Das Ende einer Reise?

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Am Abend saßen wir im Garten zusammen, als mein Bruder plötzlich das Wort ergriff. Ihn schien definitiv etwas zu bedrücken und der sah ehrlich besorgt aus, deshalb war ich äußerst gespannt.

"Es tut mir leid Leute", begann er und nahm Tauriels Hand, "unser Urlaub ist zu Ende."

Bitte was? Wir schauten uns geschockt an. Was sollte das heißen, unsere Reise ist zu Ende? Hatte er einen Weg zurück nach Mittelerde gefunden und wollte unsere Gäste so schnell wie möglich los werden? Oder zwang etwa Galadriel höchstpersönlich ihn dazu, vor der er insgeheim ziemlich Angst hatte oder was?

"Wieso das denn? Kommt dein Freund zurück in unsere Hütte oder was ist los?", erkundige sich Kili stirnrunzelnd.
Ich war auch auf eine Antwort gespannt und blickte meinen Bruder herausfordernd an.

"Das ist es nicht", stöhnte er und fuhr sich nervös durch die dunklen Locken, "ich hätte es euch viel früher sagen müssen, ich weiß, aber ich wollte euch die gute Laune nicht verderben..."

Konnte diese Labertasche endlich Mal zum Punkt kommen? Ich hielt es kaum noch aus, es schien ja wirklich etwas dramatisches zu sein...

"Jetzt sprich endlich", knurrte nun auch Thranduil, worauf Tom tief Luft holte und erzählte:

"Ich hab mein Lehramtsstudium geschmissen, müsst ihr wissen, ich hab gemerkt, wie sehr ich Kinder eigentlich hasse. Und deshalb habe ich mir eine neue Ausbildung besorgt, ich will Buchhändler werden."

Mein Bruder wird also Buchhändler. Aha. Das hätte ich wirklich nicht für möglich gehalten, seit Jahren schwärmte er mir vor, wie gerne er Lehrer werden wollte. Aber wo da ein Problem für unser Abenteuer lag, verstand ich leider immer noch nicht.

"Wo liegt jetzt das Problem?", erkundigte ich mich nicht wenig verwirrt, auch Legolas runzelte die Stirn und blickte meinen Bruder fragend an.

"Die Ausbildung fängt nächste Woche an und ich muss in den nächsten Tagen meine Wohnung in München beziehen.", seufzte Tom.

Er arbeitete ab jetzt in München? Ich konnte mir durchaus schlimmeres vorstellen, vielleicht konnte ich ihn ja ab und zu besuchen...

"Ich verstehe immer noch nichts", gab Legolas zu, "das ist nicht unser Problem."

"Es ist unser Problem!", rief Tauriel dazwischen, "genauer gesagt, eures. Wenn Tom nach München geht, ist keiner da, der auf euch aufpasst, versteht ihr nicht?"

Fuck. Da hatte sie irgendwie Recht. Von uns konnte ja nicht Mal einer Auto fahren...

"Jetzt übertreibst du aber", spottete Thranduil und warf sein Haar mit einer eleganten Bewegung nach hinten, "ich bin mehr als 100 Mal so alt wie Tom und reagiere dazu ein ganzes Königreich, da benötige ich wohl keinen Aufpasser oder etwas der gleichen."

"Da muss ich dem Spitzohr einmal Recht geben", knurrte Thorin, doch die Elbin verdrehte die Augen.

"Ihr versteht das einfach nichts, Männer. In Mittelerde seid ihr selbstverständlich die Größten und niemand kann euch etwas anhaben, aber zur Zeit befindet ihr euch in einer komplett anderen Welt, in der nichts so ist wie bei uns. Hier seid ihr echte Luser, wenn ihr auf euch allein gestellt seid!"

"Wir sind keine Luser!", beschwerte sich Kili, doch die anderen sahen langsam ein, dass Tauriel Recht hatte.

"Wir können nicht hier mitten in der Wildnis bleiben, das stimmt", seufzte Bilbo, "wohin können wir uns dann zurückziehen?"

Deprimierte Stille hatte sich über unser Lager ausgebreitet. Alle dachten nach, wie wir aus dieser bescheuerten Situation wieder Rauskommen konnten.

"Fakt ist", durchbrach mein Bruder das Schweigen, "hier bleiben scheidet definitv aus. Meine neue Wohnung ist winzig, da kann nur Tauriel mit. Selina, weißt du, wie lange du noch Sturmfrei hast Zuhause?"

Meine Freundin dachte kurz nach, dann meinte sie:
"Mein Vater ist ja mit so einem Schüleraustauschprogramm als Begleitung in Armenien, das dauert so weit ich weiß bis ins neue Schuljahr, er kommt also nicht vor September zurück. Von daher können wir noch immer bei uns unterschlüpfen, solange Ellis Vater nichts mitbekommt."

Mein Vater, der würde sicher Mal ab und zu nach dem Rechten sehen, wenn ich meine Ferien bei Sel verbrachte. Es sei denn...

"Wenn ich bei mir Zuhause schlafe", schlug ich etwas wehmütig vor, "dann komm Papa sicher nicht auf die Idee, bei Selina vorbeizuschauen. Ich kann ja behaupten, dass David wieder Zuhause ist, dann macht er sich auch keine Sorgen um dich oder so und ihr könnt ungestört dort wohnen."

"Nein! Verlass uns nicht!", stieß meine Freundin hervor, doch wahrscheinlich hatte sie auch schon eingesehen, dass das die beste Möglichkeit war, meinen Vater von den Mittelerdern fernzuhalten.

"Würdest du das für die Gemeinschaft tun?", fragte Thorin mit etwas Anerkennung in der Stimme und ich nickte seufzend.

"Dann ist das wohl geklärt", seufzte Tom, "sorry nochmal. Wir sollten aber langsam anfangen zu packen..."

Ein Mittelerdler Kommt Selten AlleinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt