Kapitel 35

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"Abby, wach auf!" Erschrocken fuhr ich aus meinem Traum hoch und schaute nun in die besorgten eisblauen Augen von Jonathan. Ich konnte zuerst nicht realisieren, wo ich bin und warum Jonathan hier war, aber eins wusste ich, ich war dankbar, dass er jetzt hier war. Mein Körper zitterte noch wie Espenlaub, meine Wangen waren nass von meinen Tränen und ich konnte kaum Atmen vor Angst. Ich versuchte Jonathan weiter anzusehen und mich zu beruhigen bis er mich einfach in seine Arme zog. Mein Kopf lag an seiner Schulter und ich klammerte mich an ihn. Beruhigend streichelte er durch mein Haar. "Alles ist gut, Abby. Du bist bei mir. Keiner kann dir hier weh tun." Ich nickte gegen seine Brust. "Ich beschütze dich. Du bist sicher." Seine Stimme beruhigte mich und mein Griff um seinen Körper wurde lockerer. Jedoch wollte ich nicht, dass er los ließ. "B-bleibst d-du b-bei m-mir?" Meine Stimme war nur ein Flüstern, aber ich hoffte, dass er mich gehört hatte. "Ja, ich bleibe bei dir.", flüsterte er gegen mein Haar. "Geht es wieder?" Er war noch immer sehr besorgt, dass merkte ich an seinem starken Griff um mich, dem Klang seiner Stimme und die vorsichtigen Berührungen seiner Hand. Es fühlte sich an, als hätte er Angst, dass ich vor ihm zerbrechen könnte. Ich nickte wieder gegen seine Brust. "Willst du darüber reden?", fragte er unsicher. Ich schüttelte sofort den Kopf. "Nicht jetzt bitte.", flehte ich ihn stotternd an. "Okay." Er klang nicht verletzt, das mich sofort erleichtert aufatmen ließ. Sacht löste er sich von mir und legte sich auf sein großes Bett. "Komm her.", sagte er lächelnd. Also kuschelte ich mich an seine Brust und Schulter und er legte seinen Arm um mich. "Geht das so?", fragte er, während er sich streckte, um gleich das Licht der Lampe erlischen zu lassen. "Ja." Darauhin wurde es dunkel und er kuschelte sich enger an mich. "Jonathan?", stotterte ich. "Ja." "D-danke, d-dass du m-mich ge-geweckt hast u-und jetzt b-bei mir b-bist." Seine Hand streichelte zärtlich über meinen Rücken. "Ich habe dir doch gesagt, dass du dich nicht immer bedanken musst.", tadelte er. "Ich weiß, aber ich möchte dir zeigen, wie viel mir das bedeutet.", erklärte ich mich stotternd. "Du bist süß." Es war nur ein Flüstern seinerseits, aber ich habe es deutlich vernommen und lag nun lächelnd in seinen Armen. Es erschien mir wirklich wie eine Parallelwelt. Nach nur wenigen Minuten fiel ich in einen ruhigen Schlaf.
"So, so ihr schlaft also in getrennten Betten, das sieht nicht danach aus." Verwirrt setzte ich mich auf und Jonathan schreckte ebenfalls auf. Erschrocken sah ich nun in das amüsierte Gesicht von Dr. Brenigan. "Guten Morgen ihr beiden. Frühstück steht unten in der Küche. Habt einen schönen Tag.", damit war sie schon wieder verschwunden. Knallrot angelaufen saß ich nun in Jonathans Bett. Ich hatte die Nacht in seinen Armen verbracht und musste mir eingestehen, dass ich so ruhig und gut wie lange nicht mehr geschlafen habe. Jonathan saß neben mir, gähnte und streckte sich. Dann drehte er sich lächelnd zu mir. "Guten Morgen.", flüsterte er kurz vor meinem Gesicht. Mein Herz pochte mir wieder bis zum Hals, doch erneut küssten seine Lippen nur meine Wange. "Guten Morgen.", stotterte ich und konnte ein Lächeln nicht verhindern. "Meinst du, du kannst noch etwas bleiben?", fragte er, während er sich nervös am Nacken kratzte. Mein Onkel würde erst späten Abend zurück kommen, jedoch blieb die Frage, was ich Matthew erzählen sollte, weshalb ich nicht zu Hause war. Andererseits waren meine Aufgaben zu Hause alle erledigt und Matthew könnte bei Chris geblieben sein, wenn Jonathan recht hat und beide gestern feiern waren. Mich selbst brauchte ich nicht fragen, denn meine Antwort war klar. Ich will noch länger in dieser wundervollen Parallelwelt verweilen und weiter bei Jonathan bleiben. Also versuchte ich meine Sorgen herunter zu schlucken und einmal nur an mich zu denken. Ich nickte Jonathan lächelnd zu. "Cool.", sagte er lässig, um seine Freude zu überspielen, jedoch sah ich sie ihm genau an. "Wollen wir erst frühstücken?" Ich schaute an mir herab und schüttelte den Kopf, denn ich hatte noch immer seine Sachen an. So sollten seine Eltern mich nicht sehen bzw. sein Vater, denn seine Mutter hatte mich ja leider schon gesehen. "Sie sind nicht da. Wenn Mom einen freien Sonntag im Krankenhaus hat, geht sie mit ihren Freundinnen frühstücken und Steve ist bestimmt im Krankenhaus, das verlässt er nie." Zum Schluss klang er erneut so abfällig, was mich darauf schließen lässt, dass er seinen Stiefvater wirklich nicht besonders mochte. "Okay, dann können wir.", stotterte ich und stand vorsichtig auf. Jonathan lief wieder vor und führte uns so zur Küche. Es war eine große weiße Küche im Landhausstil. Der Tisch war bereits für zwei gedeckt. Es duftete nach frischen Brötchen und Rührei. Ein Strauß bunter Blumen stand in der Mitte des Tisches. "Was möchtest du trinken? Kaffee, Tee oder Kakao? Wir haben auch Saft." "Ei-einen T-tee." Jonathan nickte und lächelte. Ich setzte mich an den Tisch und wartete bis Jonathan sich ebenfalls setzte. Er reichte mir einen Becher Tee und goss sich selbst Kaffee ein. "Bediene dich.", forderte er mich schmunzelnd auf, als ich mir nach einer Minute noch nichts genommen habe. Doch das lag daran, dass ich vor lauter Auswahl nicht wusste, was ich nehmen sollte. Also nahm ich mir ein Brötchen, etwas Rührei und nahm mir etwas Butter. Dann aß ich die erste Hälfte mit Blaubeermarmelade, die wirklich super lecker war und die zweite Hälfte mit Käse. Zuletzt aß ich von meinem Rührei. Zwischen Jonathan und mir herrschte eine entspannte Stille. "Willst du noch ein Brötchen?", fragte Jonathan schließlich, doch ich schüttelte lächelnd den Kopf und legte meine Hände auf meinen Bauch. "Ich platze gleich.", stotterte ich lachend. Er grinste amüsiert und nahm sich noch ein Brötchen. "J-jonathan? K-kann ich d-dich was fr-fragen?" Etwas verwundert sah er auf und nickte mir dann zu. "Magst du deinen Stiefvater nicht? Du musst nicht antworten.", stotterte ich nervös und spielte mit meinen Fingern. "Ich antworte, wenn du mir erzählst, was in deinem Traum vorgekommen ist." Ich schluckte. "D-das ist Er-erpressung!" Er schüttelte den Kopf. "Nein, es ist eine Frage des Vertrauens." Jonathan lehnte sich zurück und verschränkte seine Arme vor seiner Brust. Ich fühlte mich unter Druck gesetzt, denn für mich war das nicht gerade die feine Art von ihm. Wo soll das bitte eine Frage des Vertrauens seins? Für mich ist und bleibt es Erpressung. Jonathan müsste mittlerweile wissen, dass ich ihm mehr vertraue als allen anderen. "Gut, dann halt nicht.", stotterte ich ernst und begann den Tisch abzuräumen, denn Jonathan war mittlerweile auch fertig geworden nach seinem dritten Brötchen. "Abby.", seufzte er und stand ebenfalls auf. Ich lief zur Spüle und stellte unsere Teller ab. "Ich wollte dich damit nicht unter Druck setzen." "Doch, genau das wolltest du! Entweder ich sag es dir, also vertraue ich dir und wenn nicht würde ich dir nicht vertrauen. Das ist totaler Schwachsinn. Du weißt genau, dass ich dir vertraue.", sagte ich wütend und lief zurück zum Tisch. Geschockt blieb Jonathan stehen. Ich nahm mehrere Sachen vom Tisch und drehte mich zurück. Er stand noch immer wie angewurzelt an der Spüle und schaute mich mit weit aufgerissenen Augen an. "W-was?", fragte ich verunsichert. "Abby, du, du hast nicht gestottert!" Verwirrt sah ich ihn an und obwohl ich ihn zuvor angemeckert habe, kam er nun lächelnd auf mich zu. Ich habe nicht gestottert? Das ist mir gar nicht aufgefallen. Er zog mich glücklich in seine Arme. Perplex erwiderte ich die Umarmung. "Ich mach dich jetzt einfach immer wütend auf mich.", sagte er lachend. "Ich, ich w-weiß n-nicht, ob ich, ich es w-wieder k-kann.", gab ich unsicher zu. "Egal, ich bin stolz auf dich.", sagte er glücklich und küsste meine Haare. Als er sich löste, war ich noch immer verwirrt und brauchte ein bisschen um alles, was gerade passiert war, zu realisieren.

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