Kapitel 7

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Es klopfte dreimal an der Tür und ich stöhnte schmerzhaft auf, als ich versuchte mich zu bewegen. Wie soll ich so in die Schule gehen? Erleichtert stellte ich fest, dass ich zehn Minuten mehr Zeit haben würde, da ich gestern Abend ja duschen musste. Doch das war im nächsten Moment verflogen, da ich wusste, dass ich heute länger brauchen würde, um zur Schule zu laufen. Ich stand wackelig auf und machte mich fertig. Ein blauer großer Pullover und eine schwarze etwas engere Jeans hingen nun an meinem schmerzenden Körper. Ich hatte nicht gewagt an mir herab zu sehen, da ich Angst vor den Ausmaßen der blauen Flecken hatte. Mein Magen knurrte und ich fühlte mich ein bisschen schwindelig. Langsam, bedacht darauf keine abrupten Bewegungen zu machen, lief ich in die Küche und schnappte mir wie jeden Morgen einen Apfel. Heute hatte ich an die Handschuhe gedacht. Draußen an der kalten frischen Morgenluft ging es mir besser als noch vor ein paar Minuten. Ich aß meinen Apfel und versuchte ohne große Schmerzen zur Schule zu kommen. Das war nicht einfach. Ich humpelte und konnte nicht schnell gehen, da meine Rippen mich umbringen. Jeder Atemzug tat weh und meine Befürchtung eine der Rippen könnte angebrochen sein, wurde mit jedem Atemzug dringlicher. An der Schule angekommen, war ich vollkommen fertig. Mir tat alles weh. Ich hatte keine Kraft mehr und mir war wieder schwindelig. Erschreckend stellte ich fest, dass ich keine Schüler auf dem Schulgelände sah. Mein Blick raste zur Uhr. Fünf nach acht! Nein, ich bin zu spät! Als ich in die Schule gehen wollte, hörte ich laute Motorgeräusche. Meine Augen wanderten für einen Moment zu dem Geräusch und trafen auf eisblaue Augen, die gerade aus einem schwarzen Audi stiegen. Seine Haare fielen ihm leicht ins Gesicht. Lässig strich er sie zu Seite und sah dabei unverschämt gut aus. Hinter ihm kam Matthew zum Vorschein. Schnell lief ich hinein, bevor sie mich sehen würden. Am Klassenzimmer angekommen, wurde ich panisch. Was sollte ich nur sagen? Ich klopfte und trat ein. "Abby, schön, dass sie uns heute auch noch mit ihrer Anwesenheit beehren.", sagte Mr. Prayer sarkastisch. Ich stotterte eine Entschuldigung hervor und huschte zu meinem Platz. Mein zu spät kommen, wurde glücklicherweise von allen ignoriert. Ich versuchte aufzupassen und mitzuschreiben, aber der Schmerz in meinem Körper lenkte mich zunehmend ab. Meinen Kopf lehnte ich auf meinen Arm. Er fühlte sich schwer an. Irgendwie schaffte ich die erste Stunde und zu meiner großen Freude brauchte ich nicht den Raum wechseln. Einige Schüler wechselten den Kurs, andere kamen hinzu. Der Englischunterricht floss so dahin. Ich bekam kaum etwas mit. Meine Ohren rauschten leise. Vor meinen Augen drehte es sich ständig. Immer wieder schloss ich die Augen. Ich sollte etwas essen. Vielleicht spinnt mein Kreislauf, weil mein Abendessen gestern nicht verdaut werden konnte. Ich versuchte mich auf meine Atmung zu konzentrieren und gleichzeitig nicht zu tief einzuatmen, um Schmerzen zu vermeiden. "Abby, sie können auch gehen.", verwirrt schaute ich auf. Der Klassenraum war leer bis auf meine Englischlehrerin. Peinlich! Ich nickte, packte ein und machte mich auf den Weg zur Bibliothek. Bis auf ein paar Beleidigungen, die mir einige Schüler zu riefen, kam ich erleichtert und unversehrt an meiner Leseecke an. Die dritte Stunde habe ich frei, meine Französischlehrerin ist krank. Ich begann zu lesen und mich auszuruhen. Doch die Buchstaben begannen vor meinen Augen zu tanzen und das Rauschen in meinen Ohren wurde lauter. Vielleicht tut mir frische Luft gut. Vorsichtig stand ich auf und blieb kurz stehen, weil mir schwarz vor Augen wurde. Ich stolperte aus der Bibliothek und musste mich immer wieder an den Spinden festhalten. Zum Glück hatte die dritte Stunde begonnen. Niemand war auf den Fluren. Endlich kam die Tür in Sicht. Ich biss mir auf die Lippe, um mich von den Schmerzen abzulenken. Das Dröhnen in meinen Ohren wurde lauter. Endlich war ich draußen. Ich klammerte mich an die Säule bei der Eingangstür und versuchte zu atmen. Meine Knie zitterten. Tränen stiegen mir in die Augen. Mein Körper tat so weh. "Was ist dir denn über die Leber gelaufen, Freak?" Ich schaute nicht auf, denn ich konnte die Stimme sofort zu ordnen. Jonathan war auch draußen. Ich versuchte ihn zu ignorieren und mich weiter auf meine Atmung zu konzentrieren. "Hey, ich rede mit dir.", sagte er wütend und riss mein Kinn hoch. Ich schrie schmerzerfüllt auf. Sofort ließ er mich los. Die Wut entwich seinem Blick. Tränen flossen aus meinen Augen und ich hielt mir schützend die Seite. "Abby, was ist mit dir?" Seine Stimme klang ganz anders, als wäre er besorgt. Ich sah ihn nur verschwommen hinter dem Vorhang meiner Tränen. Es begann sich wieder alles zu drehen. Ich lehnte meinen Körper noch mehr gegen die kalte Säule. "Abby, rede!" Nun klang er wirklich voller Sorge. "Mir ist schwindelig.", stotterte ich kaum hörbar. "Du musst dich setzen." Ich rutschte vorsichtig und langsam an der Säule herunter bis ich auf dem kalten Boden saß. Jonathan stand vor mir und griff sich verzweifelt durch die Haare. Ich hielt noch immer meine Seite. Weitere Tränen flossen meine Wangen hinunter. "Hast du heute morgen etwas gegessen?" Ich nickte. "Warum hälst du dir die Seite? Bist du verletzt?", fragte er weiter und klang ernst. Ich schüttelte den Kopf. "Abby, lüg mich nicht an!" Wütend schlug er gegen die Säule, weshalb ich zusammen zuckte und schmerzerfüllt auf stöhnte. Er hockte sich vor mich. "Wo bist du verletzt?" "Ich ich, m-meine R-rippe." "Was ist passiert?" Er legte seinen Finger sanft unter mein Kinn, ich zuckte erst weg, aber ließ ihn dann mein Gesicht vorsichtig anheben, sodass ich ihm nun in die Augen sehen musste. Sie waren voller Sorge. "Abby, was ist passiert?", wiederholte er ernst. "B-bin g-gestern die Trep-Treppe herunter g-gefallen." Meine Stimme war kaum zu hören. Mir war so schrecklich schwindelig. Ich drückte meine Augen zu, aber es drehte sich einfach weiter. "Ich bringe dich ins Krankenhaus.", sagte er festentschlossen. "Nein, b-bitte n-nicht." Er ignorierte mein Gestotter und hob mich einfach hoch. Er setzte mich vor seinem Auto ab und holte unsere Taschen. Schnell warf er sie auf den Beifahrersitz und half mir hoch. Hilfesuchend klammerte ich mich an ihm fest, weil mir schwarz vor Augen wurde. "Scheiße, Abby.", keuchte er erschrocken und hob mich hoch. Er legte mich auf die Rückbank, schloss die Tür und rannte ums Auto herum. Schnell stieg er ein und startete den Wagen. "Wehe du kotzt in mein Auto.", sagte er ernst und fuhr los. Ich schloss meine Augen und versuchte die Fahrt über mich auf meine Atmung zu konzentrieren. Es war still im Auto bis Jonathan stehen blieb. Mein Körper tat so schrecklich weh, ich hatte Angst das Bewusstsein zu verlieren. Jonathan hob mich vorsichtig aus dem Auto. Ich stöhnte schmerzerfüllt auf. "Tut mir leid, Abby.", murmelte er und machte die Autotür mit seinem Fuß zu. "Jonathan.", stotterte ich ängstlich. "Ja.", sagte er angestrengt, da er schnellen Schrittes zum Krankenhaus rannte. "Ich, ich k-kann nicht m-mehr." Alles drehte sich vor meinen Augen und ich wollte der Schwäche einfach nur noch nachgeben. Ich fühlte mich so kraftlos. "Abby, bleib wach. Fuck!" Meine Welt wurde schwarz und das Dröhnen in meinen Ohren immer lauter. "Ich brauche Hilfe!", hörte ich Jonathan noch weit entfernt rufen, bevor mich die Dunkelheit verschlang.

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