Kapitel 28

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Ein Privatflieger war wirklich eine tolle Sache, nur wusste ich nicht, dass ich Flugangst hatte.
Ich wollte mich nicht blamieren als wir in der Luft waren, und gab vor zu lesen.
Da flog ich zum ersten Mal und natürlich hatte ich Flugangst. Wie könnte es auch anders sein, ich war so ein Schwächling!
Als mich die Nervosität übermannte, stand ich unter dem Vorwand auf, auf die Toilette zu müssen. Mit kaltem Wasser benetzte ich meinen Nacken und mein Gesicht. Ich versuchte tief und gleichmässig zu atmen und als ich dachte, ich hätte es im Griff  ging ich wieder zurück. Angst war einfach nur anstrengend.
In dem Moment gab es Turbulenzen und ich erstarrte, sah wie Lazar die Stirn runzelte und aufstand. Ich spürte wie mir Blut aus der Nase lief, Angstschweiss bildete sich auf meinen Rücken und meine Beine gaben nach. Ich sah wie sich Lazar's Augen weiteten und wie er auf mich zukam.
Alles wurde Schwarz, urplötzlich.

In einem Luxus Privatflieger in Ohnmacht zu fallen, das schaffte wohl nur ich! Und mein Blut auf dem Teppich verteilen?
Richtig! Das schaffte auch nur ich.
Ich öffnete blinzelnd meine Augen und hatte Sergej's Gesicht vor mir.
Er sah mich besorgt an, streichelte über meine Haare und hielt mich auf seinem Schoss.
"Kleines, kannst du bitte den sterbenden Schwan machen, wenn wir nicht in der Luft sind?" murrte mich Lazar an.
Ich bekam sofort ein schlechtes Gewissen.
"Es tut mir so leid Lazar. Das wollte ich nicht" flüsterte ich ihm zu und erhob mich langsam. Ich war eine lebendige Peinlichkeit, ein Misstritt auf zwei zu kurzen Beinen.
Ich schämte mich so!
"Lazar, kümmere dich um deinen Welpen und halt die Klappe!" zischte ihn Sergej zu.
"Er hat doch recht, es tut mir so leid Sergej! Jetzt habe ich auch noch deinen Teppich hier ruiniert" geknickt sah ich zwischen den Männern hin und her, drehte meinen Kopf und schloss die Augen. Mich sollte man einsperren und den Schlüssel wegwerfen!
Ich brachte nur Ärger.
"Kleines das war nicht böse gemeint, du hast mich nur zu Tode erschrocken."
Lazar drückte meine Hand und lächelte mich lieb an.
"Das weiss ich doch, tut mir leid" murmelte ich vor mich hin. Ich konnte in seinen Augen sehen, welche Sorgen er sich machte.
"Wieso hast du nicht gesagt, dass du Flugangst hast?" fragte mich Sergej zärtlich.
"Weil ich es nicht wusste" antwortete ich beschämt.
Er nickte nur und zog mich an sich, küsste meinen Scheitel.
"Dann müssen wir mit dem Auto zurückfahren, das wird lustig an den Grenzen!" Lazar war echt nicht zu Helfen.
Was er so witzig fand. Er fand ja auch mich witzig, was ich auch nicht verstand.
"Nein Lazar, ich werde einfach etwas zur Beruhigung einnehmen vor dem Rückflug, das wird schon gehen. Irgend ein Arzt wird mir das schon verschreiben" sagte ich betont ruhig.
"Arzt? Kleines, sag nur was du brauchst" erwiderte er belustigt.
Sergej grinste nur.
Ach ja, Richtig! Manchmal vergass ich mit wem ich es zu tun hatte.
"Etwas mit einer kleineren Dosis Diazepan, die schwächste Dosis. Das wird reichen, denke ich" antwortete ich, dachte an meine Lehrbücher und die Medikamentenliste.
"Geht klar Kleines. Wie fühlst du dich?"
"Gut, eigentlich. Moment, das Flugzeug steht ja!" Wie lange war ich denn weggetreten gewesen?
"Du hast ganze zwei Stunden geschlafen mein Herz. Wir sind vor etwa 10 Minuten gelandet."
Ich konnte Sergej nur dumm ansehen.
Ich war tatsächlich noch peinlicher als ich dachte!

Es war paradox wie die Stadt auf mich wirkte.
Auf der einen Seite noch so viel Zerstörtes von den Bomben und auf der anderen Seite dieser verschwenderische Luxus.
Auf der einen Seite Flüchtlinge und Armut und auf der anderen Seite stand ich vor unfassbarem Reichtum.
Wie so ein Erbe begrüsst und empfangen wurde, war geradezu lächerlich!
Er wurde wie ein verdammter König behandelt! Man zeugte ihm so viel Respekt, dass ich es nicht fassen konnte. Alles was ich bis jetzt gesehen habe, war nichts gegen diese Szenerie. Ich wusste wer Sergej war, ich wusste was das bedeutete doch ich war nicht auf dieses Getue vorbereitet gewesen.
Sergej hatte seine kalte Miene aufgesetzt, gab kurze Anweisungen und hörte sich genau an, was ihm wegen Tami berichtet wurde.
Ich stand verloren in einer Ecke und hörte nichts, fühlte mich nur unwohl und wäre am liebsten getürmt.
Sergej war konzentriert, beachtete mich nicht und darüber war ich froh, sehr sogar!
Ich wusste nicht ob ich ihm meine Gefühle und Gedanken verständlich machen könnte, oder was ich überhaupt sagen sollte.
Eine komische Angst sass tief in meinen Knochen, sie blockierte mein Denken.
Doch Lazar entging nichts, er stellte sich vor mich und musterte mich genau.
"Komm Kleines, wir gehen raus. Du brauchst... eine Zigarette" sagte er leise, kaum hörbar.
Eine? Eine ganze Schachtel!
Ich folgte Lazar stumm, wollte dann etwas sagen doch er schüttelte nur warnend seinen Kopf und sah mich eindringlich an.
Er führte mich hinaus in den Garten, der so gross war wie zwei Fussballfelder. Es gab zwei Pool's, viel Platz, viele Bäume und war komplett abgeschottet.
Diese Villa war wie eine Festung.
An beiden Enden mit der grossen Mauer verbunden, Kameras in allen Ecken und bewaffnete Männer überall.
Ungebeten kam man hier nicht rein aber auch nicht raus. Es war wohl das schönste Gefängnis, das jemand erbaut hatte.
Und es machte mir Angst, es zeigte mir deutlich wer Sergej war.
Lazar führte mich unter eine wunderschöne Trauerweide, sah sich unauffällig um und sprach dann erst.
"Ich kann dir die Überforderung ansehen Kleines. Wie kann ich dir helfen?" flüsterte er und zündete uns eine Kippe an.
Langsam inhalierte ich und liess mich unter den Baum sinken. Ich sah ihm nur in die Augen bis er sich vor mich setzte.
"Lazar, wie hat es Sergej geschafft, dass Miloš hier bleiben muss und nicht er?"
Es war offensichtlich, dass alle nur auf ihn hörten. Er war ihr König, ihr Anführer.
"Er ist intelligent, sehr engagiert und sehr wichtig für die... Europäischen Geschäfte, Kleines. Er spricht sechs Sprachen, er hat sich den Respekt erarbeitet und wurde nie verurteilt. Die letzten beiden Jahre war er praktisch ein Geist, ein guter Geschäftsmann mit einem  florierenden Club und vielen legalen Nebeninvestitionen.
Verstehst du Kleines?"
Ich verstand sehr gut, Tarnung war alles. Tarnung, Planung, Vorsicht, Reservepläne, Stärke, Gewissenlosigkeit.
"Ich verstehe mein Freund, ich verstehe" flüsterte ich genauso leise.
"Ich nehme an hier haben alle Wände Ohren?" fragte ich nachdenklich.
Er nickte und sah mich mitleidig an.
"In Sergej's Gemächer kannst du sagen was du willst, tun was du willst. Nur dort und bei mir. Niemand wagt es dort zu lauschen und die Gemächer sind Schallisoliert."
Gemächer?
"Du wirst es sehen Kleines aber ich warne dich vor. Kontrollier deine Mimik, egal was du siehst oder hörst, kontrollier dich und rede nur in diesen Räumen offen mit Sergej." Eindringlich blickte er mir in die Augen.
"Ist er in Gefahr? Bist du in Gefahr?"
Nur das wollte ich wissen.
"Nein, er ist ganz sicher nicht in Gefahr hier und ich auch nicht. Wenn du dich an meine Anweisungen hältst, dann wirst du auch nicht in Gefahr sein."
Ich nickte nur, rauchte meine Zigarette fertig und nahm dann meine Kette ab.
"Hier, nimm sie. Gib sie mir zurück, wenn ich wieder seine Nina sein darf."
Ich legte keine Emotion in meine Stimme, sah ihn nur ruhig an und lächelte mein falsches Lächeln. Ich würde wohl bis Sonntag mit dieser Maske herumlaufen müssen.
Lazar nahm die Kette und sah mich kurz mitleidig an. Dann versteckte er sie in seine Hosentasche und nickte mir zu.
"Du bist mutiger als es gut für dich ist Kleines" murmelte er und bat mich, ihm zu folgen.

My Destiny Mein Schicksal  (Teil 1, Teil 2 heisst HOFFNUNG, HOPE, NADA)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt