Kapitel 58

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In meinem Brautkleid, dem Schleier und mit dem Brautstrauss in der Hand, stand ich vor dem Spiegel in der monströsen Villa in Belgrad.
Die Brautfrisur...war einfach wunderschön!
Die Stylistin hatte zuerst meine Haare gelockt, dann gebürstet und am Schluss einen romantischen, riesigen Dutt im Nacken gemacht.
Einzelne lockige Strähnen fielen an den Seiten heraus.
Ähnlich wie die Frisuren in den 20er Jahren, dachte ich.
Am Morgen hatte Lazar eine einzelne rosa Lilie vorbeigebracht, die an der Seite des Dutt's befestigt war.
Mein Brautstrauss bestand nur aus rosa Rosen und Lilien, er reichte bis zu meinen Knien.
Was mich aber faszinierte, war die Art wie ich geschminkt wurde.
Leicht, Rosa und etwas Silber. Mein Dekolletee hatte auch leichten Silberpuder.
Ich sah sehr schön aus.
Meine Augen strahlten, mein Kleid sass perfekt und ich war nicht nervös.
Kein Stück.
Der Standesbeamte hatte uns schon sehr früh getraut.
Also eigentlich nur eine Formalität, aber jetzt würden wir in der Kirche heiraten und das bedeutete in diesem Land viel.
Es bedeutete mir viel.
Sergej war schon mit den Jungs und der Familie in der Kirche.
In ein paar Minuten würde mich Lazar holen und mich in die Kirche bringen.
Er war zum schlimmsten, kontrollsüchtigsten Fake Vater und Securitty Chef mutiert den es gab!
Alles, einfach alles hatte er Dreifach geprüft.
Das kannte ich schon von dem Weg nach Kanada aber Sergej war er extrem auf die Nerven gegangen.
Schon komisch wie das Leben lief.
Ich hatte meinen Geburtstag gehasst und nun würde ich an meinem Geburtstag heiraten...
Sergej wollte aus meinem Geburtstag etwas Schönes machen.
"Oh Kleines! Du siehst...ich fange gleich an zu Heulen!"
Ich drehte mich zu Lazar und er atmete tief aus.
"Nicht weinen, du musst mich in die Kirche bringen" ich musste mir die Tränen wegblinzeln. Ich wusste nicht wieso, aber so wie er mich ansah, wollte ich weinen.
"Sergej sagte du würdest wie ein Engel aussehen aber wenn er dich bald so sieht... Kleines falls er einen Herzinfarkt erleidet, wird es genug Männer geben, die dich sofort heiraten würden!"
Belustigt über seine Aussage und seinen Gesichtsausdruck, schüttelte ich den Kopf.
"Nein Lazar niemals" sagte ich leise.
"Ich weiss Kleines, das nennt man Schicksal" sagte er zärtlich "wollen wir?" fragte er und hielt mir seinen Arm hin.
Ich nickte lächelnd.


Vor den riesigen Dom Türen atmete ich tief ein.
Lazar hielt mich fest und betrat mit mir die Kirche.
Die Fresken an den Wänden, die Menschen die zusahen, der Altar...
Nichts davon sah ich, ich sah nur Sergej an.
So schön war er in seinem eisgrauen dreiteiligem Anzug, dem weissen Hemd aus Seide, der kleinen Lilie als Anstecker.
Wie ein gefallener Engel stand er dort und wartete auf mich.
Ich ging mit sicheren Schritten auf ihn zu, sah nur sein Gesicht an.
Er hatte Tränen in den Augen als ich auf ihn zukam.
Vage bekam ich mit wie sich Lazar hinter ihn stellte.
Er war der Trauzeuge, er war auch Stefans Taufpate.
Niemand anderes hatte sonst unser Vetrauen.
Bei Lazar war es auch so.
Wir waren Nikola's Paten.

Ich hörte mit dem Denken auf und liess die Worte des Pfarrers auf mich wirken.

Die Ehe als ein Geiheimnis zwischen zweier Liebender...

Liebe zu Christi...als Vorbild für die Liebe zwischen Mann und Frau....

Hingabe, Aufopferung, freiwillige Aufgabe jedes Einzelnen...

Bedingungslos sich der Eheschliessung zu seinem Partner hingeben...

Tränen brannten mir in den Augen bei diesen Worten.
Ich glaubte fest daran.

Die Kronen
Die Ringe
Unsere Hände wurden ineinander verschränkt
Drei Mal um den Altar zusammen gehen, mit verschränkten Händen.
Die ganze Zeit sah er mir in die Augen.
Seine Augen strahlten mich an, so viel Liebe war in ihnen. Zumindest glaubte ich das zu sehen.



Die Feier war einfach wundervoll! Alles war auf mein Kleid abgestimmt, sogar die Torte hatte Lilien als Verzierung.
Alles hatte er für mich getan, damit es mir gefällt.
"Du hast deinen Ring behalten, nur noch meinen Namen eingraviert" flüsterte ich Sergej zu bei unserem ersten Tanz.
"Hmm, ja. Bei dir steht das Gleiche und es sind die gleichen Ringe, abgestimmt auf deinen Verlobungsring. Ewig dein..."
"Ewig mein, ewig Uns" beendete ich das Zitat von Beethovens Liebesbrief.
"Ich liebe dich mein Mann" sagte ich ihn anlächelnd.
"Und ich liebe dich meine Frau."
Ich war tatsächlich seine Frau...
Wir waren wohl die Einzigen, mit zwei Daten an den Eheringen...
"Du hast meinen Lieblingssänger engagiert Sergej" wieso ich das sagte wusste ich nicht.
Ich war überwältigt von Allem.
"Rachmaninov war nicht zu kriegen mein Engel" witzelte er und brachte mich zum Lachen.
Ich erhaschte einen Blick auf unseren Sohn der bei Lazar sass und uns mit grossen Augen ansah.
Schicksal.
Lazar hatte recht, das war unser Schicksal.
"Cousin, darf ich auch mit der Braut tanzen?" fragte Miloš beim zweiten Tanz.
Miloš sah immer noch hübsch aus, aber seine Augen waren sehr traurig.
Er liess seine Tochter auch kaum aus den Augen und sah, für mich, wie ein gebrochener Mann aus.
"Nein Cousin darfst du nicht. Tut mir leid aber sie gehört nur mir, für immer."
Sogar an unserer Hochzeit blieb mein Sergej unhöflich aber er brachte damit Miloš zum Lachen.
Er wirbelte mich herum, küsste mich innig, liess mich keine Sekunde los.
Alle konnten es sehen, kein Verstecken mehr, keine Masken mehr, er zeigte es gerne und viele sahen uns geschockt an.
Doch das war ihm egal.
"Sergej, wieso feiern wir im Hotel Hyatt und nicht in der Villa?" Das wollte ich eigentlich schon lange fragen.
"Weil wir uns dort nicht besonders wohl fühlen. So verbringe ich nicht die Hochzeitsnacht mit dir! Du sollst dich wohl fühlen, alle Lichter über Belgrad sehen wenn ich dich aus diesem Kleid schäle" raunte er mir zu.
Es bewirkte genau das was er wollte, ich bekam eine Gänsehaut.
Das war verrückt! Wir hatten so oft miteinander geschlafen aber ich reagierte trotzdem so.
"Deshalb hast du mich auch nie angerührt in der Villa" murmelte ich.
"Ja. Du fühlst dich dort wie in einem Gefängnis, das sieht man dir gut an."
Mittlerweile sassen wir an unserem Tisch. Doch er liess mich nicht auf meinem Brautstuhl sitzen, er zog mich einfach auf seinen Schoss.
"Nicht wie in einem Gefängnis mein Mann, wie in einem Geisterschloss eher. Jedes Mal wenn ich an gewissen Türen vorbei ging, dann...dann war es als würde mir etwas Eiskaltes in den Nacken greifen" versuchte ich es zu erklären.
Sergej fütterte mich mit dem köstlichen Hummer und nickte.
"Das verstehe ich. Ich mag sie auch nicht. Deshalb wird sie ja verkauft."
Ich streichelte zärtlich über seine Wange.
Ich verstand ihn auch sehr gut.





My Destiny Mein Schicksal  (Teil 1, Teil 2 heisst HOFFNUNG, HOPE, NADA)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt