Kapitel 67.1

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Nico POV

Heute waren wir bei meinen Eltern.
Kim sitzt neben mir auf dem Sofa und isst ein weiteres Stück von Mamas Käsekuchen und sieht glücklicher als jeder Mensch auf dieser Welt dabei aus.

Wie kann man bei den, was sie alles durchmachen musste noch so viel Lebensenergie haben?
Ich kann nicht mehr anders als an dieses Gespräch denken.
Dieses Gespräch, was mich nicht mehr los lässt!

Ich liege Nachts wach und über Tag versuche ich durch Fußball an etwas anderes zu denken!
Vergeblich, wie man sich denken kann!

„Worüber denkst du nach Schlottileinchen?" fragt Kim mich und lehnt sich an mich an.
„An nichts wichtiges alles gut!" antworte ich ihr.
„Lügner! Sag schon!" verlangt sie und pickst mir immer wieder in die Rippe.

„Na schön! Ich denke über unser Gespräch letztens Nacht nach" antworte ich ehrlich.
Ich versteift sich direkt und sitzt Kerzengerade.
„Wir müssen nicht drüber reden alles gut" beruhige ich sie direkt und lege ihr meine Hand auf die Schulter.

„Doch müssen wir. Es beschäftigt dich, also reden wir drüber" verlangt sie.
Ich seufze.

„Darf ich dir Fragen stellen und du antwortest?" frag ich sie vorsichtig.
„So machen wir das" sagt sie mittlerweile mit einem Lachen.

„Hast du Angst vor diesem Gespräch?" erste Frage.
„Nicht mehr!" schießt sie wie aus der Pistole raus.
„Inwiefern?" weitere Frage.
„Naja ich habe mittlerweile eingesehen, wie sehr du mich liebst und mich wertschätzt. Du verurteilst mich nicht, sondern bist für mich da und beschützt mich. Ich vertraue dir" antwortet sie und mein Herz springt in die Luft.

„Vermisst du ihn?" zweite Frage.
Sie überlegt.
„Nicht mehr" gleiche Antwort wie eben, gleiche Gegenfrage „Inwiefern?"
„Schlottileinchen" sagt sie, da sie es anscheine auch bemerkt hat.

„Ich vermisse ihn nicht mehr. Ich habe ihn immer vermisst, bis mir klar geworden ist, dass man niemand vermissen kann, der nie für einen da war und einen nie beschützt hat, wie ein Vater seine Tochter beschützen sollte. Er war nie bei irgendwelchen feiern da. Hat mich nicht aufwachsen sehen und nie Erfolge mit mir gefeiert." antworte sie ehrlich.

Sie wirkt niedergeschlagen, aber nicht traurig.
Also mache ich weiter.

„Denkst du dein Leben wäre anders verlaufen, wenn er der Vater wäre, der er hätte sein müssen oder sollen?" dritte Frage
Wieder überlegt sie.
„Er war nie der Vater der er hätte sein müssen oder sollen" antwortet sie.
„Wie meinst du das?" frag ich weiter.
„Naja: dein Vater hat dich bedingungslos unterstützt beziehungsweise tut es noch und liebt dich bedingungslos. Er war immer da. Mein Vater war nur halb da. Wenn er nicht gerade auf irgendwelchen Tabletten oder Alkohol war, war er am schlafen und hat uns vernachlässigt. Ich denke also er war auch bevor er uns verlassen hat nie ein Vater, deshalb denke ich mein Leben hätte sich höchstens ins schlechtere Verwandt" antwortet sie.

Ich nicke.
„Wenn ich aufhören soll sag beschied" sag ich ihr nochmal zur Sicherheit.
„Nein alles gut! Du hast ein Recht es zu hören und ich kann drüber reden" antworte sie.
Gott diese Frau ist so stark!

„Hast du dir jemals einen Vater gewünscht, der.. der..." ich finde das absende Wort nicht.
„Normal ist?" hilft sie mir und muss lachen.
„Genau ja haha. Ich hätte es zwar nicht so ausgedrückt aber ja" antworte ich ihr und kratzte mir am Hinterkopf.
„Ich habe mir nie einen gewünscht. Ich habe so einen bekommen! Andre ist mehr mein Vater, als mein Vater jemals für mich war. Er war da und dass immer! Abschluss, Trennung von Aiden, jedes Weihnachten, jeden Geburtstag, wobei wir nur Sophies sein und Mamas gefeiert haben. Er war mein Vater. Er IST mein Vater. Mein sicherer Hafen, mein Anker. Nach dir natürlich" sagt sie und schmust sich in meine Arme.

Ich nicke, wobei sie es nicht sieht und schweige.
Ich denke ich muss das alles verarbeiten.
Ich wusste nie, wie sehr sie gelitten hat.

Es ist krass zu hören, wie stark Menschen sind, von denen man nicht denkt, dass sie es sein müssen!
Man denkt immer alles ist in Ordnung und die Person hat ein perfektes Leben.
Und dann erfährt man wie es wirklich ist und ist total baff.

Einige Menschen haben ein perfektes Leben ohne Problem.
Sie leben, lieben und lachen und genießen ihr Leben.
Und dann gibt es die, die leiden, kämpfen und verlieren oder siegen. Liegt ja ganz an der Situation.

Ich wüsste nicht, ob ich es geschafft hätte.
Ob ich siegen würde.
Oder kämpfen.

„Das wars?" fragt Kim nach einer Zeit, in der ich ihr wohl zu still bin.
„Denkst du ich hätte sowas geschafft und wäre ebenfalls so weit gekommen? Denkst du ich hätte es so durchgehalten, wie du?" frag ich sie.
„Ich denke jeder geht anders mit der Situation um. Es gibt bestimmt Profispieler, die nur mit einem Elternteil aufgewachsen sind und schlimmere Schicksalsschläge hatten. Du wärst auf deiner Art damit umgegangen und so wie ich dich kenne, hätte der Fußball dich vermutlich aus dem traurig sein rausgeholt. Du wärst da wo du jetzt wärst, weil du gekämpft hast und nie aufgegeben hast! Du bist genau so ein Kämpfer wie der Rest der Menschheit!" antwortet sie und guckt mich an.

Kuller blaue Augen gucken in meine.
Sie gucken mich mit voller Hoffnung und stärke an und ich kann nicht anders, als Kims Gesicht in meine Hände zu nehmen, sie an mich zu ziehen und meine Lippen auf ihre zu legen.

Gott wieder dieser Kuss, der so viel mehr Verspricht, als ich es jetzt noch annehme!

„Ich liebe dich" sag ich nach diesem Kuss.
„Und ich dich erst!" antwortet sie.
„Falls du noch Fragen hast meld dich einfach. Mein Käsekuchen und ich stehen immer für Fragen offen" sagt sie und schiebt ein weiteres Stück in ihren Mund.
Ich muss laut loslachen und werfe mich auf sie drauf.
„Du bist unmöglich! Und doch wunderbar!" sag ich und sie muss nun auch lachen.

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Writer:

Intensives Gespräch.
Muss aber auch mal geführt werden denk ich.

Gott ich bin gerade so richtig emotional 🥹
Entschuldigt das! HAhAH es wird wieder besser!

The best Choice - Nico Schlotterbeck Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt