87 - Die zweite Besichtigung

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Joonie fand meinen Besuch beim Makler genau so aufschlussreich wie ich. Wir sind nun beide sehr neugierig auf den zweiten Besuch der Häuser zusammen mit Taehyungs Experten. Deshalb kann ich mich auch nicht zurückhalten, als ich So-Ra an der U-Bahn treffe. Wir fahren gemeinsam die Rolltreppen hinauf. Draußen ist es noch winterlich dunkel. Aber heute ist mir alles egal. Aufgeregt sprudele ich mein gestriges Erlebnis hervor. Im Aufzug hoch zum Büro spekulieren wir gemeinsam, was wohl heute Nachmittag passieren wird. Danach fällt es mir echt schwer, mich auf Versicherungsabschlüsse und Schadensregulierungsvorgänge zu konzentrieren.

Aber irgendwann ist der Vormittag rum. So-Ra begleitet mich zum Fahrstuhl. Dort nehme ich sie herzlich in die Arme. Und habe - vollkommen zusammenhanglos - eine Idee.
"Ich glaube tatsächlich, dass du Hoseok eine Kleinigkeit schenken könntest. Vielleicht gibt es irgendwas, was er zum Tanzen braucht. Du sagtest, er lernt jetzt auch Latein- und Standardtänze?"
So-Ra scheint verblüfft, dass ich dieses Thema plötzlich noch einmal anspreche.
"Wie kommst du denn jetzt da drauf? Ja, im Moment überholt er sich echt selbst. ... Ich würde ihn zu gerne mal tanzen sehen."
Aha. Ahhhhh!
"Es sieht fantastisch aus. Als er mir seine Geschichte erzählt hat, da hat er mir ja was vorgetanzt. Mit seiner Ausstrahlung hat er mich damals fest in seinen Bann gezogen."
"Du Glückliche."
"Keine Sorge. Du wirst sicher bald auch die Gelegenheit dazu haben. Ganz bestimmt! Freu dich einfach schon mal vor."

Mein Aufzug kommt und bringt mich nach unten. Von dort aus laufe ich zu dem mit Namjoon verabredeten Punkt, hüpfe schnell auf den Beifahrersitz und lasse mich auf den Berg kutschieren.
"Ich bin gespannt, was gleich passieren wird."
"Nicht nur du. Ich hab noch mal mit Tae geredet. Und siehe da - er wird auch dabei sein."
"Ne, echt? Cool! Dann kann ja gar nichts mehr schief gehen."

Wir stellen mein Auto wieder auf den Parkplatz am Dorfrand und schlendern diesmal direkt zum Objekt unserer Träume. Eine erstaunlich große Ansammlung von Menschen steht vor dem mittleren Tor und blickt uns entgegen. Ich erkenne sofort Taehyung und einem weiteren Mann, der dann wohl unser Experte ist. Ihnen gegenüber steht der Makler, zusammen mit dem freundlichen Neffen und dem älteren Herrn von gestern, dem 'Onkel'.

Kaum haben wir alle Anwesenden begrüßt und uns einigen vorgestellt, verschwendet der Gutachter keine Zeit. Er zieht Taehyung an seine Seite. Aufmerksam wandern seine Augen über die Tore und Wände der Grundstücksmauer. Er sieht zufrieden aus. Wir betreten das Grundstück durch das mittlere Tor. Sofort inspiziert er mit Blicken die Fassade des Doppelhauses und wirft einen Blick in den Schacht zur Befeuerung der Fußbodenheizung. Dabei erklärt er Tae jeden seiner Handgriffe, was er grade kontrolliert, woran er was feststellt. Das große Gebäude gefällt ihm gut, ist denkmalschutzgerecht und stilvoll saniert worden, und er spart nicht mit Lob. Aber wir alle wissen, dass es eigentlich um das ältere Gebäude geht. Also halten wir uns nicht länger auf und gehen über die Einfahrt nach nebenan.

Der Experte runzelt die Stirn und fängt eifrig an, in seinem Notizbuch zu schreiben. Ab und zu klopft er an einen Balken, schaut aus einem Fenster, versucht, eine völlig in sich verzogene Tür zu schließen oder hebt eine wackelige Bodenplatte an. Er redet nur mit Taehyung und wandert herum. Wir anderen dackeln hinterher.
Schließlich wendet der Mann sich an den 'Onkel' mit ein paar Fragen.
"Soviel ich weiß, waren das alles ursprünglich kleine Höfe mit ein bisschen Landwirtschaft zur Selbstversorgung und Kleinviehhaltung. Für den typischen Aufbau fehlen aber hinten am Ende des Gartens die kleinen Ställe. Und hier sieht es aus, als wäre das eigentlich eine Scheune oder ein Stall gewesen, und kein Wohnhaus. Können Sie mir etwas mehr über die Nutzung der - sagen wir mal - letzten dreißig Jahre erzählen?"

Der 'Onkel' überlegt kurz.
"Als mein Vater das große Haus erbte, hat er die Landwirtschaft aufgegeben, denn die Diktatur war inzwischen überwunden, und er arbeitete in der Stadt. Die beiden Ställe machte er zu einem netten Gartenhäuschen. Seine alleinstehende Schwester bekam dieses kleinere Haus und Gelände. Der kleine Stall am Ende hatte aber inzwischen ein undichtes Dach. Und weil sie alleine war, kam sie mit den nötigen Reparaturen nicht klar. Die beiden waren sich auch nicht grün. Deshalb gab sie den Stall auf, holte ihre fünf Hühner ins Haus und kämpfte sich so durch. Nach und nach ging immer mehr kaputt. Hühner und Stroh haben das Haus auch nicht grade komfortabler gemacht. Mein Vater hat sie schmoren lassen."
Der Sachverständige nickt. Namjoon und ich spitzen die Ohren.
"So sieht es hier aus, ja. Es wurde einfach lange nichts repariert. Und das erklärt auch, warum auf dieser Seite die trennende Mauer weitgehend erhalten geblieben ist."

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