Nachtwanderung mit Zwergen

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"Habt ihr Lust auf Abendessen?", fragte ich wenig später.
"Gibt es wieder Pizza?"
Bilbo sah mich hoffnungsvoll an.

Doch meine Freundin musste ihn enttäuschen: "Wir haben leider keine Pizza mehr, aber wenn ihr wollt können wir Spaghetti mit Tomatensoße machen."
"Klingt interessant", meinte Thorin und widmete sich wieder unserer Tageszeitung - er las nun äußerst interessiert den Sportteil, obwohl er sicher keine Ahnung von der Bundesliga hatte.

"Diese langen Schnüre schmecken so gut!", meinte Fili verträumt, "Hier in Deutschland ist das Essen einfach genial!"
Es bot sich ein wirklich lustiges Bild.
So gut wie jeder war überfordert mit den Spaghetti.
Thorin hingen die Nudeln im Bart,
Kilis Gesicht war voller Soße und Legolas wagte es sogar die Spaghetti zu schneiden...
Thranduil stocherte schon wieder missmutig im Essen herum, Tauriel schaffte es sogar fast, ihre Nudeln unfallfrei zu verspeisen.

Nach dem Essen rief ich aufgedreht:
"Was haltet ihr später von einem Spaziergang? Dann können wir euch unsere Heimat ein wenig zeigen!"
"Oh ja!", rief Bilbo, "Ich will mehr von Deutschland sehen!"
Legolas meinte: "Wir sollten auf den Schutz der Nacht warten, damit uns niemand sieht."

Den Rest des Abends verbrachten wir in Ruhe Zuhause.
Fili beobachtete Selina beim Sims spielen und zeigte sich fasziniert von den zahlreichen Foltermethoden, die sie benutzte, um ihre Sims zu quälen.
Legolas saß tatsächlich mit mir auf der Couch und schaute die Bilder aus meinem letzten Urlaub an, während sein Vater den Keller nach ein paar Flaschen Wein durchsuchte.
Tauriel und Kili waren schon einige Zeit auf der Terrasse und ich war froh, dass Legolas nichts davon mitbekam.
Bilbo war so freundlich gewesen, den Abwasch zu übernehmen, und Thorin saß hinterm Haus auf einer Bank und rauchte.

"Lasst uns am besten gleich losgehen", riss mich Selina aus meinen Gedanken, "es ist schon dunkel aber noch ziemlich warm."

Fünf Minuten später standen wir alle vor der Haustür.
Einen Vorteil hatte unser Dorf mit sage und schreibe 114 Einwohnern:
Nach 20 Uhr war hier nichts mehr auf der Straße los.
Selina und ich führten unsere Gäste erst einmal durch das ganze Dorf, was  natürlich nicht besonders viel Zeit in Anspruch nahm.
Fili und Kili zeigten sich noch immer beeindruckt von der Architektur und als wir am Rand des Dorfes vor der Villa unseres Mitschülers Vincent von Bernstein standen, bekamen die beiden den Mund vor Staunen gar nicht mehr zu.
Vincents Vater war Schönheitschirurg und außerdem der Sprössling einer alten Adelsfamilie und  nicht gerade arm.
Dementsprechend sah auch sein Haus aus.
Die Luxusvilla war sicher doppelt so groß wie unseres und wirkte ziemlich eindrucksvoll in der Landschaft.
Sie schmiegte sich majestätisch an den Berghang und schien auf Grund ihrer schneeweißen Fassade in der Dunkelheit zu leuchten.
Der Pool, von dem man übrigens einen grandiosen Ausblick über das Tal hatte, glitzerte im Licht der Scheinwerfer, die den Garten erleuchteten.
"Der Wahnsinn", gab sogar Thranduil zu, "ihr Deutschen habt wirklich Ahnung im Errichten von... wie heißt das nochmal? Einfamilienhäusern?"

Ich lachte: "Stimmt, aber jetzt zeigen wir euch erstmal die Gegend ein bisschen. Als erstes gehen wir in den Wald, da ist auch unser Lieblingsplatz, ein Baumhaus, das wir selbst gebaut haben. Danach können wir schauen ob wir heimgehen oder noch weiterlaufen wollen!"

Wir folgten einem staubigen Feldweg.
Niemand sagte etwas, jeder genoss die Atmosphäre.
Legolas warf immer wieder einen Blick auf die Sterne, die am klaren Himmel funkelten.
Fili und Thorin schienen ihren eigenen Gedanken nachzuhängen, Thranduil und Tauriel ebenfalls. Bilbo blickte dagegen fasziniert ins Tal, wo man die Lichter der Autos erkennen konnte.
Und Kili? Ich glaubte es kaum.
Er sah ständig zu meiner Freundin, doch wann immer ich ihm einen Blick zuwarf, sah er schnell wieder weg.
Bitte was?
Bei den Jungs, die ich kannte, war das ein ganz klares Zeichen.
Heilige Scheiße.
Sollte #Seli etwa Realität werden?
Ich shippte die beiden seit Kilis erstem Auftritt in Der Hobbit.
Das wäre ja der Wahnsinn.
Auch wenn Tauriel das kaum gefallen würde. Dann würde hier nicht die Schlacht der fünf Heere, sondern die Schlacht der Zicken ausbrechen.
Na super.

"Wir sind da!", rief Sel wenig später.
Wir standen vor - oder besser gesagt unter - unserem Lieblingsplatz im Wald.

"Ihr habt es sehr gemütlich hier", lobte Fili, als wir gemeinsam mit ihm und seinem Bruder auf den Paletten im Baumhaus hockten.
Wir hatten im letzten Jahr ein paar ausrangierte Paletten zu einem echt coolen Sofa umgebaut.
Gemeinsam mit den drei Kuscheldecken und einer alten Matratze hatten wir einen schönen Platz geschaffen.
Außerdem bunkerten wir hier oben immer ein paar Tafeln Schokolade, es gab ein kleines Regal mit Büchern und zwei kleine Fenster, durch die nun das sanfte Mondlicht fiel.
Einfach romantisch.
Moment mal. Romantisch?
Ich sagte schnell: "Fili, ich glaube, Thorin ruft nach uns beiden!"
Die anderen hatten keine Lust gehabt, uns in unser Baumhaus zu begleiten, und das wollte ich nun ausnutzen.
Schnell stieg ich mit Fili die Strickleiter hinab.
Ich war echt gespannt, ob Kili die Situation nutzen würde, Selina endlich mal anzusprechen.
Sein Getue ging mir nämlich auf die Nerven.

Ein Mittelerdler Kommt Selten AlleinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt