20. Kapitel

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Julian gehörte definitiv nicht zu den Menschen, die gerne unvorbereitet an Sachen heran gingen. Das wurde vor allem mal wieder ziemlich deutlich, als er sich, ohne überhaupt schon einen Termin zum Kennenlernen vereinbart zu haben, auf den Weg in die Zoohandlung machte. Gut, vielleicht war er ein bisschen voreilig, aber selbst wenn das später alles nichts wurde, freute sich ja auch Nala sicher über ein paar neue Sachen oder nicht? Und außerdem war es wahrscheinlich auch gar nicht so schlecht sich auf einen möglichen Zweithund gut genug vorzubereiten, um nicht letztlich doch überrumpelt zu sein. Also war seine Entscheidung vermutlich auch die richtige.
,,Also, wie kann ich ihnen denn helfen, junger Mann?", eine Verkäuferin gesellte sich zu ihm, während er offenbar etwas verloren durch den Laden lief und irgendwie schon fast vergessen hatte, was er hier überhaupt suchte und wollte. ,,Ähm ja, also ich hole mir gegebenenfalls einen Zweithund und wollte eigentlich erst mal gucken, was ich so eventuell noch neu brauche!", Julian fuhr sich durch die Haare. Die Verkäuferin sah ihn etwas belustigt an, lächelte aber weiterhin freundlich: ,,Dann will ich Ihnen mal lieber helfen, in der Katzenabteilung werden Sie nämlich vermutlich nicht fündig!" ,,Oh!", Julian sah sich um und wurde mal wieder knallrot, die Frau hatte tatsächlich recht, hier würde er wohl nicht fündig und wie er hier schon wieder gelandet war, war ihm auch absolut ein Rätsel. ,,Was für einen Hund gedenken Sie denn sich zu holen?", die Frau führte ihn in die richtige Abteilung und Julian hoffte inständig, dass sie nicht versuchen, würde ihm etwas andrehen zu wollen, konnte er doch so schlecht nein sagen.
,,Einen Deutschen Schäferhund, ist auch noch relativ jung!", meinte Julian, sah sich etwas um und würde die am liebsten auch allein fortsetzen, traute sich jedoch natürlich auch nicht das zu sagen. Die Frau nickte leicht und beriet ihn bestmöglich, so dass Julian schließlich tatsächlich voll beladen zurück zum Auto steuerte. Er wollte definitiv nicht alles davon haben, aber vielleicht konnte man es ja wirklich irgendwie mal gebrauchen und falls er Askan jetzt doch nicht bei sich aufnahm, könnte er die Sachen ja vielleicht auch einfach spenden, war ja auch keine schlechte Idee, so vor Weihnachten.

LuCi

Hey, weißt du schon, wann und wo wir uns
jetzt treffen wollen?

Was hältst du von Morgen? 🤷🏼‍♂️

Ja, Morgen passt bei mir, aber erst gegen
Nachmittag, hab Morgens noch was zu tun.

Perfekt, ist bei mir genauso. 😂

Gut 😅

Und wo?

Also ja nicht bei einem von uns zu Hause oder?

Ja, wäre mir lieber so. 😅

Gut, mir auch. 😅

Was hältst du von einem Park oder einem
Spazierweg?

Das dürfte recht neutral, aber auch nicht
ganz so voll sein? 🤷🏼‍♂️

Klingt gut, kennst du diesen Weg zum Wald,
also der mit dem alten Spielplatz, der jetzt so
mega verkommen ist?

Jap, den kenn ich!

Morgen um 15 Uhr da?

Okay, abgemacht! 😄

Top, bis dann!

Bis dann!

War das wirklich eine gute Idee, was er da gerade vereinbart hatte? Irgendwie bezweifelte er es ein wenig, denn wer kam denn bitte auf die Idee sich an einem alten, verkommenen Spielplatz an einem angrenzenden Waldstück zu treffen, wenn es zu dieser Jahreszeit bereits um 17 Uhr meist völlig dunkel war. Das ganz war schon ein bisschen gruselig, wenn er so darüber nachdachte und desto länger er das tat, desto unwohler wurde ihm dabei.
Was wenn LuCi gar nicht das verletzliche Mädchen, das schon viele Rückschläge einstecken musste, war? Was wenn LuCi überhaupt gar nicht erst existierte und ihm einfach irgendjemand etwas vorgespielt hatte, weil ihm langweilig war, sich erhoffte ihn ausnehmen zu können oder er einfach einen scheiß Charakter hatte und Spaß daran fand, Leute so zu verarschen und mit ihnen zu spielen. Aber während er mit ihr geschrieben hatte, war ihm alles so verdammt echt vorgekommen, so als hätte ihm jemand von echten Emotionen und Geschehnissen berichtet und sich ihm ebenso verbunden gefühlt, wie er ihr.
Unsicher biss sich Julian auf seiner Lippe herum, sollte er ihr vielleicht doch noch absagen? Vielleicht steckten hinter dem Treffen ja wirklich keine guten Absichten...? Und vielleicht war Askan auch gar nicht erst ihr Hund, sondern irgendwo gestohlen worden und musste jetzt schnell und ohne großes Aufsehen wieder verschwinden. Aber eigentlich hatte er in LuCis Worten einen Menschen gesehen, der seinen Hund wirklich über alles liebte und es wirklich nur sehr schwer über das Herz brachte, sich von diesem wieder trennen zu müssen. All diese Eindrücke, die er gesammelt und vermittelt bekommen hatte, konnten doch nicht wirklich falsch sein, oder? Noch kurz vor dieser Vereinbarung hätte er wirklich darauf geschworen, dass LuCi seine Seelenverwandt war und bestimmt eine echt gute und treue Freundin abgeben würde, mit der man viel Spaß haben und der man blind vertrauen konnte. Aber jetzt...
Was könnte er ihr überhaupt glauben? Hatte er für irgendetwas von dem, was sie ihm im Laufe der Zeit erzählt hatte, jemals irgendwelche Beweise gesehen? Nein nicht wirklich, schließlich könnte auch das Bild, dass sie ihm von Askan geschickt hatte, einfach eins von irgendeinem Hund aus dem Internet sein. Aber Julian war ja auch nicht davon ausgegangen, dass er jemals in eine solche Situation geraten würde, bzw. dass er sich überhaupt auch nur Gedanken darüber machte, sich mit einer Person, die er nur durch das Internet kennengelernt hatte, traf und sich vielleicht auch noch deren Hund annahm. Nie hätte er mit etwas dergleichen gerechnet und wenn er sich an die Worte und Predigten seiner Mutter erinnerte, die ihn stehts vor so etwas gewarnt hatte, fühlte er sich gleich doppelt unwohl.
Sollte er, falls er nun denn wirklich wagte sich mit ihr zu treffen, wohl noch jemanden mitnehmen, der ihn mehr oder weniger versteckt begleitete und beobachtete, dass dort auch wirklich alles mit rechten Dingen zu ging und der im Notfall noch eingreifen konnte? Andererseits... jeder seiner Freunde oder Teamkollegen, dem er davon erzählte, hielt ihn danach vermutlich auch für naiv und verrückt. Außerdem wussten die meisten ja auch noch nicht mal etwas von seiner Freundschaft mit der Unbekannten.
Er war wirklich hin und her gerissen und schlief so auch die Nacht über entsprechend schlecht.

Unknown FriendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt