Ein Mittelerdler Kommt Selten Allein

Kili, der Ziegenflüsterer

"Lass uns erst mal an dem Automat da drüben Futter kaufen, das können wir den Ziegen dann geben", sagte ich und kramte ein 1€-Stück aus meiner Tasche.
Mit zwei Packungen Pellets betraten wir schließlich das Gehege und ich bekam zum zweiten (oder dritten) Mal an diesem Tag einen halben Anfall.
Drei kleine Zicklein sprangen umher und stießen immer wieder aufgeregte Laute aus.
"Die sind so süß", rief ich, "vor allem die hellbraune da drüben. Ich nenne sie Heidi."
Eine ältere Frau warf mir eine missbilligenden Blick zu und murmelte etwas über die unanständige Jugend von heute und wie unangemessen die sich auch kleiden würden...
Hallo? Hatte die ein Problem mit Hotpants oder wie sollte ich das verstehen?
Ehe ich sie fragen konnte, was sie an meinem Style auszusetzen hatte, fauchte Legolas sie an:
"Beleidigt niemals eine Freundin von mir, das würde Euch nicht wohl bekommen!"
Die Frau starrte erst ihn und dann mich an und machte dann einen Schritt rückwärts, wobei sie fast über Bilbo gestolpert wäre.
Der Elb blickte sie kalt an und sie bekam es  wohl langsam mit der Angst zu tun, denn sie drehte sich schnell um und eilte weg.

Von den anderen Besuchern hatte zum Glück niemand unseren Konflikt mitbekommen, nur Bilbo lachte unsicher.
"Du hast mich gerade an deinen Vater erinnert, kein Wunder, dass sie lieber geflohen ist!"
Diese Aussage des Hobbits lockerte die angespannte Stimmung glücklicherweise wieder und ich konnte nicht anders, als Bilbo zu umarmen.
Der schaute kurz etwas verwirrt und ich meinte schnell:
"Du bist so süß Bilbo, ehrlich."
"Ähm, danke, das freut mich", murmelte er und lächelte sein Bilbo-Lächeln.
"Du bist auch süß", sagte ich sofort zu Legolas, "Danke, dass du mich vor dieser alten Schachtel verteidigt hast, die hatte echt Schiss vor dir..."

"Die sind niedlich", meinte Tauriel, als ihr eine kleine Ziege das Futter aus der Hand fraß.
Auch die anderen fanden Gefallen an den kleinen Tieren, und diese mochten die Mittelerdler offensichtlich ebenfalls, sie kuschelten sich teilweise richtig an sie.
Als ich schon dachte, es würde zur Abwechselung mal keine seltsamen Vorkommnisse geben, schrie Thranduil plötzlich auf.

Ich drehte mich erschrocken zu ihm um und sah, dass sich seine Hand im Maul eines Ziegenbocks befand, der keine Anstalten machte, den Elbenkönig loszulassen.
"Au!", fluchte er, "Lass mich sofort los du Vieh!"
"Vater!", rief Legolas entsetzt und rannte zu ihm.
Wir anderen  - wie sollte es anders sein - schüttelten uns vor Lachen.
Das Bild war einfach zu gut.
Der große Elbenkönig, der von einer Ziege gefressen wurde, da musste wohl jeder lachen.
"Hört auf zu lachen, helft meinem Vater lieber", rief Legolas, er sah ehrlich besorgt aus.
"Jetzt heul nicht rum", spottte Kili und nahm ein bisschen Futter aus seiner Packung.
Dann ging er langsam zu Thrandys neuem Freund und säuselte:
"Hier, ein bisschen was zu Essen für dich. Komm her, das schmeckt viel besser als so eine zarte Elbenhand, an der ist doch nichts dran. Komm her Schatzi."
Und - ich glaubte es kaum - das Tier ließ tatsächlich von Thranduil ab und schnappte sich die Leckerlis.
Als es alles genüsslich verdrückt hatte, stieß der Bock ein wohliges Blöcken aus und drückte seinen Kopf an Kili.
Der lächelte und streichelte ihm über den Rücken, worauf er sich noch enger an den Zwerg kuschelte.
Wir anderen betrachteten fasziniert das Schauspiel. Kili war ja ein richtiger Ziegenflüsterer...
"Kein Wunder, dass alle Mädchen auf ihn stehen", murmelte Legolas halblaut.
"Dafür bist du Meerschweinchenflüsteter", grinste ich und boxte ihm spaßhaft in die Seite.
"Du bist lustig", erwiderte er lächelnd und legte einen Arm um mich.

"Danke, Kili", sagte Thranduil mit einem versuchten Lächeln.
Wow, ein Elbenkönig, der sich bei einem Zwerg bedankte. So was sah man auch nicht alle Tage..."