mann, das letzte mal als deine Mama hier war, warst du in Mamas Bauch" sagt und lacht er „das haben deine Eltern richtig gut hinbekommen" Ben mag Harald und platscht mit seiner Hand auf sein Hand, die Harald ihm reicht, dann drückt Harald mich „es tut mir alles sehr leid Tilla, bleib tapfer mein Mädchen" flüstert er mir zu und ich kann ihn nicht mehr richtig anschauen, weil mich das alles emotional sehr mitnimmt.
Drinnen werden wir noch von anderen Mitarbeitern begrüße, ein Banner hängt an der Wand, mit Alex seinem Namen, die Spieler winken uns von weitem zu, beim Aufwärmen tragen sie Shirts mit Alex seinem Namen und ich suche Schutz bei Damian, weil mir die Beine zittern und ich Angst habe einzuknicken. Damian hält Ben und streicht über mein Rücken, was mich beruhigt und ich mit der Zeit entspannter werde. Das Spiel ist eigentlich ziemlich unwichtig, verfolgen kann ich es nicht wirklich, ich schaue mich dauernd um, sehe Veränderungen, den neuen Physiotherapeuten und merke, alles geht weiter auch ohne ihn, für alles gibt es einen Ersatz und vergessen ist er trotzdem nicht.
Nachdem Ben bewundert und in die Herzen aller aufgenommen wird, fahren wir mit dem Versprechen irgendwann wieder zukommen nachhause. Diesmal ist es Ben der ruhig ist auf der Rückfahrt und schläft, wir Erwachsenen reden miteinander, über den großen Verlust des Sohnes, des Bruders, des Vaters und des Verlobten, es sind Erinnerungen die wir teilen, einzelne Erinnerungen, gemeinsam erlebte Erinnerungen. Wir haben noch nie über Alex gesprochen danach, jeder leidert für sich selber und jeder denkt, wir müssen uns verstecken und nicht jedem zeigen, das es uns nicht damit gut geht. Wie soll es uns gut gehen, wenn das vermissen einfach nicht weggehen kann, weil wir es nicht wahrhaben wollen und irgendwie in uns die Hoffnung herrscht, das dies alles nur ein Albtraum ist und wir irgendwann aufwachen. Wir stehen schon mittlerweile eine halbe Stunde vor meinem Haus und unterhalten uns noch, bis ich dann die Müdigkeit spüre und einfach nur noch ins Bett muss. Damian bringt Ben rein, ich verabschiede mich von Klaus und richte Petra schöne Grüße aus, Damian legt Ben in sein Bettchen und an der Tür drückt er mich und gibt mir ein Kuss auf die Stirn „schlaf gut Tilla" sagt er ganz leise und geht aus der Tür.
Ich leg mich in mein Bett, obwohl ich unerträglich müde und erschöpft bin fällt mir das einschlafen sehr schwer, irgendwann nach tausend Gedanken und Überlegungen schlafe ich ein.Der Tag am nächsten Morgen ist ein ziemlich schlechter Tag für mich, ich bin schlecht drauf und innerlich habe ich so eine unglaubliche Unruhe, ich habe das Gefühl es passiert was und ich kann es nicht aufhalten, weil ich nicht weiß was es ist. So durcheinander bin ich das ich mir schon einbilde, es muss doch was passieren und warte regelrecht auf eine Nachricht. Ben spielt in seinem Laufstall und ich lenke mich mit putzen ab. Ich entscheide mich etwas umzuräumen um eine Veränderung zu bekommen, als ich die Bücher ausräumen möchte, fällt mir Alex sein Tablett entgegen, den hatte ich ja total vergessen. Erschrocken setzte ich mich auf die Couch und starre das Teil an, als hätte ich so ein Teil das erste mal in der Hand, Ben kreischt von seinem Laufstall und ruft mich quasi. Ich stehe auf, hol ihn raus und setzte mich wieder auf die Couch und immer noch halte ich das Tablett in der Hand, bis Ben danach greift. Ich schaue ihn an, weil er total neugierig drauf reagiert und glaubt es ist was zum spielen „soll ich es mal anmachen Ben?" frag ich ihn und Ben reagiert nicht drauf, er greift sogar nicht mehr danach. Ich drücke den Knopf und zu meiner Verwunderung geht es sogar an und der Akku ist nicht leer, im Hintergrund des Bildschirmes ist ein Bild von uns als Familie, da ist Ben gerade mal ein paar Tage alt. Alex hat einige Ordner angelegt und sortiert, Bilder, Dokumente, Videos. Mein Atem wird immer schwerer, ich bekomme einen trockenen Mund, ich könnte mir ein Video anschauen und Alex sehen und sogar seine Stimme hören die ich sosehr vermisse. Lange sitze ich da und überlege, Ben muss meine Unsicherheit gespürt haben, er drückt sich an mich und legt sein Kopf auf meiner Brust ab. Mit einer Hand halte ich Ben, mit der anderen Hand das Tablett und ich gebe Ben ein Kuss auf sein Köpfchen „komm Ben, es wird Zeit für den nächsten Schritt" ich drücke auf ein Video, zuerst sieht man ein Rauschen und ein einstellen von der Kamera und plötzlich taucht Alex um die Ecke auf mit Ben im Arm und sie setzten sich vor die Kamera. Mein Herz bleibt kurz stehen, ein stechender Schmerz überkommt mich und dann muss ich aber Lächeln weil sie so goldig zusammen aussehen „so Ben, Mami ist duschen und wir zwei schaffen Erinnerungen..." Alex legt los und erzählt was von Liebe, Glück und Ewigkeit, Ben und ich schauen es uns an und hören seiner Stimme zu. Als Ben aber die Stimme seines Vaters das erste mal seit langem hört, schaut er etwas verwirrt, als kenne er die Stimme und könnte es nicht mehr einordnen woher. Immer wieder greift er auf den Bildschirm und streift drüber und manchmal antwortet er seinem Vater, ich bin in einem Gefühlschaos gefangen, seine Stimme zu hören, den Klang bei gewissen Wörtern wie er sie ausspricht, wecken Erinnerungen in mir, Gefühle und Berührungen als würde es gerade geschehen. Tränen laufen mir die Wange hinunter, ich mache dass Tablett aus, drücke Ben an mich und dann schau ich ihn an „Ben wir müssen hier raus" sag ich ihm. Mit ihm im Arm gehe ich aus dem Haus, zu meinem Nachbarn den Benders. Horst Bender öffnet mir die Tür und sieht ziemlich geschafft aus „bekomm ich euer Wohnwagen?" frag ich ihn ohne drumherum zu reden und er lacht „Hannelore, wir müssen es ihnen nicht mehr anbieten! Sie fahren in den Urlaub!" ruft er ihr zu und ich Fall ihm in die Arme.
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Hold my hand
FanfictionMan weiß nie wo sich unsere Wege hinführen, nicht wie weit wir gehen können! Man glaubt glücklich zu sein, dass nichts mehr schief gehen kann, aber manchmal ist nichts wie es aussieht! Manchmal verändert sich alles von einer auf die andere Sekunde...