44. Kapitel

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Auch am nächsten Tag zeigte sich Julian Luca gegenüber ignorant und ließ ihn spüren, wie scheiße er sein Verhalten tatsächlich fand. Luca schien sich mittlerweile irgendwie damit abgefunden zu haben, er redete nach wie vor mit ihm, erwartete jedoch keine wirklich Antwort und versorgte sich größtenteils selbst mit Essen, was ihm so mehr schlecht als recht gelang. Jedoch versuchte er auch nicht mehr zwanghaft Julian um Vergebung zu bitten und hoffte darauf, dass er ihm mit der Zeit von ganz allein verzeihen würde und zeigte sich deutlich ruhiger als sonst.
,,Ich bin heute Abend nicht da!", Luca lehnte sich in den Türrahmen und beobachtete den Älteren, der sich etwas zum Abendessen machte, jedoch auch keine Anzeichen machte, ihm auf seine Aussage antworten zu wollen. Er seufzte leise und machte sich daran sich selbst auch etwas zu Essen zu machen, mit leerem Magen wollte er sich nicht gleich in den nächsten Club aufmachen. ,,Wann kommst du wieder?", Julian nahm sich eine gekühlte Wasserflasche aus dem Kühlschrank. ,,Irgendwann Morgen wahrscheinlich erst!", meinte Luca, überrascht darüber tatsächlich sogar eine Antwort zu bekommen. ,,Vergiss es, du bist Punkt Mitternacht zurück, vergiss nicht das ich vorerst dein Sorgerecht habe!", meinte Julian und machte sich wieder auf den Weg ins Wohnzimmer. ,,Ich bin 17 und keine 10!", empörte sich Luca, der es durchaus gewöhnt war hin und wieder nachts gar nicht mehr nach Hause zu kommen und erst irgendwann am nächsten Tag. Bisher hatte sich auch noch nie jemand daran gestört. ,,Mit 10 hättest ich dich erst gar nicht gehen lassen und sei froh, dass du es nach der Aktion überhaupt noch darfst und hör verdammt nochmal auf mit mir zu diskutieren. Punkt 12 Uhr bist du zu Hause und jetzt sei ruhig, ich will das gucken!", Julian stellte den Fernseher lauter. Er war wirklich nicht derjenige, der gern wandere herumkommandierte, aber die Sache mit den Drogen hatte ihm wirklich gereicht. Wenn er schon so nett war und Luca bei sich wohnen ließ, erwartete er zumindest, dass dieser ihm in seinem Verhalten auch entgegenkam und vor allem so lange, wie er noch das Sorgerecht für ihn hatte. Tatsächlich kam er sich dabei auch ein wenig so vor wie seine Mutter, die ihm irgendwelche Auflagen erteilte, bei denen er bei Missachtung dann Hausarrest oder irgendeinen Putzdienst verdonnert bekam, aber wahrscheinlich hing dies auch einfach mit der Verantwortung zusammen, die er nun für andere, beziehungsweise eben für Luca zu tragen hatte.
Luca versuchte wie erwartet nicht weiter mit ihm zu diskutieren und verließ gegen neun Uhr dann schließlich das Haus. Als es fünf Minuten nachdem er gegangen war, schon wieder an der Tür klingelte, war sich Julian ziemlich sicher, dass es lediglich sein Mitbewohner war, der entweder erhoffe, sich so Aufmerksamkeit zu verschaffen oder der seinen Schlüssel vergessen hatte. Kurz überlegte Julian, ob er auch wirklich zur Tür gehen sollte oder ob er ihn einfach draußen stehen lassen wollte, entschied sich schließlich jedoch dennoch dafür aufzustehen. Schwungvoll öffnete Julian die Tür und wollte Luca gerade einen Spruch entgegen drücken, als er einem dick eingepackten Łukasz entgegenblickte. ,,Hey, Marco meinte du brauchst wen zum Reden!", er lächelte leicht. ,,Oh ähm ja, das hab ich ihm geschrieben...", Julian war merklich überrumpelt von dem überraschenden Besuch. ,,Ich weiß!", Łukasz grinste: ,,Was meinst du wohl warum ich hier bin?" ,,Oh ähm so mega dringend und wichtig ist das echt nicht, dass du gleich vorbeikommen müsstest, eigentlich hab ich ihm das auch geschrieben...", meinte Julian etwas verlegen, für Besuch war es bei ihm seiner Meinung nach viel zu unangenehm und obwohl er wusste, dass Łukasz eine gute Seele war, hätte er am ehesten mit Marco über dieses Thema sprechen wollen. Die Situation war ihm wirklich unangenehm, aber wenn Łukasz schon extra vorbeigekommen war, wollte er ihn auch nicht gleich wieder einfach so wegschicken. ,,Ähm ja, dann komm mal rein!", Julian trat einen Schritt zur Seite und der Ältere tat dies dann auch.
,,Einfach hier irgendwo hinhängen?", wollte Łukasz wissen und hängte seinen Mantel über Julians, noch bevor dieser zustimmend nicken konnte. Sie machten sich auf den Weg ins Wohnzimmer, wo Julian erstmal noch schnell seinen Teller in die Küche räumte und dann zurückkam: ,,Kann ich dir irgendwas anbieten?" ,,Mhm, ein Bier wäre nicht schlecht!", der Ältere sah sich etwas in der Wohnung um und betrachtete die verschiedenen Bilder, was Julian mal wieder ein wenig unangenehm war. Klar hatte er die Bilder hier alle aus eigenem Interesse sichtbar aufgehängt, aber dennoch fand er es dann ziemlich privat, selbst vor seinen Teamkollegen. ,,Hier bitte schön!", Julian stellte das Bier auf den Wohnzimmertisch und setzte sich auf eine Ecke des Sofas. ,,Danke!", Łukasz lächelte, nahm das Bier, trank einen Schluck und machte es sich dann ebenfalls auf dem Sofa bequem. ,,Seit wann hast du denn zwei Hunde?", wollte er etwas verwirrt wissen. ,,Oh also das ist Luca..., ähm also Lucas Hund!", er bekam einen leicht roten Schimmer auf den Wangen: ,,Der wohnt doch bei mir, weil es bei ihm zu Hause nicht alles ganz so optimal lief!" Er hatte es knapp und zur Verwunderung der Übrigen bereits angeschnitten. ,,Stimmt!", erinnerte sich Łukasz: ,,Und wo ist der?" ,,Ähm der ist feiern gegangen!", meinte Julian und beobachtete Lukas der deutlich entspannter auf dem Sofa saß als er es tat. Łukasz nickte leicht: ,,Und was machst du an Weihnachten so ganz allein?" ,,Naja, eigentlich war ich ja nicht allein... und bis gestern war ich... waren wir auch noch bei meiner Familie in Bremen und haben da gefeiert!", meinte Julian, der sich bei solchen Worten immer noch etwas einsam in so einer großen Wohnung vorkam. ,,Uh schön, ich war bis heute Nachmittag auch in Polen!", er lächelte und musterte Julian genau: ,,Also, was ist los?" ,,Ähm ja ach so, wie gesagt es ist nichts Wichtiges und auch nichts so Dringendes... ich wollte eigentlich nur wissen, wo er seine Schuhe kauft", meinte Julian und Łukasz zog die Augenbrauen hoch, gut das war jetzt wahrscheinlich auch das dümmste, was ihm hatte einfallen können. ,,Also nochmal, worüber willst du wirklich sprechen?", wollte Łukasz wissen und sah ihn mit einem Blick ein, der ihm ziemlich deutlich machte, dass er sich nur mit der tatsächlichen Antwort zufriedengeben würde.

Unknown FriendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt