Kapitel 84

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Zwei warme Arme umschlingen mein Körper, kleine zaghafte Küsse werden auf meinem Nacken verteilt. Ich genieße die Wärme und das kribbeln auf meinem Körper. „Guten Morgen meine süße" wird in mein Ohr geflüstert. Ich reiße meine geschlossenen Augen auf, weil die Stimme die ich höre, nicht Roman seine Stimme ist. Mein ganzer Körper  wird von einem Schauer überströmt, das kann doch nicht wahr sein, das ist doch die Stimme von meinem Alex. Langsam drehe ich mich um und tatsächlich, es ist Alex. Ich bin verwirrt, Alex, wie kann es sein, wie ist es möglich „Alex du?" frag ich ihn mit zitternder Stimme „ja wen hast du den erwartet?" lacht er schelmisch. „Du bist tot, du hattest ein Autounfall!" Alex schaut mich verwirrt an und dann berühren seine Lippen meine. „Fühlt sich das an, als wäre ich nicht lebendig?" fragt er mich. Sie sind so weich und warm, nicht so wie in meiner Erinnerung, als ich ihn ein letztes Mal in dieser Halle zum Abschied küsste. Ich bin verwirrt, was ist das hier, warum ist das alles hier so real? Alex spielt mit meinen Locken, streift mir übers Gesicht, es fühlt sich so gut an, es ist alles so vertraut, ich habe seine liebevollen Berührungen vermisst. Plötzlich meldet sich über das Babyphone Ben, er brabbelt vor sich hin, wirkt ausgeschlafen und entspannt. Alex dreht sich zum Babyphone und lächelt liebevoll „wie schnell die Zeit vergeht! Unser Baby ist bald nicht mehr unser Baby! Ich weiß noch wie klein und zerbrechlich er nach der Geburt war und jetzt krabbelt er durch die Wohnung und ist kaum aufzuhalten. Ich danke dir für diesen wundervollen Sohn und die Erfüllung unseres Lebens. Ich liebe euch beide so unglaublich. Komm Tilla, lass uns aufstehen und zu Ben gehen, unserem Geburtstagskind gratulieren." Ich erhebe mich und Alex drückt mich wieder zurück, er beugt sich zu mir runter und zärtlich spüre ich seine Lippen, ein kleinen Anstoß mit seiner Zunge lässt meine Lippen auseinander gehen. Seine Zungenspitze berührt meine und in meinen Körper wird Adrenalin ausgestoßen. Ich  kann es nicht glauben, hatte ich das ganze letzte Jahr ein Alptraum und er war eigentlich nie weg? War Alex immer bei mir und hat er all die wunderbaren Dinge, Schritte und Ereignisse von seinem Sohn miterlebt? Es fühlt sich alles so gut an, es kann doch nur die Wirklichkeit sein. Aber dann, plötzlich wird mir klar, Roman, was ist mit ihm? Ich liebe ihn doch auch und das mit ihm, das war doch auch real und das fühlte sich auch alles perfekt an! Wo ist er? Ich reiße meine geöffneten Augen auf und sehe irgendwen, aber niemand richtiges, Ben weint und wird immer lauter, ich bekomme Panik und fühle nur noch eine schwere auf mir liegen, ich muss aufstehen, ich muss Alex von mir runter bekommen, aber ich kann mich nicht bewegen. Was ist hier bloß los und dann schaffe ich es doch, ich reiße meine Augen noch weiter auf, außer Atem und verschwitzt schaue ich um mich herum. Ich liege alleine im Bett, mein Herz rast, mein Atem ist kalt und es war alles nur ein Traum, ein Traum was mich kurz zum überlegen bewegt. Was würde ich lieber wollen, Alex wieder zurück bei mir, oder so wie es läuft, mit Roman? Ich höre Ben seine Stimme und zum Glück muss ich mich nicht entscheiden, ich muss aufstehen, schließlich hat mein Baby heute Geburtstags.

Roman und Ben haben heute Geburtstag, bei uns ist eine kleine Feier mit den Opas und Omas, Damian, Clara, meiner Schwester, mit Ellen und meiner Nachbarin Gisela geplant. Roman werden wir heute nicht sehen, er hat heute Abend ein Bundesligaspiel. Eigentlich hätte ich mir gewünscht ihn wenigstens einmal kurz sehen zu können, aber das wird nicht klappen. Ich habe ihm gesagt, das er heute Abend was mit seinen Freunden unternehmen soll und wir es morgen nachholen werden. Ich stehe nach dem kurzen, fast real wirkenden Schock auf, zieh mir mein Bademantel über und dann mach ich mich zu Ben. Ich blicke durch seine Zimmertür, er liegt dort mit weit aufgerissenen Augen, er spielt mit seinen Fingern, manchmal lutscht er dran. Ihm wird nicht bewusst sein, was für ein besonderer Tag heute eigentlich ist, vielleicht denkt er sich heute den ganzen Tag, was ist denn hier los. Für die Erwachsenen wird heute ein aufregenderer Tag sein, als für ihn. Der Tag heute ist mit viel Freude, aber auch mit viel Traurigkeit verbunden. Vielleicht habe ich auch aus diesem Grund von Alex geträumt, als wäre es irgendwie die Wirklichkeit. Er wird sehr vermisst und gerade an so einem wichtigen Tag, wo er eigentlich hätte bei uns sein müssen.

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