62. Kapitel

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Nachdem Ilan einen vom Licht abgeschirmten Platzt, unter einigen Wurzeln gefunden hatte, legte er Danny behutsam ab. Doch als er sich zum gehen wandte ergriff der Junge seine Hand.
„Bitte geh nicht!", nuschelte er schlaftrunken.
Alan sah bewegt auf den übermüdeten Blondschopf hinab, dessen kleine Hand kraftlos die seine umschloss.
Er drückte die Hand und legte sich vorsichtig neben Danny. Dieser platzierte selig den Kopf auf seine Brust und streckte den anderen Arm nach Toby aus.
Toby zögerte erst, doch dann legte er sich peinlich berührt auf Dannys andere Seite.
Ilan lächelte. Es war schön die beiden bei sich zu haben.
Kurz darauf hörte Ilan das regelmässige Atmen Dannys und das grunzende Schnarchen von Toby. Er erhob sich leise.
Liebevoll betrachte er seine beiden Jungs, die nun friedlich schliefen.
Ilan selbst fühlte sich kein bisschen müde. Im Gegenteil, er strotzte geradezu vor Energie. Noch nie hatte er sich so lebendig gefühlt.
Nachdenklich dachte er über die Worte nach, die Danny über seine Augen gesagte hatte. Der Junge meinte, sie würden endlich wieder leuchten. Was, wenn dem wirklich so war?
Aufgewühlt trat er hinaus in das warme Licht des Baumes. Sein Blick glitt hinauf zu den vielen Lichtern.
Ilan kannte den Baum des Lebens bereits, doch er hatte ihn noch nie dermassen leuchten sehen. Seit langem hiess es, der Baum wäre am absterben.
Ihn jetzt so lebendig und kraftstrotzend zu sehen war wunderschön.
Ihm selbst ging es ähnlich. Die Energie in seinem Körper drängte danach ausgelebt zu werden. Er grinste glücklich.
Es war, als wäre alles was im wiederfanden war nicht mehr stark genug, um ihn zu beeinflussen.
Er zögerte, dann griff er aus einem inneren Impuls heraus in seine Hosentasche und beförderte den langen, dünnen Holzstab zutage.
Er spürte ein Kribbeln in seinen Fingerspitzen, als er ihn vor sich hielt. Das Kribbeln erfasste seinen gesamten Körper.
Ein unbändiges Verlangen ergriff ihn.
Gefasst bemühte er sich um einen festen Stand. Theoretisch war alles ganz einfach. Er kannte jeden Spruch und jeden Bann, er hatte alle Verwünschungen und Hexereien auswendig gelernt, doch das half ihm hier nur wenig.
Doch er war bereit. Das erste mal seit er einen Zauberstab in der Hand war er nicht unsicher und unfähig. Es fühlte sich endlich richtig an.
Sein Herz schlug heftig gegen seinen Brustkorb. Er atmete tief durch.
Er hörte Toby's schnarchen und lächelte.
Eine tiefgreifende Erkenntnis brach sich in ihm Bahn. All die Jahre hatte er sich an Personen gewandt, von denen er hoffte, dass sie ihn beschützen und behüten würden. Er hatte jemanden gesucht der ihn leiten würde und zu dem er Aufsehen konnte. Doch inzwischen war er älter. Nun war es an ihm zu beschützen und zu leiten. Vielleicht war es das, weshalb er all die Jahre überlebt hatte.
Worte formte sich in seinem Kopf und flossen, wie selbstverständlich über seine Lippen.
In seinem Körper begann es zu brodeln. Es war, als hätte die Energie sich all die Jahre aufgestaut, um jetzt endlich hervorzubrechen. Es war berauschend.
Sein ganzer Körper war erfüllt von Wärme.
Der Stab in seinen Händen war wie ein zusätzliches Glied seines Armes, der die Energie katalysierte und in die richtige Richtung lenkte.
Ilan lächelte unwillkürlich und seine Augen strahlten in der Farbe ihres Ursprungs.
Viel zu schnell war das Gefühl wieder vorbei.
Ilan wurde sogleich von einer ungeahnten inneren Zufriedenheit erfasst.
Etwas fiel vom Himmel herab und landete vor seinen Füssen. Ilan hob das nagelneue Brillengestell auf und setzte es sich befreit auf die Nase.

Bloody Legend - ColdbloodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt