| 55 | 𝔚𝔞𝔦𝔱𝔦𝔫𝔤 𝔣𝔬𝔯 𝔱𝔥𝔢 𝔣𝔞𝔩𝔩

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Waiting for the Fall - Linda Eder

Zwei Stunden später parkten wir mitten auf dem Campus der Duke University. Viel zu früh für meinen Geschmack. Ich hätte ewig auf dem Motorrad über die Landstraße fliegen können.

Die Uni bestand aus mehreren restaurierten Backsteingebäuden, umgeben von weitläufigen Grünanlagen und Gärten. Nachdem es doch noch ein sonniger Tag geworden war, drängte alles nach draußen. Überall saßen Studenten auf dem Rasen und lernten, eilten über die verzweigten Wege zu ihren Vorlesungen oder standen in kleinen Gruppen zusammen und unterhielten sich. Stefan parkte vor dem Hauptgebäude, das eher an eine umgebaute Kathedrale mit all den Erkern, Verzierungen und dem hohen Spitzdach erinnerte.

Nachdem ich abgestiegen war, sah ich mich erst einmal um. Ich hatte noch nie eine Uni gesehen, schon gar nicht ein so ehrwürdiges wie die Duke, aber ich konnte mir gut vorstellen, hier mal als Studentin über den Campus zu flanieren. Zusammen mit Bonnie, Elena und Caroline. Keine Ahnung, welche Vorlesungen ich besuchen würde. Vielleicht Geschichte oder etwas ganz Abgefahrenes wie Medizin oder Jura. Bei dem Gedanken musste ich lachen. Ich würde eine ganz miese Anwältin abgeben. Ausgeprägter Gerechtigkeitssinn und hitziges Temperament. Keine gute Kombination.

«Worüber schmunzelst du?», wollte Stefan wissen. Er kam um das Motorrad, nahm mir den Helm ab und hängte ihn an den Lenker.

«Ach, ich habe darüber nachgedacht, wie es wäre, wenn wir alle zusammen hier studieren.» Ich versuchte, mit beiden Händen meine Haare zu glätten, um einigermaßen ansehnlich auszusehen, wenn wir dem Arzt gegenübertraten. Ich sah zu Stefan. Natürlich saß bei ihm noch jede Haarsträhne an der richtigen Stelle. Wie gemein. Er hatte doch auch einen Helm aufgehabt!

«Sollte machbar sein. Wenn du dich öfter in der Schule blicken lässt und deinen Abschluss machst, genau wie die anderen, dann spricht doch nichts dagegen.»

Wir liefen nebeneinander über den Rasen zum Haupteingang. Bei ihm hörte es sich so leicht an. Aber das war es nicht. Für mich würde es immer ein Traum bleiben. Denn eines war sicher: Wenn ich meinen Vater fand, dann würde er darauf bestehen, dass ich mit ihm zurück nach Venedig ging und das Familienerbe fortsetzte. Es spielte keine Rolle, was ich wollte.

«Warst du mal auf der Uni?», wechselte ich das Thema, denn ich wollte jetzt nicht über meine Zukunft und die Wahl, die ich nie haben würde, nachdenken.

«Klar, mehr als einmal. Damon übrigens auch. Ich, weil ich tatsächlich etwas lernen wollte, Damon hauptsächlich wegen den Verbindungsstudentinnen.»

«Klar, was sonst?» Ich rollte mit den Augen.

Im Sekretariat erkundigten wir uns bei der rothaarigen Studentin hinter der Theke nach Dr. Adam Masters. Nach einer kurzen Recherche an ihrem Computer nannte sie uns das Gebäude, in dem sich sein Labor befand. Sie konnte uns allerdings nicht sagen, ob er sich heute auf dem Campus befand. Wir bekamen noch eine kurze Wegbeschreibung von ihr, dann verließen wir das Hauptgebäude und machten uns auf die Suche.

An die Uni angeschlossen war ein komplettes Krankenhaus mit Notaufnahme und Ambulanz. Direkt neben der Klinik gab es einen Verwaltungskomplex, der auch die Labore beherbergte. Beides waren moderne Gebäude aus einer Stahlkonstruktion mit Glasfront und passten nicht zu den umliegenden Backsteingebäuden. Hinter der Drehtür erwartete uns eine Empfangstheke, die allerdings unbesetzt war. Eine Tafel an der Wand neben den Aufzügen verriet uns schließlich, wo sich Dr. Masters' Labor befand. Wir wussten allerdings immer noch nicht, ob er anwesend war.

Stefan drückte auf den Knopf für den Aufzug. Nebeneinander starrten wir auf die Digitalziffern über den Türen und warteten. Ich kaute nervös auf einem Fingernagel.

𝕾𝖆𝖓𝖌𝖚𝖎𝖘 𝖒𝖔𝖗𝖙𝖎𝖋𝖊𝖗𝖚𝖘🩸𝕋ö𝕕𝕝𝕚𝕔𝕙𝕖𝕤 𝔹𝕝𝕦𝕥 (TVD FF) ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt