Vampirkind Yara

Kapitel 193: Dosierung und Taktik

• Lucan •

Belustigt zwinge ich meine kleine Vampirschwester das Tanzbein zu schwingen. Sie hat eine erstaunlich gute Körperbeherrschung und auch ihre Haltung ist nicht zu verachten. Allerdings merkt man, dass Tanzen nie ihr Hobby war. Und es nicht zu ihren liebsten Beschäftigungen gehören wird.

Ganz im Gegensatz zu Mattheo, wenn ich mir ansehe, was er für eine Leistung auf's Parkett bringt, werde sogar ich ein wenig neidisch. Tanzen liegt ihm förmlich im Blut und damit passt er perfekt zu Jaron. Warum bin nochmal ich genau sein Meister geworden?

Nach einer Weile legen Yara und ich eine Pause ein und sehen mit großen Augen den beiden beim Einstudieren ihrer Choreografie zu. Es freut mich zu sehen, dass Jaron und Mattheo sich wirklich gut verstehen. Neben unserem Meister Schützling Verhältnis hat Mattheo mit Jaron das innigste vampirische Verhältnis. Die Zwei haben schon oft Zeit miteinander verbracht, nicht zuletzt wegen der Erdaffinität der beiden. Ich bin froh, dass Jaron bereitwillig die Erdmagie übernimmt. An mir bleiben dann die unliebsamen Lufttechniken hängen.

Nach einer kurzen Pause motiviere ich Yara weiter zu üben. Widerwillig begibt sie sich in meine Arme und lässt mich ihr weitere Schritte und Feinheiten beibringen. Sie ist mir sehr dankbar, geduldig mit ihr zu sein, anders als beim Elementtraining.

• Yara •

Der halbe Tag ist mittlerweile vorbei und mein Gehirn hat für heute echt genug Tanzleistungen verarbeitet und eingespeichert. Zufrieden beendet Lucan für mich die Tanzeinheit.

„Wir machen eine Pause und gehen dann auf das Kampffeld", raunt Lucan mir schmunzelnd zu.

Mattheo und Jaron sind nach wie vor so in ihrem Element, dass die Zwei uns praktisch links liegen lassen. Hoch konzentriert arbeiten sie an ihrer Choreografie weiter und würdigen uns keines Blickes, als Lucan und ich den Raum verlassen. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Mikul seinen Platz am Klavier einem seiner Soldaten überlässt und dann mit uns in die Wohnhalle geht.

Anscheinend sind seine Anweisungen, in meiner Nähe zu bleiben. Lucan würde mich sicher auch beschützen, aber zwei Leibwächter sind besser als ein Leibwächter. Zudem könnte Mikul loseilen und weitere Schritte veranlassen.

Gemütlich entspannen wir uns eine ganze Stunde auf der Sofalandschaft und fallen in lockere Gespräche. Sogar Mikul, der sonst sehr schweigsam ist, sitzt bei uns und wirft ab und an mal ein paar Sätze ein.

„Auf geht's, ich kann es kaum erwarten, deine verstärkten Fähigkeiten zu sehen", sagt Lucan schließlich und erhebt sich schwungvoll.

Wenig später befinden wir uns auf dem Kampffeld. Erstaunt blicke ich auf die wahnsinnig hohe Schluchtformation, die Lucan mit Hilfe von Mikuls Erdfähigkeiten aufgestellt hat.

„Dosiere deine Fähigkeiten so wie du meinst und probiere dich ruhig aus", sagt Lucan geduldig. Mit verschränkten Armen steht er neben mir und wartet, bis ich meine Form kanalisiere.

Vorerst bleibe ich bei den 5% Dunkelmagie Form, werde aber vermutlich bald die 10% ausprobieren. Vittorius meinte letztens zu mir, ungefähr 5er Schritte wären eine gute Trainingstaktik.

In Aktion hat Mikul mein neues Dämonendasein noch nicht erlebt, erstaunt mustert er mich von oben bis unten.

„Die Ausstrahlung ist wirklich furchteinflößend. Ich bekomme ein Gefühl dafür, wie es sich bei Aaru verhalten müsste", sagt Mikul nachdenklich.

Dann deutet Lucan mir anzufangen. Sachte nehme ich die Luft um mich herum wahr und kombiniere wieder die Luft- und Dunkelmagie. Im Gegensatz zum ersten Mal fällt es mir deutlich leichter. Und trotzdem fühlt es sich so an, als könnte ich jeden Moment die frisch gewonnene Kontrolle verlieren. Wie bei einem mit Luft gefüllten Ball, den man unter Wasser drückt.