Kapitel 69: Die zerstörerische Macht der Dunkelmagie

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• Vittorius •

Mir fallen eine ganze Menge angenehmere Aktivitäten ein, als Yara dabei zuzusehen, wie sie ihre Dunkelmagie zu kanalisieren scheint. Konzentriert mit geschlossenen Augen breitet sich das dunkle Mal mit erschreckender Geschwindigkeit auf ihrem Körper aus.

„Ich bin mir sicher mit dem, was ich tue", beantwortet sie meine Frage ehrlich. Wirklich überzeugen tut es mich allerdings nicht.

„Das Kanalisieren ist abgeschlossen?", frage ich zögerlich. Will ich die Antwort wirklich wissen?

„Ja", entgegnet sie.

„Und was hast du nun vor?", will ich wissen.

Nachdenklich blickt sie ihre Hände an. Mit ihrem Augen fixiert sie die Adern des schwarzen Mals.

„Irgendwie muss ich die Dunkelmagie ja jetzt benutzen können. Könnt Ihr ein paar Felsen aus dem Boden erheben?", fragt sie nach einer weiteren Gedankenpause.

Widerwillig hole ich mit der Erdmagie einige Felswände aus dem Boden. Sie hat nun mehr als genug Material um sich auszutoben. Was hat sie nur vor?

Forschend begibt sie sich in die Kampfhaltung.

• Yara •

Ohne Aufwand kreiert der König eine Steinlandschaft. Das erinnert mich an meinen Missstand in Sachen Erdmagie. Gerade habe ich allerdings andere Sorgen.

Ich fühle, wie die Dunkelmagie meinen Körper verstärkt. So muss sich ungelogen heftiges Doping anfühlen. Meine Sinne verschärfen sich noch stärker als es der Vampirismus tut. Ich nehme unbändige Macht in meinen Muskeln wahr.

Und da habe ich genau zwei Ideen, wie ich die Dunkelmagie eventuell umsetzen kann.

Ich beginne mit Idee Nummer 1: Materialisierung der Dunkelmagie außerhalb meines Körpers.

Dazu stelle ich mir vor, wie die Dunkelmagie über meine Hände Gestalt annimmt. In meinem Geiste forme ich in meiner Handfläche eine kleine Kugel. Und tatsächlich! Es bildet sich eine Tennisballgroße schwarze Kugel, die knapp über meiner Hand schwebt. Es sieht so aus, als würde sich in der Kugel etwas bewegen und sie würde kontinuierlich Luft einziehen. Feine Ströme ziehen sich in die Kugel hinein. So habe ich mir das nicht im Detail vorgestellt, aber es sieht 10x epischer aus als angenommen.

Ich kann es kaum erwarten die Macht davon zu testen. Die zerstörerische Kraft der Kugel kann ich förmlich spüren. Elegant werfe ich die Kugel so wie man eben einen Tennisball wirft auf den nächstgelegenen Fels, der ein paar Meter entfernt steht. Schnell schlägt die Kugel dort ein und hinterlässt ein kleines Schlagloch.

Ob das Loch größer wird je mehr Dunkelmagie ich in die Kugel investiere? Das probiere ich direkt aus!

Umgehend forme ich eine neue Kugel und lenke dieses mal mehr Energie hinein. Ich spüre bereits eine deutliche Abnahme der Dunkelmagie und auch meine Adern sind von der Hand bis zu meinem Unterarm zurück gewichen.

Der Luft ähnliche Strom, den diese Kugel einsaugt wird stärker, je mehr Dunkelmagie ich darin kanalisiere.

Ich brauche Vittorius nicht anzusehen um zu wissen, dass er die Kugel jetzt am liebsten aus meiner Hand schlagen würde. Dieses Ströme sehen wirklich hochgefährlich aus.

Unbeirrt nehme ich aber die Wurfposition ein und Ziele neben mein kleines Schlagloch von eben. Elegant werfe ich die Kugel ebenfalls auf den Felsen zu. Diese Kugel hinterlässt schon ein Medizinball großes Schlagloch.

„Wenn du jetzt betonst wie toll du das findest, gibt's Ärger", höre ich die Stimme des Königs. Seine Laune kann ich absolut nicht einschätzen, aber wahnsinnig hoch ist sie nicht. Einerseits sieht er erleichtert aus, dass ich damit zumindest umzugehen weiß, andererseits starrt er höchst beunruhigt die Einschlaglöcher an.

Ausnahmsweise halte ich mich mal zurück.

„Ich will noch etwas ausprobieren", kündige ich an und trete vor einen weiteren Felsen. Vittorius folgt mir widerwillig.

Für Idee Nummer 2 habe ich mir überlegt, meinen Körper direkt zu verstärken. Ich habe genug einschlägige Serien und Filme geguckt, in denen die Superhelden oder Schurken mit verstärkten Kräften ganze Wände zerreißen. Ich hoffe innerlich bereits inständig, dass ich das damit auch kann!

Enthusiastisch schaue ich meine Hand an und balle langsam eine Faust. Ich kanalisiere noch ein wenig Dunkelmagie, bemerke allerdings auch, dass das Kanalisieren auch keine Endlosgeschichte ist. Wohl oder übel werde ich da viel an meiner Ausdauer arbeiten müssen.

Ein letztes Mal für heute habe ich also meine Dunkelmagie Reserven gefüllt und die Adern erstrecken sich wieder bis zu meiner Hand.

„Sei bitte vorsichtig", ermahnt mich Vittorius.

Ich leite die Dunkelmagie praktisch in sämtliche Muskeln, die ich für meinen Schlag gebrauchen kann. Das verbraucht noch viel mehr Dunkelmagie als die Kugel, fühlt sich aber auch dezent effektiver an. Meine Hand beginnt sich in schwarzes Zeug zu hüllen. Es ist eine Mischung aus einer Flammenbewegung und einer Dampfschwade.

Das sieht noch viel besser aus als die olle Kugel, und die hat mich optisch schon umgehauen!

Ich schaue zu Vittorius rüber, der unweit neben mir steht. Mit verschränkten Armen überwacht er meine Versuche. Sein Blick spricht wirklich Bände, ihm gefällt das hier überhaupt nicht. Ausdruckslos sieht er mir weiter zu.

Ich fixiere einen Punkt auf dem Felsen und hole dann aus.

Das Geräusch welches mir dann meine Trommelfelle beinahe wegpustet, hört sich an wie der Abriss eines alten Hauses. In genau dem Moment, wenn die Abrissbirne die Wand einreißt. Und genau so sieht der Felsen auch aus.

Selbst Vittorius ist vor Schreck zusammengezuckt und starrt ungläubig mit offenem Mund auf den zertrümmerten Felsen. Kurz darauf starrt er mich an und inspiziert meinen Körper.

„Deine Hand!", ruft er erschrocken.

Einen Augenblick später umfasst seine Hand mein Handgelenk und mit absoluter Präzision analysiert er meine Finger. Erst jetzt bemerke ich einen dumpfen Schmerz und ein leichtes Pochen.

Oh! Meine Finger sind übersäht mit blauen Flecken und Blutergüssen!

Streng sieht der König zwischen meinen Fingern und mir hin und her.

„Damit habe ich nicht gerechnet", entgegne ich entschuldigend.

Vorsichtig tastet er meine Finger und die Gelenke ab. Ein leichter Schmerz zieht sich meinen Arm entlang. Jedoch lässt er sich davon nicht beirren und tastet weiter ab.

„Keine Brüche, leichte Prellungen und offensichtliche Blutergüsse und blaue Flecken", diagnostiziert er rein informativ.

„Ich versorge deine Hand erstmal und morgen überlegst du dir mildere Ideen", sagt er, schaut mich streng an und hält mein Handgelenk dabei weiterhin fest im Griff. Zaghaft nicke ich.

Im Regierungszimmer kramt er einen Medizinkoffer hervor und macht sich an meiner Hand zu schaffen. Er reinigt die Verschmutzungen, trägt eine Salbe auf und wickelt meine Hand dann in einen Verband ein.

„Morgen ist das vermutlich verheilt. Sei bis dahin vorsichtig mit deiner Hand", ordnet er fürsorglich an.

„Was ist denn mit dem Steinfeld passiert?", höre ich Jarons Stimme. Lässig lehnt er am Türrahmen der Balkontür und schaut zu uns rüber.

Ein böser Blick von Vittorius unterbindet jedoch jegliche weitere Nachfragen von Jaron.

„Oh hast du dich etwa verletzt?", bemerkt er nun meine bandagierte Hand und versucht damit das Thema zu wechseln.

Der nächste böse Blick von Vittorius verrät ihm, dass er versehentlich dasselbe Thema getroffen hat.

Ich muss mich echt schwer zusammenreißen, ich finde das ultra unterhalsam!

„Ich werde Taavi und Daryun auftragen dich im Auge zu behalten, ihr könnt hier auf dem Schlossgelände aber gerne tun was ihr wollt. Jaron, treib bitte Isajah auf und bringe ihn mit zum Quartier. Wir besprechen die Taktik für Lerchenheim", erklärt Vittorius ruhig.

„Sollte ich mir die Taktik nicht mit anhören?", werfe ich ein.

„Nein", unterbindet der König sofort jegliche Gegenwehr.

Seine Stimmung ist gerade echt nicht die Beste.

Vampirkind YaraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt