• Vittorius •
Mit versammelter Mannschaft stehen wir vor der geraden Treppe und blicken in einen tiefen dunklen Abgang. Laut Yaras Aussage befindet sich dort ein absolut unentspannter Schattendämon. Und er hat die Macht, Mikul problemlos in Stücke zu zerreißen.
Ich weiß genau, was sie vorschlägt.
„Ich muss da allein runter", sagt sie voller Mut. Ihr schwarzes Mal reicht ihr mittlerweile bis kurz vor die Hände und die Wangen. Alle Zeichen deuten darauf, dass sie genau das tun muss.
„Auf gar keinen Fall", betone ich voller Entsetzen.
Sämtliche Blicke im Raum sind auf mich gerichtet.
„Wer soll ihn sonst zurück in die Schattenebene bringen?", entgegnet Yara. Nun, Punkt für sie.
Ein tiefes Knurren entrinnt meiner Kehle.
„Ich weiß, dass du die Einzige bist die das kann, ich kann und werde dich aber sicherlich nicht alleine in einen unbekannten Keller zu einem Schattendämon gehen lassen!", bringe ich ihr aufgebracht entgegen.
Wortlos sieht sie mir in die Augen. Mein Kiefer ist bis auf's Äußerste angespannt. Krampfhaft umklammere ich ihren Oberarm damit sie bloß nicht einfach vorprescht.
Langsam hält sie die Spieluhr in die Höhe und öffnet sie. Die beruhigende Melodie ertönt und hallt von den Wänden wieder.
Und jetzt höre ich ihn auch. Genau wie alle anderen im Raum. Dieser tiefe unmenschliche Sprechgesang ertönt unheilvoll aus dem tiefen dunklen Gang vor uns.
Versteinert starre ich dem entgegen.
„Ich muss da runter. Jetzt. Er wird sonst hochkommen", sagt sie. „Er spürt die Spieluhr und er will sie haben. Sein Bannkreis ist mehr als brüchig. Es dauert nicht mehr lang, bis er ihn durchbrochen hat", merkt sie an. Woher zum Geier weiß sie das?
Ihr Blick ist fest in die Tiefe gerichtet, als würde sie genau sehen was da unten passiert und als wüsste sie genau, was der Schattendämon denkt. Das Weiß in ihren Augen färbt sich wieder in ein tiefes Schwarz.
Behutsam schließt sie die Spieluhr. Stille.
Widerwillig lasse ich ihren Arm los. Es fühlt sich an, als würde ich meinen Schützling gerade in den Selbstmord schicken.
• Yara •
Der Griff von Vittorius lockert sich. Ich könnte schwören, er ist blasser geworden als er ohnehin schon ist. Wortlos überreicht er mir eine Fackel.
Ohne ein weiteres Wort betrete ich die erste Stufe der Treppe. Und einige weitere.
Dann blicke ich noch einmal zurück in die Augen des Königs. Ich schaue in die größte Angst und die größte Anspannung, die ich je gesehen habe.
Langsam nickt er mir zu. Und dann nehme ich allen Mut zusammen und steige tief hinab in die Dunkelheit.
Die Schatten scheinen den Schein der Fackel förmlich zu verschlingen. Da meine Dunkelmagie auf's Maximum getriggert ist, nehme ich praktisch keins der Elemente mehr wahr und kann auch nicht die Beschaffenheit vor mir ausmachen.
Fast blind laufe ich in meine gefühlte Beerdigung.
Ach, wird schon. Zumindest rede ich mir das ein.
Nach einigen weiteren Stufen erahne ich das Ende der Treppe. Eine Tür mit pechschwarzen Runen versperrt den weiteren Weg. Ich blicke zurück und sehe nicht einmal mehr den Ausgang, so stockduster ist es. Die Dunkelheit verschlingt gefühlt sogar die Dunkelheit.
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Vampirkind Yara
FantasiVon einem abenteuerlichen Leben hat die 29-Jährige Yara schon immer geträumt. Es geht nichts über ein gutes Vampirbuch, etwas Schokolade und ein schönes warmes Getränk dazu. In ihren Büchern kann sie in diese wunderbaren Welten abtauchen und den nah...