Teil 54

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Magnus

Das heiße Wasser prasselt auf meinen Körper und ich schließe die Augen, um es zu genießen. Mein Nacken schmerzt und ich bin vollkommen verspannt. Momentan habe ich das Gefühl, ich gebe alles aber es ist trotzdem nicht gut genug.

Seit einem halben Jahr arbeite ich mit Ragnor an seiner neuen Bar und nie ist es richtig. Die Fassade ist zu bröckelig, die Möbel nicht schick genug, die Wandfarbe passt nicht, das Geschirr nicht stabil genug und und und. Irgendwas hat er immer zu meckern und ich musste Alec tatsächlich noch ein zweites Mal um Geld bitten. Er hatte ohne mit der Wimper zu zucken einen weiteren Scheck ausgestellt, ohne zu wissen, dass ich mir alles genau aufschreibe und es nach unserer Scheidung gegenrechnen werde. Ich will Alec nichts schuldig bleiben aber langsam bekomme ich Angst um meine eigene Zukunft, denn Ragnors Sonderwünsche sind nicht sonderlich günstig.

Alec. Seit unserer Rückkehr aus den Flitterwochen ist alles anders. Ich schlafe weiterhin auf dem Sofa und auch so gehen wir uns weitesgehend aus dem Weg. Ich arbeite fast schon durchgehend, entweder ich bin im Büro oder bei Ragnor. Selbst Sebastian ist andauernd bei meinem Vater, denn sein handwerkliches Geschick können wir gut gebrauchen und außerdem haben er und Marc sich angenähert, was mich sehr freut. Die beiden verstehen sich sehr gut und ich kann sehen, wie Sebastian immer mehr aufblüht. Wenigstens ein Gutes hat diese Sache.

Mittlerweile ist bewiesen, dass es keine Brandstiftung war, sondern tatsächlich die alten Kabel den Geist aufgegeben haben. Die Versicherung hat Ragnor keinen einzigen Dollar gezahlt, weil er angeblich fahrlässig gehandelt hat, indem er die Kabel nicht hat überprüfen lassen und die Batterien der Brandmelder dauerhaft leer waren. Für ihn war es schwer aber er hat gewusst, dass ich ihm helfen werde und darauf verlässt er sich noch heute.

Alec und ich haben noch ein halbes Jahr und das macht mir eine verdammte Angst. Was kommt danach? Er fehlt mir unglaublich aber ich habe mir selbst versprochen, ihn nicht mehr unter Druck zu setzen und daran werde ich mich halten. Er selbst sieht aus wie ein Gespenst. Er ist blass, hat tiefe Augenringe und ist nur noch selten zu Hause. Oft sitze ich am Abend alleine auf dem Sofa und zwinge mir eine Kleinigkeit zu essen rein. Die zweite Sache, die mich beunruhigt ist, dass Maryse Lightwood sich mehr als still verhält und ich den Mann vom Möbelladen und vom Strand seitdem drei weitere Male gesehen habe. Mittlerweile vermute ich, er ist ein Privatdetektiv und zwar ein verdammt schlechter, so oft, wie ich ihn schon gesehen habe. Gerade heute habe ich ihn in der Nähe der Bar gesehen und ich hadere noch mit mir, ob ich mit Alec darüber reden soll.

Entschlossen trockne ich mich ab und schlüpfe in eine Jogginghose. Ich vermute, er ist im Schlafzimmer, denn ich habe ihn nach Hause kommen hören und finde ihn weder in der Küche, noch im Wohnzimmer. "Alexander?" frage ich gegen die Tür und klopfe dagegen.
Einige Sekunden später wird die Tür aufgerissen und er steht vor mir. Einen Moment stockt mir der Atem, denn er trägt nur eine Boxershort und seine Haare stehen wild von seinem Kopf ab.

"Ich wollte dich nicht wecken aber wir müssen dringend über etwas reden." sage ich und er starrt mich an. Schließlich seufzt er leise und macht die Tür ganz auf. Mit einer Handbewegung bittet er mich hinein. "Konnte eh nicht schlafen." murmelt er und unsicher gehe ich hinein. Die einzige Sitzmöglichkeit ist das Bett und so setze ich mich auf den Rand und sehe ihn an, während er sich ebenfalls setzt. "Also, was gibt es so wichtiges? Braucht Ragnor noch mehr Geld?" fragt er und dabei klingt er so erschöpft, dass es mir im Herzen weh tut.

Ich schüttel den Kopf. "Nein, darum geht es nicht. Es geht darum, dass mir schon mehrfach ein fremder Mann aufgefallen ist, der sich in meiner Nähe herumtreibt." erwidere ich leise und er zieht die Augenbrauen hoch. "Ein Mann? Was für ein Mann?" fragt er. "Ich weiß es nicht genau. Das erste Mal ist er mir im Möbelhaus aufgefallen und im Urlaub ist er mir auch begegnet." Alec zieht scharf die Luft ein aber ich deute ihm mit den Händen an, dass ich noch nicht fertig bin.
"Ich war mir nicht sicher, hab es erst für einen Zufall gehalten aber ich hab ihn jetzt auch hier öfter gesehen. Zuletzt heute in der Nähe der Bar." führe ich meine Erklärung weiter aus.

Alec springt auf und beginnt durch den Raum zu laufen. "Ein Privatdetektiv. Das würde zu ihr passen." murmelt er. "Denkst du, deine Mutter steckt dahinter?" frage ich und er nickt. "Natürlich. Wer auch sonst. Also, wo hast du ihn überall gesehen?" Er klingt ernst und ich hole tief Luft.
"Möbelhaus, am Strand, in der Nähe von Sebastians Haus, im Café gegenüber der Firma und heute glaube ich ihn gesehen zu haben, als ich in die Bar gegangen bin." überlege ich und er setzt sich wieder neben mich.

"Okay, also hat er eigentlich gar nichts oder? Er hat uns zusammen beim shoppen gesehen, in den Flitterwochen und bei der Arbeit. Dadurch das Sebastian euch hilft, können wir es als genau das verkaufen, denn schließlich hilft er euch und du betreust ihn. Dieser Mann darf nur keine Details aus deiner Vergangenheit herausfinden also musst du den Leuten in der Bar sagen, dass sie nicht mit Fremden reden dürfen." sagt er und sieht mich von der Seite an. Ich nicke. "Okay, ich rede sofort morgen mit den anderen." erwidere ich.

"Mach dir keine Sorgen, Magnus. Ich werde nicht zulassen, dass wir auffliegen. Du hast es bald geschafft und kannst dann tun und lassen, was du willst." murmelt er leise und mir steigen Tränen in die Augen. "Das werde ich niemals tun können. Du fehlst mir." flüster ich und er nickt leicht. "Du fehlst mir auch." antwortet er und erwartungsvoll sehe ich ihn an. Die Sehnsucht nach seinen Berührungen steigert sich gerade ins unermessliche. "Gute Nacht, Magnus." sagt er dann leise und ich verstehe. "Gute Nacht, Alexander." hauche ich und verlasse das Zimmer, bevor er meine Tränen sehen kann.

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