70. Kapitel

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Es war ihm einfach alles viel zu viel geworden, es sollte einfach nicht sein. Klar hatten die anderen sich extra für ihn so viel Mühe gegeben, damit er endlich die Chance bekam Luca näher zu kommen. Und jetzt, wo es endlich so weit war, wo der Moment gekommen war, auf den er so lange gewartet hatte, schmiss er alles hin und rannte weg. Was sollten die anderen bloß von ihm denken? Oder erst Luca? Der dachte jetzt doch mit Sicherheit, das er ihn einfach nicht leiden mochte und deshalb davon gerannt war. Vermutlich hatte er damit jetzt wirklich seine beste und einzigste Chance verspielt endlich etwas mit Luca anzufangen. Warum um alles in der Welt sollte dieser nun auch nur einmal mehr versuchen sich ihm anzunähern? Abweisender hätte Julian jetzt nun ja wirklich nicht reagieren können. Er war ja so ein verdammter Idiot.
Mit Tränen in den Augen ließ sich Julian außerhalb des Hotels in den Sand sinken, als er das Meer erreichte. Warum bloß hatte er sich überhaupt auf diesen verdammten Scheiß eingelassen? Warum verdammt hatte er sich so sehr in Luca verliebt? Warum verdammt musste er ausgerechnet schwul sein und alles so verdammt kompliziert machen, wenn es das für Andere doch auch nicht war... Es war doch vorher auch alles okay gewesen ohne Beziehung, ohne diese ganzen verdammten Gefühle... Mittlerweile konnte Julian seine Tränen wirklich nicht mehr zurück halten, sie rannten ihm in großen Strömen über die Wange. Er kauerte sich am Boden zusammen und ließ einfach alles raus, was sich über so lange Zeit schon bei ihm angesammelt hatte. Am liebsten würde er einfach nur so weit wie möglich weg von hier... irgendwo hin wo ihn niemand fand und er einfach seine Ruhe hatte... wo er niemanden sehen musste... Doch sein Körper streikte mehr denn je, mit Schluchtzkrämpfen hielt er ihn am Boden und er fühlte sich auch nicht wirklich in der Lage jetzt noch weiter dagegen anzukämpfen. Selten hatte er sich so verdammt machtlos und schlecht wegen etwas gefühlt. Was dachten ider redeten jetzt wohl die anderen über ihn? Machten sie sich lustig? Würden sie ihn aus dem Team ekeln wollen, weil er nicht zu ihnen und ihrer Toleranz und Offenheit passte? Nie hatte sich Julian so sehr wie jetzt gewünscht, dass er einfach keine Person der Öffentlichkeit war, das er nie mit irgendeinem Fußballspieler auch nur das geringste zu tun gehabt hatte und das er einfach von einem anstrengenden Arbeitstag im Baumarkt, Büro oder wo auch immer nach Hause kam um sich in seiner kleinen gemütlichen Landwohnung zurückzulehnen. Er war nie derjenige gewesen, der gut mit seinem Status zurecht kam, er war in dies alles einfach irgendwann irgendwie reingerutscht und fühlte sich jetzt wieder genauso erdrückt wie vor seinem Aufstieg zu den Porfis. Wäre er doch einfach nie so weit gekommen, so vieles wäre so verdammt viel einfacher geworden und ein niemand hätte sich derartig für sein Privatleben interessiert, er hätte einfach so sein können, wie er immer sein wollte, ohne diese Aufmerksamkeit, ohne das große Geld...
Vor lauter Schluchzen bemerkte Julian fast gar nicht, wie sich jemand neben ihn in den Sand sinken ließ. Es war so dunkel, dass er durch den Schleier aus Tränen auch niemanden wirklich erkannte, sein Schluchzen übertönte das gleichmäßige Atmen des anderen. Er sprach nicht, regte sich nicht, beobachtete ihn nicht, er saß einfach so da und rührte sich nicht, den Blick aufs Meer gerichtet. julian versuchte sich einigermaßen wieder in den Griff zu bekommen, sich wieder zu fangen, mit dem Weinen aufzuhören... doch es brauchte eine wirklich lange Zeit, bis sich sein Körper tatsächlich wieder etwas runtergefahren hatte und normal funktionierte. Seine Augen hatten sich mittlerweile an die Dunkelheit gewöhnt, sie waren zwar sicher rot, aber ohne den Tränenschleier konnte er nun auch endlich erkennen, wer sich da zu ihm gesellt hatte und sich noch immer nicht rührte.
Lucas Blick war nach wie vor auf das Meer fixiert. In seinen Augen spiegelte sich das Licht des Mondes, welches auf die Wasseroberfläche traf. Sicherlich hatte er bemerkt, das sich Julian wieder gefangen hatte, doch noch immer ging keine Regung von ihm aus. Nur langsam drehte er den Kopf kurz zu ihm, fixierte ihn und schwieg noch eine ganze Weile weiter, er schien selbst nicht zu wissen, was er nun sagen sollte, ob er was sagen sollte oder ob er überhaupt hier sein sollte, Julian ging es mindestens genauso. Der Jüngere öffnete den Mund leicht, schloss ihn nach einer Weile wieder, nur um ihn dann wieder zu öffnen. ,,Das vorhin...", er schien noch immer nicht wirklich zu wissen, was er sagen sollte, doch Julian bewunderte ihn schon dafür das er überhaupt etwas sagte. ,,Tut mir total leid...", Julian kämpfte gegen die augenblicklich wieder aufkommenden Tränen an, blinzelte sie jedoch erfolgreich wieder weg. Luca brauchte einen Moment bis er wieder den Mund öffnete: ,,Mir tut es leid... es war echt ne scheiß Situation für dich...", er seufzte tief, normalerweise grif er jetzt an seine Hosentasche, er tat es nicht. ,,Es muss dir nicht leid tun... du kannst ja nichts dafür...", hauchte Julian leise, er war sich nicht sicher ob Luca mit den anderen geredet hatte. ,,Doch schon, ich hatte nur Angst das ich dich verletze wenn ich zurück ziehe... ich hab nichts gegens küssen und so und ich bin auch nicht schwulenfeindlich oder sowas... es war nur einfach so unerwartet das du auf einmal weggerannt bist... ich dachte halt du bleibst und ja...", er redete leise aber doch sehr nah, Julian spürte seinen Atem neben sich. ,,Ich weiß nicht was mit mir los war, es hat sich einfach alles nicht richtig angefült... vor allen anderen... und... ach keine Ahnung...", man hörte die Verzweiflung sicherlich aus seiner Stimme heraus. Julian spürte einen warmen Hauch an seiner Wange. ,,Willst du es denn...?", wieder dieser Hauch, der ihm am ganzen Körper Gäsehaut bescherte, er spürte eine Hand an seiner Wange. Sein Bauch kribbelte wie verrückt, Julian lehnte sich ein wenig weiter nach vorne um seine Abneigung zu verneinen, er bekam keinen Ton raus. Er spürte deutlich Lucas Atem an seinen Lippen, bis er diese schließlich tatsächlich auf seinen spürte.

Unknown FriendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt