Kapitel 69

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Roman macht sich langsam fertig für sein Training und wir beobachten ihn wie er alles zusammen räumt. Ich wickle Ben, weil wir auch bald los wollen, gestern hat es ihm schon spass gemacht mit der U-Bahn zu fahren und sicher wird es ihm heute auch gefallen. Ich ziehe Ben seine neue Jeans an, die ihm total süß steht, wir hatten sie in Schweden gekauft, noch war sie etwas zu groß und schon innerhalb kürzester Zeit passt sie ihm wie angegossen „so mein Schatz, Roman fährt gleich arbeiten und wir zwei machen die Stadt unsicher!" erzähl ich ihm, als gerade Roman um die Ecke kommt „ich habe alles und kann los, ich darf bloß nicht zu spät kommen. Unser Trainer hat neue Regeln aufgestellt, für jede Verspätung müssen wir zehn Runden extra um den Platz laufen! Ehrlich gesagt hab ich keine Lust noch länger von euch getrennt zu sein, also heißt es, ich muss pünktlich sein" klärt er uns auf. Ich stehe auf und wir gehen zu Roman um ihn zu verabschieden. Seit ein paar Tagen, wenn ich zu Ben sage, „gib Mama ein Küsschen", spitz er seine Lippen und streckt sein Sabber Mund mir entgegen und gibt mir tatsächlich ein Küsschen. Mein Mama Herz war natürlich außer Rand und Band als er es dass erste mal gemacht hat und was soll ich sagen, jede Gelegenheit wird genutzt um ein Küsschen von ihm zu ergattern. Wir stehen vor Roman, der bereit ist um sich zu verabschieden und ich sag zu Ben „gibst du Roman ein Küsschen" und mein braver Sohn spitzt seine Lippen und verpasst Roman einen feuchten Kuss „so einen schönen Kuss hast du sicher noch nie bekommen" frage ich Roman, der gerade seine Lippen etwas vom Sabber befreit „das stimmt, so liebevoll wurde ich noch nie geküsst! Wenn die Mama jetzt auch noch ihre Lippen spitzt, kann es nicht mehr übertroffen werden!" sagt er mit einem Schmunzeln und ich erfülle ihm den Wunsch. Wir winken Roman noch zu, bis er zur Tür läuft, an der Tür dreht er sich noch einmal um „wollen wir heute Abend was Essen gehen?" fragt er mich, was mich etwas überrascht. „Wohin Essen gehen? Uns würde jeder sehen!" obwohl ich natürlich gerne mit ihm Essen gehen würde, aber das Risiko entdeckt zu werden, wäre einfach zu groß, schließlich kennt jeder ihn „du hast recht, wie konnte ich das vergessen!" sagt er etwas bedrückt, dann wirft er uns einen Kuss zu und zieht die Tür hinter sich zu. Ich überlege kurz ob es eine andere Lösung für uns geben könnte, wenn wir nicht hier Essen gehen können, sollten wir vielleicht wo anders hinfahren, er war etwas geknickt, zumindest hatte ich das Gefühl, dass er geknickt ist. Leider fällt mir keine Lösung ein und wo sollten wir auch woanders hin? Vielleicht fällt mir später was ein, wenn ich unterwegs mit Ben in der Stadt bummele.

Ben und ich haben schon einige Geschäfte abgeklappert und sind natürlich auch übertrieben fündig geworden. Habe ich überhaupt mal erwähnt, das es einfach viel zu viele süße Sachen für kleine Jungs gibt, die unbedingt gekauft werden müssen. Natürlich übertrifft es bei weitem nicht die Mädchen Fraktion, an der ich sowieso einfach durch marschiere, ich denke, ich bin eher fähig Jungs zu bekommen, ich habe es irgendwie im Gefühl, sowas weiß man manchmal. Nachdem wir viele neue und alte Geschäfte entdeckt und wieder lieb gewonnen haben, wird es Zeit für eine Belohnung. Ben hat sich definitiv ein Bällchen Eis verdient, so toll hat er Mamas Kaufrausch mitgemacht, sein erstes Eis seit unserem Urlaub, wo er total verrückt danach war und Mutti bekommt einen starken Kaffee zum Energie tanken. Mein kleiner Spatz und ich sitzen mit unserer Ausbeute und unserer wohlverdienten Belohnung auf einer Bank. Vor uns ist ein Strassenmusiker der seine Kunst auf seiner Geige präsentiert, verschiedne Düfte kommen uns entgegen. Ich hatte vergessen das heute Markttag in Dortmund ist, da ist immer viel los in der Nähe vom Bahnhof. Ben sitzt auf meinem Schoß und versucht mir sein Eis aus der Hand zu reißen, das er soviel Kraft entwickeln kann, wusste ich bis heute nicht! Er möchte es unbedingt alleine probieren, weil er sicher Angst hat nicht alles zu bekommen, womit er auch recht haben sollte. Zuviel Eis ist nicht gut für so einen kleinen Jungen, auch wenn es ein heisser Sommertag ist und es ihn abkühlen würde. Gerade als wir mit unserem Kampf um das Eisbällchen fertig sind und ich Ben sein Mund mit einem Feuchttuch sauber mache, höre ich von irgendwo meinen Namen. Ich drehe mich um und kann niemanden entdecken, vielleicht habe ich es mir einfach nur eingebildet, denke ich mir, als ich wieder ganz deutlich meinen Namen höre, bin ich verwundet. Diesmal brauch ich nicht in der Menge suchen und Sarah steht unerwartet vor mir. „Hallo Tilla" sagt sie und drückt mich einfach ohne das ich groß drauf reagieren kann, Sarah setzt sich zu uns auf die Bank und lächelt. Ich bin gerade etwas überrumpelt und eigentlich hätte ich auch nicht erwartet hier jemanden zu treffen und schon garnicht Sarah. Ben hat nach seinem Eis Durst, ich greife nach seinem Wasserflächchen und reiche sie ihm.

Sarah: wie schön dich hier zu treffen, nach so langer Zeit! Ewigkeiten ist es schon bestimmt her, oder?

Tilla: ein paar Jahre!

Sarah: stimmt, nach dem du hier weggezogen bist hatten wir überhaupt kein Kontakt mehr. Eigentlich schade!

Tilla: so ist das Leben, man verliert sich aus den Augen!

Sarah: wie geht es dir? Und das ist dein Sohn? Julian hatte mir schon gesagt, das du Mama geworden bist!

Tilla: ja, das ist mein Ben.

Sarah: er sieht überhaupt nicht aus wie du!

Tilla: stimmt, er kommt total nach seinem Papa.

Sarah: sein Papa, Tilla das was mit ihm passiert ist, es tut mir wirklich leid für euch. Das hast du nicht verdient!

Tilla: das hätte keiner verdient Sarah!

Sarah: ich habe mich nie gemeldet, ich wollte dir gerne sagen, wie leid es mir tut, aber ich habe mich nicht getraut. Nach all den Jahren
sich melden, ist irgendwie merkwürdig.

Tilla: ist schon okay! Ich mag darüber auch nicht reden, versteh mich nicht falsch, aber es ist einfach zu persönlich.

Sarah: nein, kein Problem, ich verstehe dich! Wie geht es dir, ich meine euch? Was macht ihr in Dortmund?

Tilla: uns geht es gut. Ich wollte Ben Dortmund zeigen, Bekannte besuchen und shoppen,was man halt so macht.

Sarah: shoppen in Dortmund? Bei euch in Düsseldorf kann man doch besser shoppen!

Tilla: mit dem Nötigen Kleingeld ja, aber ich liebe Dortmund und hier ist die Atmosphäre viel menschlicher und angenehmer!

Sarah: stimmt, du hast recht! Eigentlich würde ich Dir gerne vorschlagen einen Kaffee trinken zu gehen, aber ich bin mit einer Freundin verabredet.

Tilla; ich habe eh nicht mehr viel Zeit und muss los. Lass deine Freundin nicht warten.

Sarah: Hanna kann ruhig ein paar Minuten warten, das ist nicht so dramatisch! Kennst du Hanna? Die Exfreundin von Roman, weißt du das sie getrennt sind?

Tilla: über Exfreundinen rede ich nicht mit Roman!

Sarah: ihr habt Kontakt?

Tilla: Kontakt? Warum fragst du mich das? Warum redest du plötzlich von Roman?

Sarah: ach keine Ahnung! Er hat sich total verändert die letzten Monate, außerdem hat er Ärger mit Manuel und mit Jule hatte er sich immer gut verstanden und plötzlich hat er kaum Zeit und sie reden wenig miteinander. Jule macht sich sorgen.

Tilla: es wird sicher seinen Grund geben, vielleicht sollten sie sich einfach mal aussprechen.

Sarah: Roman möchte nicht, Jule hat es schon versucht und mit Manuel ist es zwecklos.

Tilla: Sarah ich habe ehrlich keine Lust über Roman zu reden. Ich kann und möchte mich nicht dazu äußern. Ich bin hier um mit Ben einen schönen Mittag zu verbringen und nicht mich über Roman und Jule seine Freundschaft zu äußern, außerdem kenne ich Manuel nicht, also auch das mag ich nicht beurteilen. Ich denke du solltest jetzt wirklich nicht deine Freundin warten lassen.

Sarah steht auf, schaut zu Ben der gerade an seiner Flasche nuckelt und dann lächelt sie „vielleicht sehen wir uns irgendwann zufällig wieder und haben dann Zeit für einen Kaffee" sagt sie ganz freundlich „bestimmt Sarah" antworte ich ihr und nach einem kurzen drücken geht sie zu ihrer Verabredung. Ihre Worte lassen mich aber grübeln, Roman hat nicht erwähnt das die Beziehung zwischen Jule und ihm angekratzt ist. Ich überlege gerade ob ich der Grund bin, aber warum sollte ich es auch sein. Nach dem Sarah weg ist, entschließe ich mich zurück zufahren, Roman müsste auch bald zurück kommen. Ben und ich sitzen im Bus, diesmal habe ich gedacht, das wäre mal eine Abwechslung für ihn und wir würden mehr von der Umgebung sehen. Ben sitzt auf meinem Schoß und er schaut mit mir raus, wir fahren an einem Restaurant vorbei, was ich schon länger kenne, Roman und ich waren früher sehr oft dort. Wie schön wäre es wieder dort hinzugehen, so wie früher ungezwungen, so wie er es heute morgen vorgeschlagen hatte. Damals arbeitete eine Freundin von mir dort, ob sie noch da arbeitet, frage ich mich gerade, eigentlich wäre es doch sehr schön sie wiederzusehen. Aber jetzt erst einmal geht es zu Roman und wir werden einen schönen Abend zusammen verbringen.

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