Sienna kommt als Austauschschülerin nach Mystic Falls.
In Wahrheit ist sie auf der Suche nach ihrem Vater, der seit einem halben Jahr verschwunden ist. Der einzige Hinweis ist ein Eintrag in seinem Notizbuch, den er hinterlassen hat.
Sienna findet...
Entschlossen schaltete ich den Motor aus, schnappte mir meine Tasche und stieg aus. Obwohl ich für die Highschool eigentlich schon zu alt war, hatte ich mich als Austauschschülerin für das neue Schuljahr beworben. Mein Geburtsdatum und die Unterschrift meines Vaters zu fälschen war ein Kinderspiel gewesen. Und der Rektor war ganz begeistert, eine europäische Gastschülerin begrüßen zu dürfen. Er hatte mir sogar die Schulgebühren erlassen. Im Gegenzug sollte ich interessierten Schülern Italienisch beibringen. Nichts leichter als das! Da ich nicht besonders groß war und deutlich jünger aussah, hatte ich keine Zweifel, dass man mir die Siebzehnjährige abkaufen würde.
Ich schwang meine Tasche über die Schulter und ging über den Rasen auf den Haupteingang zu. Um mich herum strömten die anderen Schüler mit Taschen und Rucksäcken bepackt in Richtung Schulgebäude. Es war der erste Tag nach den Sommerferien und alle freuten sich scheinbar, einander wiederzusehen. Überall hörte ich fröhliches Gelächter und Stimmengewirr. Ich sah, wie sich Freundinnen in die Arme fielen, als hätten sie sich monatelang nicht gesehen. Zudem entdeckte ich das heimische Football-Team, das lärmend über den Rasen marschierte und einen Ball zwischen sich hin und her warf. Football war für mich genauso fremd wie diese Stadt. Ich würde mir schnell jemanden suchen müssen, der mir dabei half, mich einzugewöhnen.
Ich war noch immer mit den grölenden Jungs in ihren Collegejacken beschäftigt, als mich jemand von hinten anrempelte. Überrascht wirbelte ich herum, streckte hilfesuchend den Arm aus und umklammerte ein schmales Handgelenk, bevor ich das Gleichgewicht verlor und mich vor allen Anwesenden an meinem ersten Tag auf mein Hinterteil setzte. Ein Stich, als hätte ich mich an einer heißen Herdplatte verbrannt, schoss von meiner Hand meinen Arm entlang. Sofort ließ ich das Handgelenk los und wich zurück.
«Oh, das tut mir leid. Bitte entschuldige. Ich hab nicht aufgepasst», sagte eine sanfte Stimme. Neugierig musterte ich das Mädchen vor mir. Sie war ungefähr genauso groß wie ich, hatte feine Gesichtszüge, eine ebenmäßige dunkle Haut, die ihre hellen Augen hervorstechen ließ, und lange dunkle Haare. Sie lächelte mich mit strahlend weißen Zähnen an.
Ich erwiderte ihr Lächeln und schüttelte den Kopf. «Nichts passiert.»
Jetzt musterte sie mich, denn natürlich war ihr mein leichter Akzent nicht entgangen. «Hey, bist du neu hier?», fragte sie.
Ich nickte. «Sì, ich bin die neue Austauschschülerin.»
Sie bekam große Augen. «Oh wow! Das wusste ich gar nicht. Hi, ich bin Bonnie.»
«Sienna.» Wir schüttelten uns die Hand. «Kannst du mir sagen, wo ich das Sekretariat finde? Ich muss meinen Stundenplan abholen – und den Schlüssel für meinen Spind?»
Sie lachte. «Ja, den bekommen wir alle. Du kannst deine Bücher darin verstauen und was du sonst noch Lebenswichtiges brauchst. Lippenstift, Make-up und so weiter.»
«Ah, okay. So etwas gibt es bei uns nicht», erklärte ich verwirrt.
«Wo kommst du her?», fragte Bonnie und schien aufrichtig interessiert.
«Aus Italien. Venedig, um genau zu sein.»
«Oh wow!», sagte sie erneut. «Du musst mir alles erzählen! Wie es dort aussieht, was du machst und wieso es dich ausgerechnet hierher verschlagen hat. Aber jetzt sollten wir uns erst mal beeilen und reingehen. Ich bringe dich zum Sekretariat, es liegt in meiner Richtung. Komm!»
Bonnie machte eine einladende Handbewegung und ich folgte ihr die Stufen zum Haupteingang hinauf. «Hier wird es dir bestimmt gefallen. Mystic Falls ist toll, die Leute sind alle sehr nett ... na ja, mal abgesehen von ein oder zwei Ausnahmen.» Sie verdrehte die großen Augen und lachte.
«Die gibt es doch überall, oder?»
«Ja, aber unsere sind besonders hartnäckig», meinte sie mit einem Augenzwinkern.
Wir gingen durch die großen Doppeltüren und Bonnie führte mich einen langen Korridor entlang. Zu beiden Seiten befanden sich Türen zu den Unterrichtsräumen und dazwischen standen Spindschränke. Die Geräuschkulisse hier drinnen war noch schlimmer als draußen. Die hohe Decke und der lange Gang verstärkten das Stimmengewirr und Gelächter. Ich musste mich anstrengen, um Bonnie zu verstehen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, es waren viel zu viele Schüler auf zu engem Raum zusammengequetscht. Erst als ein lauter Gong ertönte und alle wie auf Kommando die Spindtüren zuschlugen und in den Klassenzimmern verschwanden, wurde es ruhiger.
Bonnie deutete auf eine Tür ganz am Ende des Korridors. «Dahinten findest du das Sekretariat. Ich muss jetzt zum Unterricht. Vielleicht haben wir ja die eine oder andere Stunde zusammen. Ansonsten komm doch in der Mittagspause einfach zu uns an den Tisch, dann mache ich dich mit den anderen bekannt. Sie wollen dich bestimmt auch gern kennenlernen. Caroline wird ausflippen, wenn du ihr sagst, dass du aus Venedig kommst. Ich wette, sie kann dir sofort mindestens drei kitschige Liebesfilme nennen, die in Venedig spielen.»
«Na ja, so wie in den Filmen ist es da eigentlich nicht. Meistens ist alles voll mit Touristen und man kann nur abends auf die Straße.» Ich zuckte entschuldigend mit den Schultern. «Aber ich nehme dein Angebot sehr gern an. Ich kenne hier ja noch niemanden. Wäre schön, wenn du mir alles zeigen könntest.»
«Klar, mach ich doch gern.» Sie drückte meinen Arm und eilte den Korridor entlang. Im Gehen drehte sie sich noch einmal um. «Willkommen in Mystic Falls!», rief sie, dann verschwand sie hinter der nächsten Tür.
Ich lächelte zufrieden. Das war doch schon mal ganz gut gelaufen. Bonnie schien mir nicht angemerkt zu haben, dass ich eine Schule noch nie von innen gesehen hatte, geschweige denn in einem Klassenzimmer im Unterricht gesessen war. In einer alten, staubigen Bibliothek über alten Schriften zu brüten und längst ausgestorbene Sprachen zu lernen, zählte wohl nicht als normale Schulbildung.
Auch von mir ein herzliches Willkommen in Mystic Falls! Seid ihr schon gespannt, wie es weiter geht? Schreibt mir eure Ideen und Meinungen gern in die Kommentare. Und wenn ihr gern mehr über Siennas Schulausbildung wissen wollt, lasst mir euer vote da! :-)))
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