Kapitel 94

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Zurück im Haus zogen wir uns unsere Schuhe aus und standen nun im Flur. Ich hatte ihn nach unserem Kuss nicht weiter bezüglich seiner Wut ausgefragt. Denn ich war bereits sehr glücklich, dass er mir von sich aus einen Teil seiner Wut erklärt hatte. Also hatten wir den Rückweg stillschweigend und lächelnd verbracht. Jonathan sah unschlüssig zur Küchentür. Man hörte Cassandra und Maggie leise reden. "S-sollen wir g-gemeinsam hinein g-gehen?", fragte ich vorsichtig, denn ich wollte nicht seine Wut erneut entflammen. "Eigentlich möchte ich mit Mom sprechen, aber ich habe keine Lust auf Cassandra.", flüsterte er genervt. Leise knurrte mein Magen. "Und wir haben noch nicht gefrühstückt.", ergänzte Jonathan mit einem leichten Lächeln. Mir dagegen schoss Röte ins Gesicht. Mir war das Knurren meines Magens eher unangenehm. "Soll ich hinein gehen, uns Frühstück machen und nach oben bringen?", fragte ich stotternd, um ihm eine Lösung zu präsentieren. Doch Jonathan schüttelte den Kopf. "Nein, wir gehen einfach hinein.", meinte er nun sicherer. Ich ergriff seine Hand und er schenkte mir ein warmes Lächeln. Jonathan öffnete die Tür und wir liefen gemeinsam in die Küche. Maggie und Cassandra sahen sogleich auf. Auf Maggies Gesicht erschien sofort ein Ausdruck der Erleichterung. Jonathan führte mich zum gedeckten Frühstückstisch, ließ meine Hand los und lief los, um für uns Besteck und Geschirr zu holen. "Setz dich.", forderte er mich lächelnd auf. Auch auf Cassandras Gesicht hatte sich nun Überraschung zu erkennen gegeben. Maggie suchte den Augenkontakt zu mir und lächelte mich dankend an. Als Jonathan sich zu mir setzte, war es noch immer still. Räuspernt ergriff er das Wort: "Was möchtest du essen, Abby?" "Ein Croissant.", antwortete ich schnell und er reichte mir daraufhin den Brotkorb. "D-Danke.", sagte ich leise und ich begann mir Marmelade auf mein Croissant zu schmieren. Jonathan begann ebenfalls zu essen. "War es schön am See?", fragte Maggie zaghaft. "Ja.", antwortete Jonathan knapp. "Es war sehr kalt, aber trotzdem sehr schön.", erzählte ich stotternd, um Maggies Versuche ein Gespräch aufzubauen nicht im Keim ersticken zu lassen. "Ja, es hat heute Nacht auch stark gefroren.", meinte Maggie und nahm sich etwas Quark. "Vielleicht ist der See diesen Winter wieder zugefroren, dann könnten wir Eislaufen gehen.", schlug mir Jonathan lächelnd vor. Schnell nickte ich lächelnd. "D-das ist eine sch-schöne Idee.", unterstützte ich meine Geste mit dieser Aussage. Cassandra wirkte immer noch sehr überrascht. "Seit wir hier wohnen, sind wir jedes Jahr dort Eislaufen gegangen.", erklärte Maggie lächelnd. "Entschuldigung, aber ist noch jemand so krass zum Positiven überrascht wie ich?", platzte es plötzlich aus Cassandra. Doch wir musterten sie alle nur verwirrt. "Euch muss es doch auch überraschen? Jonathan ist wütend hinaus gestürmt und jetzt sitzt er hier total entspannt und isst sein Frühstück. Früher hättest du dich den Rest des Tages nicht mehr blicken lassen oder hättest irgendetwas demoliert. Ich finde, du hast dich krass entwickelt!", erklärte Cassandra noch immer voll Erstaunen und Enthusiasmus. "Ähm, danke.", sagte Jonathan irritiert. "Es stimmt, was Cassandra sagt. Du bist so viel ausgeglichener, Jonathan. Ich freue mich so für dich, dass du diese starke Wut in dir überwinden kannst.", erzählte Maggie stolz. "Das ist aber alles nicht mein Verdienst. Abby hilft mir damit. Ohne sie wäre ich jetzt gerade sicher nicht hier am Frühstücken.", gab Jonathan lässig zu. Erstaunt sah ich ihn an, dass er dies so vor seiner Mutter aber vorallem vor seiner Stiefschwester formuliert hat, damit hätte ich niemals gerechnet. Maggie lächelte glücklich. "Wie lang seit ihr schon zusammen?", fragte Cassandra neugierig. Unschlüssig sahen Jonathan und ich uns an. "Oder seid ihr nur Freunde? Oder keine Ahnung Freunde mit Benefiz, heutzutage ist ja alles möglich.", fragte sie neugierig weiter. Ich sagte nichts, denn ich wünschte mir, dass Jonathan definiert, was wir sind und ich musste mir eingestehen, dass ich inständig hoffte, dass er uns als mehr als nur Freunde deklariert. "Wir haben noch nichts irgendwie offiziell gemacht.", gab Jonathan zu und kratzte sich nervös und unbehaglich am Nacken. "Und ich habe Abby halt auch noch nicht gefragt, ob sie meine Freundin sein will.", fügte er unsicher hinzu. Noch immer sagte ich nichts, denn auch, wenn ich dies nicht wollte, machte sich Enttäuschung in mir breit. Zu sehr hatte ich gehofft, dass er etwas anderes gesagt hätte. "Gut, ich formuliere es anders. Wie lange kennt ihr euch schon?", fragte Cassandra. "Seit dem Sommer, wir gehen zusammen zur Schule. Aber richtig kennengelernt haben wir uns glaub ich vor zwei Monaten ungefähr.", erzählte Jonathan. Ich nickte unterstützend und biss von meinem Croissant ab. "Ich finde euch auf jeden Fall richtig süß zusammen und ich möchte jetzt los. Ich habe mich mit Steffany in der Stadt verabredet. Maggie, kann ich dein Auto nehmen?", fragte sie, räumte ihr Geschirr ab und war auf dem Weg in den Flur. "Ja, Liebes.", antwortete Maggie lächelnd. "Danke, bis später.", rief Cassandra aus dem Flur heraus und wenige Minuten später hörte man die Haustür ins Schloss fallen. Es war ruhig geworden am Frühstückstisch. "Mom, es tut mir leid, dass ich vorhin so ausgerastet bin.", platzte es plötzlich aus Jonathan heraus. Auf Maggies Gesicht bildete sich ein verstehendes Lächeln. "Alles gut, Jonathan. Es war auch nicht fair, wie du es erfahren hast und eigentlich hätte es Cassandra noch gar nicht wissen sollen. Steve und ich wollten es euch gemeinsam sagen.", erklärte Maggie die Situation. "Ich weiß, Abby hat es mir erzählt.", meinte Jonathan und rührte mit dem Löffel in seinem Kaffee herum. "Jonathan, ich weiß nicht, wie ich dich das fragen soll, aber ist es, ist es für dich okay, dass ich schwanger bin?", fragte Maggie unsicher. "Bist du glücklich, Mom?", fragte Jonathan ernst. "Ja sehr.", sagte Maggie lächelnd und legte ihre Hand auf ihren Bauch. "Dann freue ich mich für dich.", sagte Jonathan mit vollkommener Aufrichtigkeit. Maggie schaute ihn erstaunt an, bevor sich ein breites Lächeln auf ihre Lippen legte und sich Tränen auf den Weg machten ihre Wangen herunter zu laufen. "Ach Mom.", meinte Jonathan, stand auf und umarmte seine Mutter. "Das sind nur die Hormone.", sagte sie entschuldigend und wischte sich schnell die Tränen ab. Wir begannen alle zu lachen. Danach hatten wir über leichtere Themen gesprochen und zusammen das Frühstück beendet. Schlussendlich hatte Maggie uns noch erzählt, dass sie sich nun mit der Nachbarin treffen würde und sie heute Abend für die gesamte Familie kochen möchte. Ich bot ihr meine Hilfe an, die sie dankend angenommen hat. Nun waren Jonathan und ich auf dem Weg nach oben in sein Zimmer, um es uns gemütlich zu machen. Als wir oben angekommen waren, wollte ich mich gerade zum Bett bewegen, als Jonathan mich aufhielt, nachdem er die Tür geschlossen hatte. "Du warst vorhin so ruhig.", stellte er fest. "Ich b-bin d-doch immer z-zurückhaltender.", tat ich es einfach ab. Mir war nicht klar, worauf er hinaus wollte. "Liegt es daran, was Cassandra gefragt hat? Denkst du darüber nach, was wir sind?", erriet er doch meine Gedanken. Ich schaute zu meinen Füßen hinunter. "Vielleicht ein bisschen.", gab ich stotternd und zaghaft preis. "Was wünscht du dir denn?", fragte er neugierig und zog mich etwas näher zu sich. Ich blieb still, denn ich hatte viel zu viel Angst es laut auszusprechen. Was wäre, wenn er sich etwas anderes für uns wünscht? Wenn er nicht mit mir zusammen sein will? Ist es vielleicht besser, was auch immer zu sein, anstatt es zu definieren und dann nur enttäuscht und traurig zu sein? "Ich liebe dich, Abby.", beteuerte er ernst. "Ich d-dich au-auch.", erwiderte ich und konnte es nicht verhindern, dass sich ein leichtes Lächeln auf meine Lippen legte. "Ich möchte, dass ich der Einzige bin für dich. Ich möchte, dich berühren, küssen und lieben, nur ich.", erklärte er bestimmt. Ich sah den Ernst in seinen Augen und wusste, dass ihm dieser Moment wirklich wichtig war. "Ich war zwar noch nie in einer Beziehung, aber mit dir oder besser für dich würde ich es gerne probieren.", sagte er unsicher und kratzte sich nervös am Nacken. "Wirklich?", fragte ich ungläubig. "Ja, wirklich." Ein riesiges Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht. "Ich wäre auch gerne mit dir zusammen.", gab ich unsicher und stotternd preis. Er erwiderte sofort mein Lächeln und seine Augen begannen zu leuchten. "Ich habe damit nicht viel Erfahrung, also wenn ich Fehler mache, sei mir nicht allzu böse." Ich schüttelte den Kopf. "Ich habe auch keine Erfahrung, also müssen wir es vielleicht einfach ausprobieren und Erfahrungen sammeln.", schlug ich glücklich vor. Er nickte mir lächelnd zu. "Womit habe ich dich nur verdient?", nuschelte er und zog mich zu sich, um unsere Lippen zu verbinden. Mein Herz begann schnell gegen meine Brust zu pochen und ich legte meine Hände um seinen Nacken. Seine Lippen waren so warm und weich gegen die meinen. Jonathan drückte mich noch enger an sich und vertiefte den Kuss. Automatisch fuhr meine rechte Hand in seine Haare. Seine Hände fuhren an meinem Körper herunter und griffen unter meine Oberschenkel. Mit einem Schwung hob er mich hoch und ich schlang meine Beine um seine Hüfte. Langsam lief er ein paar Schritte mit mir bis seine Knie gegen sein Bett stießen. Vorsichtig ließ er mich herunter und ich legte mich zurück in sein weiches Bett. Jonathan kam zu mir und beugte sich über mich, um unsere Lippen erneut miteinander zu verbinden. Langsam fuhr ich mit meiner Hand unter seinen Pullover und streichelte sanft seinen Rücken hinauf. Plötzlich setzte er sich auf, zog den Pullover über seinen Kopf und beugte sich zurück zu mir. Nun berührten meine Hände seinen starken Oberkörper. Seine Haut war so warm unter meinen kalten Fingern und ich spürte, wie er eine Gänsehaut bekam. Plötzlich begann sein Handy zu vibrieren. Jonathan hielt inne und holte es dann aus seiner Hosentasche. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen und er setzte sich auf. "Alles g-gut?", fragte ich vorsichtig. "Es ist Matthew."

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