Kapitel 69.

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Jungkook

Tatsächlich wurde ich nervöser, je näher wir dem Haus von Taehyungs Eltern kamen. Ich hatte die beiden noch nie gesehen und zuvor niemals die Eltern einer Person kennen gelernt, welche ich unglaublich mochte. Meine Gefühle für den Älteren entwickelten sich mit der Zeit zu so viel mehr, als ich jemals erwartete. Und ich hasste, dass ich wusste, wie sehr uns das beide im Endeffekt zerstören würde. Nur hatte ich auch gar keine andere Wahl, als es selbst zu zerstören. Eigentlich ließ ich mir sowieso schon viel zu viel Zeit. Genoss jede Sekunde, die ich mit Taehyung bekam und kostete unsere gemeinsamen Momente aus.

Dabei sollte ich es nicht. Das was ich wirklich tun sollte, da Lee sicherlich kaum bekannt dafür war, ein geduldiger Mann zu sein, Taehyungs Werk zerstören. Er arbeitete anscheinend schon eine Weile daran und ließ es im abgeschlossenen Kunstraum der Uni stehen. Man kam nur hinein, wenn man einer der Personen war, die dort sauber machte, oder selbst an etwas arbeitete und nach einem Schlüssel fragte. Natürlich besaß man dann eine Art Ausweis mit dem die von der Uni wussten, dass die Person tatsächlich auch Zugang haben durfte. Also müsste ich erst einmal dafür sorgen, an einem Abend den Raum putzen zu müssen. Um Taehyungs Werk, seine Zukunft... Einfach zu zerstören.

Von einer Person, die mich unglaublich glücklich machte.

Statt dass ich es beendete und Taehyung damit schon genug verletzte, stimmte ich sogar zu, seine Eltern zu sehen. Was war eigentlich falsch mit mir? Und wie ekelhaft egoistisch verhielt ich mich? Wieso... Fiel es Taehyung so einfach, dass ich mich in seiner Nähe verlor. Und alles andere vergaß, sodass meine Probleme und Sorgen vergessen waren. Beim ihm fühlte ich mich wie zu Hause.

"Meine Eltern werden mir bestimmt die Verspätung verzeihen, wenn sie dich sehen" lenkte der Ältere von meinen Gedanken ab und brachte mich in die Realität, in der wir vor der Haustür von dem Haus des Älteren standen, kurz davor, seine Eltern kennen zu lernen. Etwas, worauf ich mich eigentlich freute, obwohl die meisten sich bestimmt etwas anderes für ihre Kinder wünschten. Statt den Sohn einer Hure, der ein Mal ein Mädchen gewesen war. Wenn ihnen das eine nichts ausmachte, tat es ganz bestimmt das Andere.

"Idiot" meinte ich bloß, während ich in mich hinein schmunzelte. Ich hatte die romantische Seite des Älteren ja schon kennen lernen dürfen. Dass er mich aber seinen Eltern vorstellte, verwunderte sogar mich. Anfangs machte er definitiv nicht den Anschein, solch ein Kerl zu sein. Ich rechnete mit dem typischen Aufreißer, hart im Bett und ganz besonders auf seine Befriedigung bedacht. Jemand der sicher stellte, dass es da niemals Gefühle zwischen uns gab und es immer rein um den Sex gehen würde.

Er jedoch überzeugte mich von dem ziemlichen Gegenteil. Anders als die Vorurteile, die man über ihn hatte, konnte er kaum sein.

"Da bist du ja- und du hast jemanden mitgebracht, wie nett" ertönte dann auch schon die freundliche Stimme von Taehyungs Mutter. Jetzt verstand ich, von wem er seine Gene hatte. Er sah zwar aus wie eine Kopie seines Vaters, seine Mutter aber war die attraktivste Frau, die ich jemals gesehen hatte. Und sie alterte in Würde, anstatt ihre gesamte, wunderschöne Gestalt mit Botox oder anderweitigen Schönheitseingriffen zu verändern. Man erkannte ihre Falten, jedoch unterstreichten sie ihre Schönheit.

Aber offensichtlich bekamen die beiden ihren Sohn etwas später als die unausgesprochene Norm für Eltern galt. Meine bekam mich definitiv zu früh. Kaum verwunderlich, als ungewolltes Kind, welches sie mit gerade einmal siebzehn Jahren zur Welt brachte, da ihr das Geld für eine Abtreibung fehlte. Das passierte den beiden vor mir ganz sicher nicht.

Jedoch erkannte ich den leicht skeptischen Blick von Taehyungs Vater, als er mich zum ersten Mal sah und ich ihn einfach nur breit angrinste, wie ein Honigkuchenpferd. In der Hoffnung es wirkte nicht seltsam, sondern freundlich und als freute ich mich ehrlich, die beiden kennen zu lernen. Denn das tat ich ja auch. Bekam aber ein seltsames Gefühl von dem älteren Mann vor uns. Diesen Gedanken schüttelte ich aber vorerst ab und konzentrierte mich auf das, was gerade passierte.

Verbeugte mich also aus Höflichkeit vor Taehyungs Eltern und trat danach mit dem Älteren ein. In ein Haus, in welchem ich mich durchaus besser auskannte, als seine Eltern ahnen konnten. Wir trieben es sogar schon in exakt der Küche, in welcher heute von Taes Eltern gekocht wurde. Und mein erstes Mal... Erlebte ich auch hier. Meine Erinnerungen an diesen Ort waren also zum Großteil sexuell, oder zumindest ziemlich intim. Weswegen ich ehrlich aufpassen musste woran ich dachte, als wir die offene Küche betraten, wo Taehyungs Mutter das Essen schon anrichtete.

In dem ganzen Raum roch es danach, sodass mein Magen irgendwann tatsächlich anfing, leise zu grummeln. War wohl doch etwas zu lange her, dass ich etwas richtiges gegessen hatte. Mein Frühstück viel eher gering aus, nachdem Jimin und ich die Zeit vor der Vorlesung für mehr Schlaf, statt Nahrung nutzten. Und nach der Vorlesung verbrachte ich meine Zeit mit Tae zwischen meinen Beinen, bekam noch einen kleinen Snack und folgte ihm danach zu seinen Eltern. Also konnte ich das hier ehrlich gut gebrauchen.

"Und wer ist deine nette Begleitung?" fragte Taehyungs Mutter nach einer Weile, lächelte dabei unglaublich liebevoll und zuvorkommend. Jetzt verstand ich wieso Tae so gerne über sie sprach. Diese Frau kam mir ehrlich als eine der nettesten Menschen rüber, die ich jemals so kennen lernen durfte. Natürlich konnte sie ihren Sohn dann nur zu einem ähnlich großartigen Menschen wie sich selbst erziehen.

Der Apfel fiel nunmal nicht weit vom Stamm.

"Ich bin Jeon Jungkook, Mrs Kim" erwiderte ich also, bemerkte jedoch erneut den dunklen Blick des älteren Mannes. Seitdem wir hier ankamen musterte er mich voller Skepsis, teilweise glaubte ich sogar, etwas verabscheuendes in ihnen zu erkennen und ich hatte keine Ahnung, warum. Wie ein dunkler Schatten folgte er mir durch den Abend. Vielleicht konnte er sich denken, welche Art von Begeisterung wir führten und war bloß skeptisch, da er nur das Beste für seinen Sohn wollte.

Und vielleicht bemerkte er, dass ich das niemals sein könnte. Oder es gab einen anderen Grund. Auf jeden Fall wirkte es unglaublich einschüchternd, sodass ich meinen Blick jedes Mal senkte, wenn meiner seinen traf. Er durchborhte mich förmlich, weswegen ich sehr froh war, dass Blicke nicht töten konnten. Sonst hätten die Kims eine Leiche im Haus.

"Nenn mich doch Sumi, Jungkook." bot mir Taehyungs Mutter voller Zuvorkommenheit an, ich senkte jedoch bloß etwas schüchtern den Kopf. All das aufgrund der dunklen Augen von Taes Vater. Dieser Abend würde wohl noch interessant werden. Denn ich glaubte kaum, dass ein Mann wie er einfach so auf diese Weise handelte. Da gab es einen Grund. Und ich hasste es, dass ich mir diesen denken konnte.

Dem gesamten Ausmaß war ich mir aber definitiv nicht bewusst.

"Er ist mein Date, Mom. Deswegen dachte ich... Bringe ich ihn mit, damit du ihn kennen lernen kannst" erklärte Taehyung und platzierte dabei einen liebevollen Kuss auf der Stirn seiner Mutter. Sie waren sich so eng. Führten eine liebevolle und innige Mutter-Sohn Beziehung, obwohl sie sich, ganz besonders seitdem Taehyung zur Uni ging nicht mehr ganz so häufig sahen.

Und ich war der Eindringling. Ein Eindringling, der drohte, den wundervollen Sohn der beiden zu verletzen.

~

Aua :(

Pretty Boy // 𝑇𝑎𝑒𝑘𝑜𝑜𝑘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt