18. Kapitel

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Als sich Julian am nächsten Morgen regte, wusste er gleich das irgendetwas anders war als sonst. Er fühlte sich anders, es roch anders und da war auch noch irgendetwas anderes an seiner Seite. Zwar hatte er eigentlich nicht viel getrunken und müsste dem entsprechend auch drauf sein, doch für seine Verhältnisse war das echt eine ganze Menge gewesen, die sein Körper nur langsam wieder abbauen konnte. Er wusste echt nicht, woran genau es lag, aber er vertrug einfach gar nichts, was ihn eigentlich auch gar nicht störte, sondern eher dazu motivierte die Finger vom Alkohol zu lassen.
Er blinzelte und schloss die Augen auch gleich darauf wieder, das Licht im Raum war einfach viel zu grell. Aber wenn das Licht grell war und es demnach auch hell war, wie spät war es denn dann bitte schon, wenn es im Winter doch so spät hell wurde? Julian riss sich zusammen und öffnete die Augen wieder. Zwar brauchte er einen ganzen Moment, bis er sich wieder an das Licht gewöhnt hatte, doch konnte er wenigstens noch damit warten sich aufzusetzen, sonst wäre ihm vermutlich auch echt schwindelig geworden. Noch leicht schlaftrunken und vielleicht auch noch nicht wieder ganz klar im Kopf sah er sich um und entdeckte schnell, dass er die Nacht ganz offensichtlich nicht alleine verbracht hatte. Das Mädchen... Michelle, die er gestern Nacht im Club kennen gelernt hatte, hatte ihn offenbar nach Hause begleitet. Es brauchte eine ganze Weile, bis er sich daran erinnerte, dass er ihr selbst vorgeschlagen hatte, ihn nach Hause zu begleiten. Aber sie hatten doch nicht etwa...?
Erschrocken sah Julian wieder zu ihr, sie trug definitiv nicht mehr die Klamotten, die sie gestern Abend noch angehabt hatte, sondern eines der Shirts, die selbst ihm ein Stück zu groß waren. Schnell war er einen Blick unter die Bettdecke, um sich der Sache zu vergewissern, konnte jedoch schnell wieder aufatmen. Allem Anschein nach, war zwischen ihnen gestern tatsächlich nichts gelaufen, worüber er natürlich auch heil froh war, denn sonst hätte er sich wirklich schlecht damit gefühlt. Er hielt überhaupt gar nichts von One-Night-Stands und schon gar nichts davon, mit einem Menschen, den man gerade erst kennen lernte und welcher ein potenzieller Partner sein könnte, gleich alles so zu überstürzen, das lief in den meisten Fällen alles andere als gut. Tatsächlich hatte er aus solchen Gründen auch noch nie ein One-Night-Stand gehabt und nicht nur wegen seiner Mutter, welche ihm in seiner Jugend damit gedroht hatte, ihm den Schwanz abzuschneiden, wenn er unverheiratet ein Mädchen schwängerte. Gut, seitdem sie ihm das gesagt hatte, war auch allgemein nicht so wirklich viel bei ihm gelaufen. Solange die richtige Person noch nicht vorbeigekommen war und er sich seiner Sache wirklich sicher war, ließ er es wirklich sehr langsam angehen.
,,Hey!", vernahm er eine weiche Stimme neben sich und spürte gleichzeitig eine leichte Regung neben sich. ,,Morgen!", er lächelte leicht und drehte den Kopf zu ihr, sie war echt mega hübsch. Michelle streckte sich leicht und legte den Kopf auf seine Brust, um ihn besser ansehen zu können. Sie hatte echt verdammt schöne Augen. ,,Warum bist du eigentlich gestern direkt mit zu mir gekommen?", wollte Julian interessiert wissen: ,,Ich meine so gut kannten wir uns ja jetzt auch nicht wirklich." ,,Weil ich mich bei dir sicher gefühlt habe, sonst allein hätte gehen müssen und du es mir im Club selbst angeboten hast!", sie grinste leicht. ,,Du hast mir echt direkt vertraut?", meinte Julian erstaunt, sie nickte leicht. ,,Hattest du den gar keine Angst, dass Ich dir irgendwie anfasse oder was Böses mit dir vorhabe?", wollte er wissen. Michelle lachte leise: ,,Nein, kein Stück und ich denke, dass muss ich auch nicht wirklich!"
,,Warum das denn?", er war verunsichert, wäre er ein Mädchen gewesen, wäre er sicherlich nicht einfach zu irgendwelchen Typen, die man nachts im Club kennengelernt hatte mit nach Hause gekommen, geschweige denn, dass ihm das früher seine Eltern erlaubt hätten. ,,Naja, nimm mir das jetzt bitte nicht übel, aber du scheinst ein etwas anderes Beuteschema zu haben!", sie schmunzelte leicht. ,,Wie meinst du das?", wollte er völlig verwirrt wissen. ,,Naja, also ich glaube das Mädchen nicht so das richtige sind. Du bist total unbeholfen im Umgang mit mir gewesen und hattest so gar nicht den Drang dazu, mir sexuell oder so überhaupt näher zu kommen, nicht mals ansatzweise und alle anderen Mädchen schienen dich auch irgendwie komplett kalt gelassen zu haben. Wenn ich mir die Typen dann sonst so angucke...!", sie lächelte sanft. Er brauchte einen Moment, um zu verstehen und nachzuvollziehen, was sie meinte: ,,Moment, du denkst ich bin schwul?" Sie nickte leicht: ,,Ich denke nicht nur so, ich bin mir damit eigentlich schon ziemlich sicher!" Sie schien es nicht verurteilen oder negativ wertend zu meinen, was ihn tatsächlich etwas beruhigte, denn wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, wusste er selbst nicht, was er wirklich wollte. ,,Meinst du wirklich?", man merkte ihm die Unsicherheit über seine sexuelle Orientierung wirklich an. Sie nickte zaghaft: ,,Hattest du jemals eine Beziehung mit einer Frau, die dich wirklich erfüllt hat oder der du im Nachhinein echt mega hinterher getrauert hast?" Er überlegte kurz, schüttelte dann aber leicht den Kopf. Nein, tatsächlich waren all seine Beziehungen zu Frauen bis jetzt sehr oberflächlich und meist auch nur von kurzer Dauer gewesen. Dabei hatte dann meistens nicht einmal er, sondern sie den Schlussstrich gezogen, mit der Begründung, dass es zwischen ihnen einfach nicht passte. Das hätte sich Julian in den meisten Fällen zwar auch gedacht, hatte es aber lieber darauf geschoben, dass sie sich noch nicht perfekt kennengelernt hatten und er selbst hatte sich auch so wieso nicht getraut sich von sich aus zu trennen.
,,Wir können es auch ausprobieren, wenn du das möchtest, dann kann ich dir vielleicht zeigen, was ich so meine!", schlug Michelle vor. Julian nickte leicht unsicher, sie stützte sich vorsichtig etwas mehr über ihn und legte ihre Lippen sanft auf seine. Er erwiderte den Kuss leicht, aber irgendwie blieben Gefühlsregungen oder ähnliches gänzlich bei ihm aus, egal wie sehr er sie auch mochte. Michelle lächelte leicht und löste den Kuss: ,,Ich glaube wirklich das du vielleicht mal lieber nach einem netten Typen Ausschau halten solltest! Aber ich würde mich auch mega freuen, wenn wir Freunde bleiben können!" Julian nickte leicht, als Freundin wollte er sie wirklich gerne behalten, aber vermutlich hatte sie recht, denn irgendwie hatte das mit ihm und den Frauen beziehungstechnisch nie sonderlich gut geklappt.

Unknown FriendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt