Kapitel 48

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Zu Hause angekommen, begann ich zu kochen und holte mein Handy heraus. Es war verdächtig ruhig im Haus, sodass ich hoffte tatsächlich gerade allein zu sein. Mit der Tatastatur öffnete ich den SMS-Chat zwischen Jonathan und mir. Leise begann ich zu tippen. Es dauerte etwas eine Nachricht zu formulieren mit dem alten Tastenhandy, aber ich war immer noch unheimlich glücklich, dass Jonathan es mir geschenkt hatte.

A: Bin gut zu Hause angekommen. :)

Schnell drückte ich auf senden und kümmerte mich weiter um das Essen. Jedoch dauerte es nicht lange bis das Handy auf dem Tisch vibrierte. Ein Lächeln bildete sich auf meinen Lippen, schon bevor ich die Nachricht überhaupt gelesen hatte.

J: Sehr gut. :) Ist alles okay bei dir? Wie sind die Schmerzen?

Ohne lange zu überlegen oder zu zögern, begann ich eine Antwort zu formulieren.

A: Alles gut, ich koche gerade. Meine Hände schmerzen leicht, aber es ist gut auszuhalten. Ich nehme nach dem Essen noch eine Tablette gegen die Schmerzen.

Als hätte er auf meine Antwort gewartet, dauerte es nicht mal eine Minute bis mein Handy erneut vibrierte. Bei seiner Nachricht begann ich laut zu lachen.

J: Ich hätte dich auch heute Mittag kochen lassen müssen. Dein Essen ist unwiderstehlich und ich bekomme nichts davon ab. :(

Ich stellte den Herd herunter und begann den Tisch zu decken. Wieder ertönte der Klang des Handys.

J: Halt mich auf dem Laufenden mit deinen Schmerzen.

A: Das mache ich.

Ich nutzte die Chance, dass keiner da war und nahm mir mein Essen mit hoch in mein Zimmer. Dort aß ich leise und setzte mich wieder an meine Hausaufgaben. Glücklicherweise konnte ich mich nun besser konzentrieren und war in einer halben Stunde fertig. Ich hatte noch immer keine Antwort auf die Frage gefunden, ob ich Jonathan nun liebe, aber habe mir vorgenommen mir erst einmal nicht mehr den Kopf darüber zu zerbrechen. Weil ich langsam müde wurde durch die Tablette, nahm ich mir noch einmal mein Handy.

A: Die Tablette wirkt, die Schmerzen sind so gut wie weg. Lege mich schlafen. Gute Nacht <3

Vorsichtig legte ich mich auf die Matratze und versuchte zu schlafen bis mein Handy vibrierte. Schnell nahm ich es und öffnete die neue Nachricht.

J: Schlaf gut mein Engel.

Mein Herz begann schneller zu schlagen, doch im nächsten Moment war ich etwas verunsichert, weil er keinen Smiley benutzt hatte. Andererseits ist Jonathan ein Junge und vielleicht benutzen sie einfach weniger Smileys. Im nächsten Moment seufzte ich frustriert. Warum machte ich mir darüber überhaupt Gedanken? Ich versteckte mein Handy in meiner Tasche und versuchte erneut zu schlafen. Es dauerte nicht lange, da zog es mich in einen unruhigen Schlaf. Ich träumte viel und diese Träume machten mir Angst, jedoch konnte ich mich an ihre Handlung nicht erinnern. Zurück blieb nur das ungute Gefühl in der Magengrube und die Gänsehaut, die die Angst ausgelöst hatte. Ich schreckte hoch, als es am Morgen dreimal klopfte. Schnell stand ich auf, wusch mich und zog mich an. Dann lief ich nach unten und räumte mir den Weg durch leere Bierdosen in die Küche frei. Bevor ich mich auf den Weg zur Schule machte, sammelte ich sie erst einmal alle auf. Plötzlich klopfte es an der Tür und Matthew rannte an mir vorbei. Als er mich sah, kam er gehetzt zurück. "Du musst hinten hinaus. Draußen ist Jonathan! Warum bist du überhaupt noch hier?" Mein Blick fiel zur Uhr und ich erschrak. Durch das Aufräumen war viel zu viel Zeit vergangen. Schnell eilte ich zur Hintertür und lief hinaus in den Garten. Meine Schuhe wurden triefend nass, als ich über den Rasen lief. Es muss heute Nacht furchtbar geregnet haben. Ich spürte, wie die Nässe unangenehm in meine Schuhe kroch und meine Socken feucht werden ließ. Als ich an der Garage vorbei kam, konnte ich beobachten, dass Jonathan und Matthew im Haus waren. Also nutzte ich schnell die Chance und eilte glücklicherweise unbemerkt auf den Bürgersteig. Ich versuchte so schnell wie möglich zu laufen. Mein Atem wurde schneller. Die kalte Luft biss sich in meine Luftröhre und ließ meine Lungen rasseln. Total aus der Puste und etwas verschwitzt kam ich schlussendlich an der Schule an. Es war gerade noch rechtzeitig. Schnell eilte ich in die Schule zu meinem Klassenraum und kam gerade so pünktlich. Ich fühlte mich total ausgelaugt, als ich an meinem Platz an kam. Als ich einen Blick auf mir spürte, schaute ich zurück und traf auf zwei besorgte eisblaue Augen. Ich versuchte ihm unauffällig beruhigend zu zu nicken, aber ich weiß nicht, ob er es verstanden hatte. Den Unterricht verfolgte ich konzentriert und schrieb mit, auch wenn ich mich immer wieder kurz abgelenkt fühlte durch einen Blick, den ich auf meinen Rücken spürte. Schon komisch, dass man es wahrnehmen kann, wenn einen jemand beobachtet, obwohl man seine Augen ganz woanders hat. Als die zweite Stunde endlich um war, machte ich mich langsam auf den Weg zur Bibliothek. Meine Schuhe quietschten beim Auftreten, weil sie noch immer nass waren. Meine Füße fühlten sich ziemlich kalt an, aber was sollte ich tun? Ich habe nur dieses Schuhpaar. Gerade als ich um die Ecke gehen wollte, wurde ich aufgehalten. Ängstlich sah ich auf in zwei leuchtend grüne Augen. Sein schwarzes Haar lag verwuschelt auf seinem Kopf und er grinste mich verschmitzt an. "Wohin so schnell?", fragte Matthew amüsiert. Es bildete sich ein Kreis von Schülern um uns herum, die neugierig zu sahen. Ängstlich sah ich mich um, aber Jonathan war nirgendwo zu sehen. Plötzlich treten Angelika und Melania aus der Menge und stellen sich hinter Matthew. "Kannst du nicht reden?", fragte Matthew nun sauer und nahm mich an meinen Kragen, nur um mich gegen die Wand zu drücken. Panik stieg in mir auf und mein Körper begann vor Angst zu zittern. "Sie ist zu dumm dazu.", säuselte Melania und brachte damit alle zum Lachen. "Wir haben etwas für dich.", ruft Angelika und im nächsten Moment lässt Matthew mich plötzlich los. Ich kann mich gerade noch auffangen, als plötzlich etwas kaltes flüssiges auf mich geworfen wird. Ich spüre, wie es an mir hinab fließt. Schnell schaue ich herunter. Sie hatten Farbe auf mich geschüttet. Es war überall. Alle begannen laut zu lachen und Matthew machte Fotos von mir. "Jetzt werden dich alle so sehen können.", sagte er triumphierend und trat mir mit seinem Fuß meinen Arm zu Seite. Ich verlor das Gleichgewicht und lag nun ganz auf dem Boden. Meine angebrochene Hand begann fürchterlich zu schmerzen. Inständig hoffte ich, dass sie nun gehen würden, aber sie lachten einfach weiter. Ich versuchte mich aufzuraffen, Tränen sammelten sich in meinen Augen. Zum Glück hielten sie mich nicht auf, als ich weg lief. Ohne zu zögern, führten meine Füße mich Richtung Ausgang. Mein ganzer Körper zitterte noch immer stark. Ich würde nicht hier bleiben. Mühsam drückte ich die Tür auf und lief hinaus auf den Parkplatz, um das Schulgelände zu verlassen. Dann sah ich ihn plötzlich. Jonathan lehnte lässig an seinem Auto und rauchte. Er konnte mich nicht sehen, denn er schaute in die andere Richtung. Schnell lief ich weiter. Er sollte mich so nicht sehen. Ich eilte vom Parkplatz und um den Baum herum auf den Bürgersteig. Er müsste mich nicht gesehen haben. "Abby?" Scheiße, ich war nicht schnell genug. Ich verschnellerte meine Schritte, aber es war zwecklos. Jonathan hatte mich sofort eingeholt und stand nun vor mir, sodass er mich stoppte. "Was ist passiert?", fragte er geschockt. Er wollte auf mich zu gehen, aber ich wich zurück. "S-siehst d-du das n-nicht?" Wütend zeigte ich auf meinen Körper, der überall übersät war mit Farbe. "Wer war das?" Er war mehr als aufgebracht, dass sah ich ihm an, aber ich konnte meine Wut gerade nicht zügeln. Dabei hatte er keinerlei Schuld daran. "Wer wohl? Deine verdammten Freunde!", stotterte ich verärgert und wollte an ihm vorbei gehen. "Abby.", sagte er und hielt mich wieder auf. Seine Stimme klang sanfter, aber ich wollte ihn gerade nicht bei mir haben. "Jonathan, bitte lass mich gehen. Ich bin gerade wütend, aber nicht auf dich und wenn du jetzt weiter hier bist, lasse ich es an dir aus. Ich will einfach nur nach Hause und duschen. Siehst du nicht, wie ich mich schäme, wie beschmutzt ich mich fühle. Matthew hat Fotos gemacht. Die sieht jetzt die ganze Stadt. Jeder sieht wie erbärmlich ich bin. Also lass mich bitte gehen. Ich will alleine sein." Er sah mich traurig an und trat zu Seite. Mein Herz brach bei seinem Anblick, aber ich wollte ihn nicht weiter für etwas anschreien, wofür er überhaupt nichts kann. Also lief ich allein los nach Hause.

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