Kapitel 43

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"Darf ich dich um etwas bitte Sergej" fragte ich als wir am Tisch sassen.
Red Snapper, köstlich!
"Selbstverständlich" sagte er nur zärtlich.
"Kannst du bitte aufhören so schlecht von dir zu denken? Wenn du sehen könntest, was ich sehe, dann würdest du nicht so über dich denken" bat ich sanft.
"Was siehst du?"
"Ich sehe eine wunderschöne Seele, ein gutes Herz, einen viel zu attraktiven Mann der Unvorstellbares erleiden musste, einen Krieger der versucht das Richtige zu tun, in einer Welt voller böser Menschen die nach eigenen Regeln spielen. Ein Mann der so viel Liebe geben kann, dass es unglaublich erscheint, einen Mann der im riesigen Chaos Normalität will. Einen Mann den ich so sehr liebe, dass es mir den Atem verschlägt, wenn er mich anlächelt."
Ich wünschte er könnte durch meine Augen sehen.
"Die schöne Seele ist deine, denn du hast sie mir geschenkt mein Engel. Ich bin oft sehr böse und muss es auch sein aber gerade jetzt, bin ich nur dankbar für das, was du in mir siehst."
Sagte er zärtlich und sah mich dann nachdenklich an.
"Hast du mit Lazar über unser Sexualleben gesprochen?"
Lazar.
"Nicht direkt, nein. Im Flugzeug zurück aus Moskau, kamen wir auf Ksenija und ihren Fetisch zu sprechen. Ich konnte das einfach nicht verstehen, kann es noch immer nicht! Er erzählte von der ausgebluteten Frau und dass jeder einen Fetisch hat, nur dass eben dieser Fetisch abscheulich sei. Dann veräppelte er mich und fragte nach meinem Fetisch, das war alles" beendete ich meine Erzählung und nahm noch einen Fisch, die waren echt lecker! Und der süssliche Weisswein passte perfekt dazu.
"Und was wäre das? Dein Fetisch? Was hast du ihm gesagt?" er war aufrichtig interessiert, neugierig.
"Sergej. Mein Fetisch ist Sergej, das sagte ich" ich antwortete wahrheitsgetreu.
"Ich bin dein Fetisch?"
"Ja. Ich sagte ihm das auch so und er meinte das sei Liebe. Wenn der Körper und der Geist nur auf eine Person reagieren, dann sei das Liebe und bei dir sei das auch so, denn er kenne dich schon lange und wüsste das."
Er sah mich liebevoll an und nickte dann.
"Ja, das denke ich auch. Eine Sache finde ich aber witzig und muss dich das fragen.."
"Frag nur" unterbrach ich ihn.
"Du willst mit mir um eine Million wetten, ob du recht hast..."
"Mit der Länge? Wieso nicht, ist doch schliesslich dein Geld! Beim Durchmesser wird es kniffliger, aber auch da können wir wetten" meinte ich nur Schulterzuckend und sah auf meinen leeren Teller.
Das war echt lecker gewesen.
"Mein Geld? Durch.. du meinst das also wirklich Ernst?"
"Klar, hast du das denn nie gemacht?" fragte ich neugierig.
"Wieso hätte ich das tun sollen?"
fragte er argwöhnisch.
"Also wenn ich einen Penis hätte, dann würde ich ihn messen" sagte ich ehrlich.
"Wieso denn?"
"Neugierde! Ich weiss gerne viel"
"Du weisst gerne viel, aha. Und das mit dem Geld?"
"Sergej, du sagst doch immer ich sei ja soooo klug. Also, meinst du ich habe es nicht herausgefunden? Dass die Lebensversicherung gefälscht war? Für jemanden der mich für klug hält, willst du mich echt für dumm verkaufen."
Ich fand dieses Gespräch amüsant.
Ich nahm die leeren Teller, stellte sie auf den Servierwagen und schob ihn vor die Tür.
Echt praktisch war das!
"Wie lange weisst du es schon?"
"Seit ich am Grab meines Vaters war, nach meiner Psycho Starre. Intuition würde ich sagen."
"Weisst du mein Engel, manchmal bist du echt gruselig" stellte er nüchtern fest.
"Das sagt Lazar auch, ich kann damit leben" meinte ich nur und ging auf die Terrasse zum Rauchen.
Schmunzelnd kam er auf mich zu und nahm einen Zug von meiner Zigarette. Ich überliess sie ihm und zündete mir eine Neue an, sah hoch zu ihm.
"Was ist denn? Frag mich was du willst Sergej, ich antworte dir ehrlich."
"Hast du Lazar nach seinem Fetisch gefragt?"
Er grinste breit.
"Ja."
Er stutzte überrascht.
"Und was hat er gesagt?"
"Er mag füllige Frauen, also so wie die Frauen auf den alten Gemälden. Als Frauen noch wie Frauen aussahen, sagte er"
"Und wie findest du das?" Neugierig sah er mich an.
"Ganz ehrlich, ich finde es toll und es ist grossartig, dass er dazu steht. Er schämt sich nicht dafür, mag rundliche Frauen und will mal viele Babys mit so einer Frau machen. Daran ist doch nichts falsch? Tut ja niemandem weh. Es ist doch nicht so, wie wenn man jemanden ausbluten lässt um sich zu befriedigen."
"Ja, Geschmäcker sind verschieden" bestätigte er nur und ging nicht auf das Blut ein.
"Was ist denn dein Fetisch Sergej? Hast du einen Fetisch?"
Er grinste nur breit.
"Weisst du, vor dir habe ich nie mit einer Blondine geschlafen. Ich hatte nicht mal eine Freundin, nur Sex. Und sie waren alle gross, dunkelhaarig und ätzend!" Lachte er und ich sah ihn strafend an während wir uns setzten.
"Es ist wahr so waren sie! Dann verlor ich meinen Verstand an einem Abend an eine kleine, sehr weisse Blondine. Sie hatte die unschuldigsten, grünen Kulleraugen die ich je gesehen habe und ihre Seele leuchtete aus diesen Augen. Rein, unschuldig, unverdorben.
Was mir damals durch den Kopf ging, dafür hätte man mich verhaften können! " erzählte er nachdenklich "wenn wir es so betrachten, dann ist mein Fetisch deine Unschuld, das reine Herz."
Wie er das erzählte, als würde er tief in sich forschen.
"Wenn jemand wie ich, der sehr viel Verdorbenes gemacht hat, auf so jemanden wie dich trifft... dann gibt es wohl kein Zurück mehr. Ich wollte von dieser Unverdorbenheit umgeben sein, mich in ihr verlieren" sagte er mit so viel Gefühl, dass ich zittrig ausatmete.
"Du überwältigst mich mein Held, jedes Mal aufs Neue." Ich schmiegte mich an ihn und seufzte erleichtert auf.
"Sergej, entschuldige meine Neugier, aber wofür hätte man dich verhaften können?"
Was war wohl so daneben gewesen?
"Entführung einer Minderjährigen. Denn ich wollte dich an mich reissen, an mein Bett fesseln und dich nie wieder gehen lassen. Nebenbei habe ich auch daran gedacht, was ich in diesem Bett mit dir machen wollte" erwiderte er amüsiert.
"An dem Abend, als du mich zum Personalzimmer gefahren hast, habe ich eine Stunde gewartet, ob du zurück kommst" gestand ich leise.
"Ich habe mich betrunken. Du hast mich einen eingebildeten Lackaffen genannt!"
Er lachte bei der Erinnerung.
"Wann genau, hast du Lazar beauftragt, mich zu beschatten?"
Er seufzte zufrieden und streichelte unter dem Shirt meinen Rücken.
"Als du durch die Eingangstür verschwunden bist" antwortete er ehrlich.
"Das wäre gar nicht nötig gewesen mein Held, du hättest einfach klopfen können."
"Nehmen wir mal an, ich hätte geklopft. Wie hättest du reagiert?"
"Wahrscheinlich hätte ich eines der Buchowski Bücher nach dir geworfen und hätte mich dann mit Freude entführen lassen" antwortete ich ehrlich.
"Mit Freude? Ach ja?" Das amüsierte ihn wieder.
"Ja Sergej mit Freude. Du hast doch gesagt, ich sei gruselig. Tja, ich hätte mich sofort von dir entführen lassen und auch an dein Bett binden lassen. Hauptsache du wärst da gewesen." Ich war echt gruselig merkte ich, das wäre keine angemessene Reaktion gewesen.
Was war nur mit meinem Gehirn los?
"Du wärst einfach mitgekommen..." murmelte er.
"Ich bin ja einfach mitgegangen Sergej. Nach dem kleinen Nervenzusammenbruch wegen meiner Mutter, bin ich einfach mit dir in dein Auto gestiegen, in deiner Bibliothek gelandet, habe dich vollgeheult und bin auf dir eingeschlafen" ich seufzte theatralisch "ich wusste immer, dass etwas mit mir nicht stimmt Sergej!"
"Vielleicht sollte ich mich bei deiner Mutter bedanken, mit giftigen Blumen oder so."
Ich lachte auf.
Ja, Morbid waren wir Beide.
"Was wäre eigentlich so toll daran gewesen, mich zu fesseln? Das stelle ich mir unbequem vor. Gefällt dir das?" das war ehrliche Neugier, nichts weiter.
"Das sagt man so aber naja, du hättest nicht wieder verschwinden können. Das war der Hauptgedanke. Und nein, ich mag es nicht gefesselt zu werden und dich würde ich ganz sicher nie fesseln. Ich war in der Gefangenschaft 37 Tage gefesselt, das reicht!" murmelte er leise und streichelte meine Wirbelsäule.
"Das weiss ich mein Held. Ich bewundere dich für deine Stärke, bewundere wie du überlebt hast" sagte ich zärtlich und küsste seine Schulter "Aber was das andere angeht...Du weisst schon wie merkwürdig das klingt? Vor allem, ich betone, ich wäre ja gar nicht verschwunden. Vielleicht solltest du etwas einfacher denken. Du hast Unsummen ausgegeben und Lazar auf mich angesetzt. Dabei hättest du einfach klopfen können, oder anrufen" seufzend tätschelte ich seine Hand.
"Wenigstens hat sich dein Adoptivvater köstlich amüsiert!" grummelte er vor sich hin.
"Des Einen Leid ist des Anderen Freud" lachte ich und sah ihn dann an.
"Er hat mich gewarnt" nachdenklich wickelte er eine meiner Haarsträhnen um seinen Finger.
"Vor mir gewarnt?" Das war ein lustiger Gedanke.
"Nicht ganz. Er hatte innerhalb von 30 Stunden alle Infos über dich, dein ganzes Leben auf Papier. Als ich dann noch besessener wurde, meinte er nur: du verhältst dich wie ein liebeskranker Idiot Sergej aber pass auf. Mit so einem Mädchen spielt man nicht, so ein Mädchen ist für's ganze Leben" sagte er leise "und er hatte recht. Er hat beobachtet was du getan hast, wie du dich verhältst, wie du mit den alten Leuten umgehst. Es gibt ein Foto von dir, wo du draussen sitzt und zusiehst, wie eine Mutter ihr Baby stillt.
Dieses Lächeln hat mich erschüttert! So ein weiches und liebevolles Lächeln, habe ich bis dahin nie gesehen. Da tauchten noch mehr Bilder im meinem Kopf auf und ich betrank mich wieder. Lazar nennt das meine Alkoholiker Wochen!" Kopfschüttelnd verzog er seine Lippen zu einem Strich.
"Ich glaube, ich sollte meinem Stalker Vater etwas Schönes schenken" grübelte ich laut.
"Ha! Mach das aber er hat sich Jahrelang nicht so gut amüsiert. Seit er seine Tage mit dir verbringt, liebt er sein Leben. Er trainiert und isst nur. Und dafür bezahle ich ihn auch noch!" prustete er los und küsste meine Schläfe.
"Daran bist du selbst Schuld, du hast den komplizierten Weg gewählt mein Held. Auch jetzt tust du das. Du hast Angst mir weh zu tun und zögerst deine eigentliche Frage hinaus, aber das ist okay" sagte ich nur ungerührt und gähnte.
"Das stimmt, das tue ich. Ich habe zum ersten Mal im Leben Angst und das ist ein komisches Gefühl. Ich habe zum ersten Mal etwas zu verlieren mein Engel, das macht mir Angst. Aber ich will dich etwas Fragen, ich muss."
"Dann frag einfach" sagte ich mit müder Stimme.
"Willst du überhaupt dein Leben mit mir verbringen? Mit mir Kinder haben?"
Da war ich hellwach und sah ihn ernst an.
Ich wählte wieder meine Worte bedächtig.
"Es gibt nichts Schöneres für mich, als den Gedanken, mein Leben mit dir zu verbringen und mit dir Kinder zu haben" antwortete ich langsam.
Ob das überhaupt möglich war, erwähnte ich nicht.
"Du weisst nicht wie glücklich mich das macht" sagte er leise.
Doch ich wusste es, ich konnte es ihm ansehen und das freute mich. Nur leider bekam ich das Gefühl, von einem Ablaufdatum nicht los.
"Wieso hast du damals diese Mutter mit ihrem Baby so angelächelt? Was hat dich so berührt?"
Blinzelnd schüttelte ich meine unangenehmen Gefühle ab und lächelte dann.
"Es ist das Natürlichste auf dieser Welt und das Schönste. So sollte es sein. Eine Mutter stillt ihr Kind und streichelt lächelnd über das kleine Köpfchen. Das kann man nicht vorspielen, da gibt es keine Verstellung und Täuschung. Es ist reine Liebe und der Urinstinkt in uns. Jedenfalls für die meisten Frauen" sagte ich nachdenklich und dachte an Tamara und meine Mutter. Es gab immer Ausnahmen, überall.
"Da hast du recht" murmelte er fast nicht hörbar "komm, ich bring dich ins Bett, du schläfst fast ein."
Ich nickte nur und liess mich tragen.








My Destiny Mein Schicksal  (Teil 1, Teil 2 heisst HOFFNUNG, HOPE, NADA)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt