Kapitel 58

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Sarah:

Auch wenn es mir unglaublich schwer fiel und eigentlich gar nicht wollte, stand ich in meiner Wohnung jedoch nicht allein. Auf dem Weg nach Hause schrieb sie mir, dass sie eine Überraschung hätte und ich die Tür öffnen solle. Anscheinend hatten meine Mutter und ich unterschiedliche Ansichten von guten Neuigkeiten, da sie mir verkündete erneut zu heiraten und zwar den Mann, der neben ihr stand. Allein schon vom Aussehen konnte ich sehen, dass er kein Verständnis für die Beziehung zwischen Stella und mir zeigen würde, also setzte ich meine Maske auf, lächelte und beglückwünschte beide. Bis zum gestrigen Zeitpunkt, als ich meine Mutter das erste Mal nach Weihnachten und im neuen Jahr sah, sprachen wir nicht mehr über die Situation von vor einigen Wochen, als sie Stella und mich auf dem Sofa erwischte. Doch ich weiß, dass sie nicht stolz auf meine Sexualität ist, dies spürte ich schon sehr früh. Nichtmal ich war die Person, die es ihr sagte, nein es war ihr  damaliger Freund, einer von den vielen die sie in den letzten Jahren hatte. Er erwische mich und meine Freundin als wir uns küssten, erzählte meiner Mutter davon, welche mir schließlich ins Gesicht schlug und mich von diesem Tag an anders behandelte, bis heute. Keine Ahnung wieso sie dies tat, da ich nie fragte und wenn doch, ich nur schläge kassiert hätte, da war und bin ich mir sicher. Von da an war ich es gewohnt meine Maske aufzusetzen, meine Gefühle nicht zu zeigen, was ich bis heute in vielen Situationen nicht tue, einfach nicht kann. Ich habe Stella nie davon erzählt, dass mich der Freund meiner Mutter, Tric, wie sie ihn nannte immerzu schlug, weil es ihm nicht passte was ich sagte, was ich anhatte oder einfach so wenn meine Mutter nicht in Sichtweite war. Ich kann heute noch hören wie er mir ins Ohr raunte, mit seiner tiefen Stimme, welche mir angst machte:,,Ein Wort zu deiner Mutter und hast heute Nacht meinen Schwanz im Mund, verstanden?"
Bei diesen Gedanken wird mir schlecht, wie aus Reflex streiche ich mir über mein rechtes Ohr, hole tief Luft und nippe an meiner Tasse. Verstohlen werfe ich einen Blick zu Marry, meiner Freundin und Kollegin, jedoch telefoniert sie unbeirrt weiter. Auch nach all den Jahren blieb mir jeder Schlag, jedes Wort in Erinnerung, auch wenn ich es nicht will. In vielen Momenten kommen die Erinnerungen, die Angst zurück zum Beispiel bei Männern die ihm ähnlich sehen ist es extrem schlimm. Das Telefon auf meinem Tisch reißt mich aus den schlechten Gedanken, wofür ich im Moment sehr dankbar bin. ,,Ah, Jackson was kann ich für dich tun?", sage ich als ich die vertraute Nummer erkenne. ,,Hast du gleich kurz Zeit? Auf meinen Schreibtisch habe ich einige Bewerbungen liegen, die du nach schauen sollst um mir Feedback gegeben", ertönt es von ihm am anderen Ende der Leitung. ,,Ja, klar bin sofort bei dir", mit diesen Worten beende ich das Gespräch, erhebe mich, streiche mir mein eng anliegendes Kleid glatt und mache mich auf den Weg. An seiner Tür angekommen klopfen ich an, warte fünf Sekunden und betrete den Raum. Jackson ist jedoch nicht allein, auf der Schreibtischkannte sitzt eine Frau mit dem Rücken zu mir. Durch ihr braunes, langes Haar und ihren Kurven erkenne ich sofort, dass es sich um Stella handelt. Heute trägt sie eine enge, schlichte Jeans und einen Pullover, allein das bringt mich dazu beinah zum sabbern. Aber ich muss aufhören so etwas zu denken, da der Urlaub vorbei ist und ich mich wieder auf meine Arbeit konzentrieren muss und sollte. ,,Schön dass du da bist, setz dich für einen Moment", erhebt Jackson das Wort und deutet mit einer kleinen Geste auf den Stuhl ihm gegenüber. Wie mir angeboten mache ich es mir gemütlich, schlage meine Beine übereinander und lächle den Braunuaarigen breit an und beginne zu sprechen:,,Länger nicht gesehen, wie waren deine Feiertage?", will ich wissen, streiche mir eine Strähne aus der Stirn, da ich meine Haare heute offen trage. ,,Entspannent muss ich sagen", meint er und erwidert mein Grinsen, ,,und bei dir? Hast du die Zeit mit deiner Familie verbracht?" Kurz zögere ich mit meiner Antwort, ,,Kann man so sagen, ja", ich spüre wie sich eine leichte, Röte auf meinen Wangen ausbreitet. Stella dreht ihren Kopf in meine Richtung, sofort sehe ich, dass sie nicht wirklich gut und viel geschlafen hat, andererseits habe ich gesehen wann sie zuletzt online war, was meine Vermutung bestätigt. Dann grinst sie jedoch, ,,Wie Jackson am Telefon schon meinte", beginnt sie und reicht mir einige ausdruckte Bewerbungen, ,,wird es deine Aufgabe sein die Bewegungen durch zu lesen und uns Feedback geben, welche Potenzial haben, welche nicht.",,Lass dir Zeit, stress dich nicht", fügt der Braunhaarige noch hinzu, erhebt sich und reicht mir einen Becher von Starbucks. ,,Vielen Dank", bedanke ich mich grinsend, lasse meinen Blick nochmal kurz zu der Größeren gleiten und lächel sie ebenfalls an. ,,Ich weiß nicht ob du davon schon gehört hast aber wir machen morgen früher Schluss, die ganze Abteilung", erklärt Jackson mit ruhigem Ton, ,,da wir vor den Feiertagen leider nur wenig Zeit hatten, holen wir ein Essen mit den Kollegen nach." ,,Hört sich gut an", grinse ich, ,,steht denn schon fest wohin wir gehen und wann das wäre?", erfrage ich, lecke mir über die Lippen, nachdem ich an meinem Getränk nippte. ,,Da wir morgen so gegen vier die Arbeit einstellen werden, würde ich sagen gegen sechs", grübelt er, ,,dann hat jeder nochmal etwas Zeit sich Zuhause frisch zu machen aber ich werde im laufe des Tages noch eine Mail verschicken." Stumm nicke ich, nippe erneut an meinem Getränk, was unglaublich gut schmeckt. Im Augenwinkel vernehme ich Stella's Blick auf meinen Lippen, weshalb ich sie ansehe. Die Brünette wird nicht mal rot, auch wenn ich sie beim Starren erwischt habe, ,,Außerdem müssen wir", sie deutet auf Jackson und sich selbst, ,,Im Laufe der Woche nochmal mit dir reden." Ein leichtes Zucken mit der Augenbraue kann ich nicht verhindern, weshalb Jackson beginnt zu lachen, ,,Keine Sorge, nichts schlimmes." Beruhigt lehne ich mich wieder in den Sessel zurück und entspanne mich wieder. ,,Was ich schon von Anfang an mochte war, dass man offen über alles reden kann", meine ich nachdenklich, überschlage meine Beine erneut nur auf die andere Seite. ,,Apropos offen über alles reden", meint Stella und mustert kurz mein Outfit, ,,das Kleid sieht gut an dir aus, genau so wie deine offenen Haare", kurz zwinkert sie mir zu, erhebt sich dann von der Tischkannte, ,,Ach und Jackson, Big Boss hat ebenfalls sein Okay gegeben", meint sie noch, bevor sie den Raum verlässt. ,,Perfekt", murmelt der Braunhaarige und notiert sich etwas. ,,Gut, ich werde dann mal anfangen", sage ich, nehme die Bewerbungen von Tisch und erhebe mich, ,,ich will ja deine wertvolle Zeit nicht verschwenden", lache ich, zwinkere ihm zu als er den Kopf hebt, mich ansieht und verlasse ebenfalls den Raum mit einem lachenden Jackson im Rücken. Wieder in meinem Büro angekommen, was ich mit Marry teile , stelle ich den Becher bei Seite und widme mich den Unterlagen. Ich liebe meinen Job in der Personalabteilung, liebe es jedes Mal aufs Neue mir die Wünsche der Kunden anzuhören und versuchen das Beste daraus zu machen. Nach der vierten Bewerbung seufzte ich, da eigentlich fast alle sehr viel Potential haben. Auf einem kleinen Block mache ich mir Notizen, schreibe meine Gedanken zu jedem Dokument auf, welche ich dann schlussendlich Jackson und Stella vorstellen werde. Mitten in meinen Gedankenfluss werde ich an der Schulter berührt, verwirrt blicke ich auf es ist Marry. ,,Es ist schon halb drei, wollen wir zusammen Pause machen?", fragt sie lächelnd. Ich bin immer noch total neben der Spur und tatsächlich, ich war so in der Arbeit vertieft, dass ich die aus den Augen verloren habe. ,,Ja, klar", entgegne ich, lege meinen Bleistift auf den Tisch, schnappe mir meine Jacke vom Kleiderständer neben der Tür und verlasse Seite an Seite mit der Brünette das Büro. ,,Lass uns irgendwann mal wieder was zusammen machen", lacht Marry auf und grinst mich an. Ich habe es wirklich vermisst mit ihr zu reden, von ihrer immerzu guten Stimmung angesteckt zu werden und einfach zu lachen. ,,Klar gerne, wollen wir morgen Abend im Anschluss noch in eine Bar gehen?", frage ich, betätige den Knopf für den Lift und schaue sie an. ,,Gerne, wollen wir noch andere mitnehmen?", fragt Marry und wir betreten den Lift, bevor sich die Türen schließen stoßen zu meiner Überraschung Jackson, Stella und noch einige anderen Kollegen ebenfalls dazu. Stella stellt sich neben mich, während sie mit Jackson spricht, jedoch höre ich nicht zu, da ich Marry antworte. ,,Gerne, ich kann mal fragen wer noch Lust hat", erwidere ich grinsend, spüre plötzlich  eine Berührung an meiner Hand und einen Finger, welcher sich um den kleinsten meiner legt. Unsicher schaue ich mich um, doch niemand scheint diese kleine, unauffällige Berührung zwischen uns mitzubekommen oder diese wird gekonnt ignoriert, wer weiß. ,,Das Selbe gilt für dich", lacht sie, zückt ihr Handy, zeigt mir ein Bild, wobei ich lachen muss und das nicht gerade leise. ,,Tschuldigung", murmel ich und werde rot, versuche mich zusammen zu reißen. ,,Nicht doch", ertönt plötzlich Jackson's Stimme, ich drehe meinen Kopf zu ihm, ,,es ist doch schön wenn man Spaß hat", lächelt er zufrieden. Ich strahle ihn ebenfalls an und wende mich wieder Marry zu. ,,Glaubst du Ms. Clarkson würde kommen wollen?", raunt sie leise an meinem Ohr, so dass nur ich es hören kann. Ich gebe ein undefinierbares Geräusch von mir, was eine Mischung aus Keuchen und Lachen ist. Da ich denke, dass sie nicht weiß, dass zwischen uns etwas läuft raune ich:,,Ich kann fragen", zurück. Sie kichert leise, ,,Denkst du wirklich sie würde ja sagen?", säuselt sie nah an meinem Ohr aus Angst, dass die Angesprochne uns hört. Ich zucke nur mit den Schultern, ,,Keine Ahnung." Gerade fühle ich mich wie ein kleines Kind, das einen bösen Plan schmiedet, was mich irgendwie glücklich stimmt. ,,Ich kann meinen Freund auch fragen ob er kommen will", sagt Marry nun wieder in normaler Lautstärke und schielt leicht zu Stella herüber. ,,Kannst du gerne machen", entgegne ich. ,,Darf ich fragen wohin", mischt sich ein Kollege von uns ein. ,,Wir wollen morgen nach dem Essen noch in eine Bar gehen", erkläre ich locker und grinse, ,,willst du mit?" Schließlich stimmt er zu, ,,Kann ich noch Freunde mitbringen?", will er wissen. ,,Je mehr desto besser", lacht Marry auf und nickt. Der Lift hält im Eingangsbereich, nach und nach verlassen alle die kleine Kabine. Einige verabschieden sich in die Pause, andere wie Jackson, Stella und zwei weitere bleiben mit uns in der kühlen Januar Luft, etwas abseits der Eingangstür stehen. Jackson und ein anderer Mann in der Gruppe zünden sich ihre Zigaretten an. In meiner Hand halte ich eine Thermoskanne mit Tee und nippe daran. ,,Wollt ihr nicht irgendwo etwas essen?", fragt Josh, mein Kollege nach einer Weile und deutet auf das gegenüberliegendende Gebäude. ,,Wollen wir?", fragt mich Marry, als ich nicke harkt sie sich bei mir unter. Auch die anderen folgen uns in das Innere, wo es gemütlich warm ist.

Clarkson & RooclandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt