Kapitel 77.

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Jungkook

Ich fühlte mich elend. Zu beschreiben, wie ekelhaft es sich in meiner eigenen Haut anfühlte aufgrund dessen, was ich getan hatte, war fast unmöglich. Alles in mir schmerzte. Aber ich verdiente es. Und wie sogar. Und doch hielt mein Körper all diesen Schmerz kaum mehr aus. Auf der einen Seite war ich förmlich erleichtert, endlich Lees Händen entkommen zu sein, obwohl ich natürlich wusste, dass er sicherlich seine Wege fand, mein Leben weiter zu ruinieren.

Jetzt spielte es sowieso keine Rolle mehr. Mein Leben wurde erneut, nachdem ich versucht hatte, mich von meiner Familie zu distanzieren, zerstört und all meine Träume über den Haufen geworfen. Zum ersten Mal glaubte ich, glücklich sein zu können. Stattdessen machte mir das Schicksal erneut einen Strich durch die Rechnung. Anscheinend war ich einfach zu solch einem Leben bestimmt. Voller Schmerz und Einsamkeit und ein Leben, welches alle mir nahestehenden Personen mit mir untergehen ließ.

Hier war ich also. Verletzt und gebrochen, nachdem ich einem so perfekten Menschen seine Zukunft zerstörte. Dieser konnte sicher kaum glauben, was sein bester Freund ihm zu sagen hatte, denn hinter meine Ausrede zu kommen stellte sich keinesfalls schwer heraus. Bloß glaubte Mr. Ahn, so wie viele hier, dass ich so etwas niemals tun würde. Wieso auch. Ich hatte keinen Grund. Deswegen erwartete ich schon eine schmerzhafte Gegenüberstellung mit Taehyung. Denn natürlich wollte er von mir persönlich wissen, wieso ich es getan hatte. Und um ehrlich zu sein wusste ich nicht, was ich sagen sollte.

Die Wahrheit durfte und würde keiner erfahren. Nicht einmal Jimin, nachher brachte ich ihn damit doch noch in Gefahr. Und Taehyung... Besaß ein zu gutes Herz. Ich verdiente keine weitere Chance. Nicht nach dem, was ich tun musste. Wieso, spielte keine Rolle. Ich hatte es getan. Mich dafür entschieden, einem anderen Menschen weh zu tun, der es garnicht verdiente, anstatt selbst zusehen zu müssen, wie ich verletzt wurde. So wie all die Personen, welche mir nahe standen.

Eine leise Träne rollte meine Wange herunter. Meine Knie wurden weich und irgendwann schnürte mir der ganze Schmerz meine Luft ab. Ich verlor jegliche Kraft in mir und stürzte zu Boden, schmerzhaft hart auf meine Knie, die einfach unter dem Gewicht des Körpers, den sie tragen mussten, zusammenbrachen.

So bot sich sicherlich ein erbärmlichen Anblick meinerseits. Ein Häufchen elend, schluchzen auf den Knien, vor einem Scherbenhaufen das mein Leben darstellte.

Ich liebte Taehyung. Alles, was ich ihm gestern sagte und spüren ließ, war echt. Meine Gefühle für ihn entwickelten sich schnell und unaufhaltsam. Eigentlich zog er mich von Anfang an in seinen Bann. Ich hatte zwar gehofft, durch ein neues Umfeld und einen neuen Körper endlich Fuß im Leben zu fassen. Jemanden kennen zu lernen, durch den ich meinen Körper kennen und lieben lernen durfte. Taehyung war diese Person. Und doch empfand ich schneller als erwartet intensivere Gefühle als jemals in meinem Leben.

Normalerweise sah man solch eine Art des Verlangens und der Liebe niemals außerhalb von Filmen. Ich bekam das Privileg, sie selbst in meinem eigenen Leben zu spüren, durch eine unglaublichste Person, die ich je kennen lernen durfte. Und gerade ihn... Verletzte ich auf solch eine schmerzhafte und ekelhafte Art und Weise.

Ich fühlte mich dreckig. Jedoch wusste ich leider auch, dass ich diesen Schmerz verdiente. Also hielt ich ihn aus. Dennoch kniete ich weiterhin wimmernd und schluchzend auf dem Boden und bohrte meine Finger schmerzhaft tief in meine Oberschenkel, aus purem Hass auf niemand geringeren als mich selbst. Und der Freund meiner Mutter. Obwohl er theoretisch auch bloß eine Metapher in meinen Leben darstellte, welche man durch viele verschiedene ersetzen könnte.

Hätte es ihn nicht gegeben, wäre irgendetwas anderes zwischen mein Glück und mich gekommen.

"Jungkook? Hey, Jungkook, sieh mich an" zog mich eine unglaublich besorgte Stimme zurück in die Realität. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass Jimin unser Zimmer betrat und voller Horror meinen Zustand betrachtete. Bis er auf mich zu rannte, vor meinen Körper kniete und liebevoll in seine Arme zog. Jedoch nur so weit, sodass ich ihn ansehen konnte, nachdem ich meinen Kopf hob, mit verkwollenen Augen voller Tränen, die mir meine Sicht versperrten.

Ich erkannte den Anderen bloß verschwommen, ganz egal wie sehr ich versuchte, meine Tränen zu stoppen.

"Wieso... Kann ich immernoch nicht glauben, dass du das ganze absichtlich gemacht hast. Gott verdammt Jungkook, du siehst vollkommen fertig aus. Und das ganz sicher nicht weil es dir so leicht gefallen ist, Taehyungs Zukunft zu zerstören." und damit hatte er ja auch Recht. Ich tat das hier für eine andere Person. Aufgrund von Hass und Rache griff dieser zu jeden Möglichkeiten, die er bekam. Wieso auch immer er Taehyungs Familie so verabscheute, er war bereit dazu, mir mit den schrecklichsten Dingen zu drohen. Bloß damit ich all die drecksarbeit für ihn erledigte.

Natürlich genoss er es dabei, dass er mich erniedrigen konnte. Ich stand unter seine Kontrolle und tat, wonach er bat, ganz egal wie grausam. Wenn er mich schon nicht fickte, übte er durch andere Formen Macht aus. Und das tat er sehr erfolgreich. So erfolgreich, sodass ich einen Kerl hinterging, für den ich unglaublich starke Gefühle besaß. Ich liebte Taehyung. Und mit diesem Wort ging ich besonders vorsichtig um. Bei ihm jedoch war es offensichtlich. Ich liebte ihn. Und wie ich das tat.

Deswegen verlor ich mich hiermit selbst. Keine Ahnung, wer ich jetzt noch war. Ich hatte nichts und verlor das einzige in meinem Leben, das mich glücklich machte. Mit dem ich ein so unbeschwertes Leben führte, dass es sich surreal anfühlte. Augenscheinlich war es das auch. Surreal. Solch ein Leben, ein vollkommen glückliches Leben lebte niemand wie ich. Das hier stellte meine Bestimmung dar.

Schmerz und Gewalt. Vorerst ließ Lee mich in Ruhe. Ich glaube nicht, dass er es lange tat. Denn dieser Mann begehrte noch so viel mehr von mir.

"Jimin ich... Kann nicht mehr... A-atmen" wimmerte ich leise und hilflos. Ähnlich wie wenn man sich übergeben musste, rang ich nach Luft und verspürte einen unglaublich starken Schmerz in meiner Bauchgegend. Als hätte jemand dort hinein getreten und meine Organe verschoben.

Taehyung tat mir unbeschreiblich leid. Ich konnte mir ausmalen, wie er sich fühlte, zumindest einigermaßen. Seine Chance auf eine erfolgreiche Zukunft wurde von einer Person zerstört, der er vertraute. Die keinen Grund besaß, ihn jemals auf solch eine Weise zu hintergehen. Zwar sorgte sein Vater sicher für ein paar Zweifel, denn seine Worte klangen plausibel, ganz besonders wenn er von meiner geldgierigen und drogensüchtigen Mutter erzählte. Und all den skrupellosen Wegen, auf die sie Männer verführte um an ihr Geld heranzukommen.

"Komm her. Auch wenn du mir... Nicht erzählen kannst wieso, spielt das eigentlich auch gar keine Rolle. Es spielt eher eine Rolle, wer dir das angetan hat" versuchte mein bester Freund mich zu beruhigen und zog meinen Körper enger an seinen heran. Er übte genug Druck aus, um meinen Verstand dazuzubringen, langsam runterzukommen. Dass ich wieder tief ein und aus atmete und das Gefühl der Ohnmacht verschwand. Kurzzeitig dachte ich tatsächlich, aufgrund des Luftmangels gleich in Ohnmacht zu fallen.

Lächerlich. Ich hatte keinen Grund, mich so zu fühlen, seitdem ich die Entscheidung traf, blind Lees Forderungen nachzukommen. Alles was er sagte, tat ich. Auch um mich selbst zu schützen. Vor den Dingen, die er mir androhte. Dass er weiteres drohte, indem er andere Menschen involvierte, wie Taehyung selbst, meine Schwester oder sogar meinen besten Freund, machte keinen Unterschied.

Ich verletzte eine Person, die es am wenigsten verdiente. Nachdem er mich gut, geliebt und begehrt fühlen ließ, mir erlaubte, meinen Körper zu erforschen, traf ich diese Entscheidung.

Und selbst wenn ich sie bereute, würde ich sie immer wieder treffen. Lieber verletzte ich Taehyung so, als dass ich dabei zusah und am eigenen Leib erfuhr, wie Lee den Älteren quälte, indem er mich verletzte.

Etwas, dass sich Tae niemals verzeihen würde.

Und ich mir auch nicht.

~

Ich bin in der Uni Phase angekommen, wo ich an meinen Hausarbeiten arbeiten muss and I already dont want to anymore

Pretty Boy // 𝑇𝑎𝑒𝑘𝑜𝑜𝑘Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt