30. Kapitel

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,,Also ich muss sagen, Ihre Wohnung gefällt mir wirklich sehr, Herr Brandt!", Frau Berger sah sich um, notierte etwas und nahm dann wieder die Kuchengabel in die Hand. Luca sah nicht wirklich motiviert aus und auch die Art wie er sein Kuchenstück behandelte ließ nicht gerade darauf schließen, Julian verpasste ihm einen leichten Tritt gegen das Schienbein, woraufhin sich der Jüngere zumindest wieder etwas aufrichtete. ,,Und hast du in der Schule immer noch so große Probleme oder gehst du überhaupt noch hin?", sie sah zu Luca, der ließ die Gabel sinken. ,,Ich hab seit dem Wechsel keine Probleme mehr...", er wich ihrem Blick auf, seine Armmuskulatur spannte sich ein wenig an. ,,Ach wirklich?", sie musterte ihn kritisch, machte sich Notizen: ,,Musst du oft Nachsitzen? Kommst du mit den Schülern und Lehrern klar?" ,,Nein und ja!", er sah gar nicht begeistert aus und schien sich selbst beruhigen zu wollen, auch sie wirkte nach wie vor ziemlich skeptisch. Julian blieb nichts anderes übrig, als interessiert zu zuhören und sich die Option offen zu halten, Luca später mal darauf anzusprechen. Das Luca derartige Probleme auch außerhalb seiner Familie zu haben schien, hatte er nicht gewusst. ,,Hattest du in letzter Zeit mit der Polizei zu tun?", wollte sie wissen: ,,Du weißt, dass ich das prüfen kann!" ,,Nein hatte ich nicht!", Julian sah Luca an, wie seh er sich gerade zusammenriss. Was hier gerade besprochen wurde ließ Julian mehr als nur ein wenig an seiner getroffenen Entscheidung zweifeln. ,,Dein Vater sitzt momentan in Haft, er hat am Bahnhof Drogen verkauft. Das mit deiner Mutter tut mir wirklich leid!", fügte sie zu allem Überfluss auch noch hinzu, an Lucas Armen zeichneten sich die Venen ab, er blieb still.
,,Herr Brandt, was machen Sie noch gleich beruflich?", sie ließ vorerst von Luca ab und wendete sich wieder Julian zu. ,,Ähm ich bin Fußballspieler, ich spiele seit 2019 für die Borussia!", meinte Julian, er war sich nicht sicher, ob er erwähnen sollte, dass Luca dies im Grunde ja auch tat. ,,Ach stimmt ja, ich habe von Ihnen gehört! Schaffen Sie es denn die Erziehung eines Kindes und Ihren Beruf unter einen Hut zu bekommen oder wie sieht es allgemein zeitlich bei Ihnen aus?", allein ihre Stimmlage konnte sie einem echt alles andere als sympathisch machen. ,,Ähm natürlich. Ich habe zwar regelmäßig Training und hin und wieder Spiele, aber ich wäre durchaus in der Lage Luca jeden Tag zur Schule zu fahren oder ihn abzuholen, da müssen Sie sich wirklich keine Sorgen machen!", er lächelte freundlich. ,,Können Sie mir bitte ihren Trainingsplan vorlegen?", sie machte sich Notizen. ,,Aber selbstverständlich, einen Moment bitte", damit hatte Julian zwar nicht gerechnet, aber daran sollte es auch nicht scheitern, er machte sich auf den Weg in sein Büro, um den Plan zu holen. Die beiden mussten sich also tatsächlich schon irgendwo her kennen und schienen auch nicht gerade die besten Erfahrungen miteinander gemacht zu haben, so wie es aktuell aussah, ließ er die Beiden echt ungern allein. Was auch immer da zwischen ihnen vorgefallen war, hoffentlich behielt sich Luca im Griff.
,,Da bitte schön, das sollte aber sehr vertraulich behandelt werden!", Julian legte Frau Berger seinen Trainingsplan vor, sie beäugte ihn gründlichst. Zwar hatte sich der Ton in seiner Abwesenheit auch weiterhin ruhig gehalten, aber dass er mit seiner Rückkehr ein angeregtes Gespräch unterbrochen hatte, war ihm natürlich nicht entgegen. Er traute sich jedoch auch nicht zu fragen, was genau es denn gewesen war, denn hätte er es wissen und mitbekommen sollen, hätten sie das Gespräch nicht so schnell abgebrochen. Wieder notierte sich Frau Berger etwas und nickte dann: ,,Ich denke das reicht mir, danke. Wie haben Sie zwei sich denn überhaupt kennengelernt?" Julian war gerade dabei den Tisch abzuräumen, Luca kam ihm mit der Antwort jedoch zuvor. ,,Wir haben uns im Training und durch den Verein kenngelernt, wir spielen im selben Team und naja, wir haben uns von Anfang an gut verstanden und sind schnell Freunde geworden!", meinte Luca: ,,Als dann die Sache mit meiner Mom kam, wusste ich gleich, dass ich mich auf ihn verlassen kann, und er hat mir auch gleich angeboten hierher ziehen zu dürfen!" ,,Stimmt das Herr Brandt?", sie sah zu ihm, was blieb ihm groß anderes übrig als zu nicken? Sie notierte sich erneut etwas: ,,Wie sieht es mit ihrem Liebesleben aus, Herr Brandt? Wie ist ihre Orientierung und sind Sie vergeben?" Julian sah sie irritiert an und antwortete zunächst nicht, mit derartigen Fragen hatte er so gar nicht gerechnet. ,,Verstehen Sie mich hier bitte nicht falsch, aber ich muss das prüfen, hier geht es immerhin um das Wohl eines Kindes und Sie sind vom Alter her ja auch gar nicht so weit auseinander... Sollten Sie also eventuell homosexuell und Singel sein, dann könnte das durchaus..." ,,Ich habe eine Freundin!", warf Julian schnell ein, gut das war herangekommen mehr als nur gelogen, aber na gut, es musste wohl so sein. Schließlich wollte er weder das Luca wusste, dass er ihm auf die andere Art und Weise gefiel, noch das dieser oder diese Frau Berger dachten er wäre Pädophil oder dergleichen, weshalb sie Luca nicht bei ihm wohnen ließ. ,,Sind Sie in einer festen Beziehung oder wie darf ich mir das vorstellen?", wollte sie wissen. Es juckte ihn wirklich unter den Fingernägel ihr zu sagen, dass es sie überhaupt gar nichts anging, aber er hilft sich zurück, wenn Luca sich hier beherrschen konnte, dann konnte er das auch. ,,Naja, wir sind noch nicht ganz so lange zusammen und sie wohnt auch noch nicht bei mir, aber ansonsten läuft es wirklich ganz gut. Ich hab das alles auch schon mit ihr abgesprochen, sie fände es in Ordnung, wenn Luca hier wohnen bleiben dürfte!", meinte Julian, die Person die er sich da im Kopf gerade als Freundin ausmalte, war natürlich Michelle.
Frau Berger nickte leicht: ,,Und Sie sind sich sicher, dass Sie sich jemanden wie Luca Akay Noack zumuten möchten? Ich könnte ihnen nach Absprache Akteneinsicht gewähren!" Die Venen an Lucas Armen traten wieder mehr hervor, das hieß doch wirklich nichts Gutes. ,,Nein, nicht nötig. Ich weiß alles, was ich wissen muss!", Julian nickte leicht: ,,Wir kommen sehr gut miteinander aus." ,,Na gut, wenn das so ist, sehe ich eigentlich keine Bedenken, was Ihre Wohngemeinschaft hier angeht. Wir werden uns mit dem Verein in Verbindung setzen und den Rest prüfen!", sie erhob sich und nahm ihre Tasche: ,,Wir werden in Verbindung bleiben und ich bitte darum, dass Vereinbarungen und Treffen eingehalten werden!" Sie warf eher Luca als Julian einen kritischen Blick zu. ,,Möchten Sie nicht noch...", begann Julian, doch sie schüttelte den Kopf. ,,Danke das reicht mir, Sie werden von uns hören Herr Brandt, es hat mich gefreut ihre Bekanntschaft machen zu dürfen!", Julian begleitete sie noch zur Tür und sah ihr dann etwas überrumpelt hinterher. Sie war doch nicht ganz normal gewesen, oder?

Unknown FriendWo Geschichten leben. Entdecke jetzt