10- (Un) Verständnis

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"Morgen um 8, bei mir zu Hause. Du weißt ja wo ich wohne.", verabschiedet er sich, ohne auf eine Antwort zu warten. Ratlos lässt Rafe mich sitzen.

Noch eine Weile sitze ich einfach da und ringe mit meinen Gedanken. Doch egal worüber ich nachdenke ich komme keinen Schritt weiter. Langsam setzt die Dämmerung ein und ich beschließe mich auf den Heimweg zu machen. Innerlich bete ich bereits auf dem Weg, dass Kiara nicht mehr da ist. Ich möchte mich heute einfach nicht weiter damit auseinander setzen. Sie hat mich so sehr verletzt, ich kann da nicht einfach drüber stehen. Und was wenn Rafe Recht hat? Hat sie wirklich Streit mit Sarah? Ist sie nur deshalb zurück gekommen? Das wäre echt armselig, egal aus welchem Blickwinkel ich es betrachte.

Auf der Veranda brennt Licht, daher entschließe ich mich das Chateau zu umrunden und die Eingangstür zu benutzen. Ich habe keine Lust den Jungs in die Arme zu laufen. Schnell husche ich noch in die Küche, mein Magen knurrt. Fast habe ich meinen Teller fertig, nur noch ein wenig Gemüse, als ich plötzlich zusammenzucke. Jemand hat meinen Namen gesagt. Ich drehe mich geschockt. Es ist JJ. "Du bist wieder da", spricht er das offensichtliche aus. Ich nicke nur, bin noch unschlüssig in welche Richtung das Gespräch verlaufen wird. Auf weitere Vorwürfe kann ich gut und gerne verzichten. "Ist alles gut bei dir?", hackt er nach. Wieder nicke ich. Was soll den nicht gut sein? Mein bester Freund und mein Bruder sind mir doch heute nur in den Rücken gefallen und haben mir einen Phal in mein Herz gerammt.

"JJ wo bleibst du denn?", ertönt nun auch JohnBs Stimme. "Hast du dich verlaufen?" Nur einen Moment später steht auch er da. "Summer", bringt er stockend vor, als sei er überrascht mich hier zu sehen. Ist ja nicht so als würde ich hier wohnen. "Wo zur Hölle warst du und wieso gehst du nicht an dein Telefon?", donnert er ohne Vorwarnung los. Sofort springt mein Inneres auf Verteidigungsmodus. "Ich wüsste nicht was dich das angeht. Mein Handy war hier", keife ich. "Verdammt Sum, zick doch nicht gleich wieder Rum.. ich hab mir Sorgen gemacht." Seine Stimme klingt schon viel sanfter als gerade eben noch, doch mein Bauchgefühl warnt mich vor zu schnell einzuknicken. Irgendetwas in mir sagt mir, da kommt noch etwas. -etwas das mir nicht gefallen wird.

"Wir machen morgen eine Party", verkündet mein Bruder mir wie auf's Stichwort. Skeptisch mustere ich ihn, an der Art wie er es gesagt hat, weiß ich das da noch mehr dahinter steckt. Doch er schweigt. Auch JJ scheint sich in die Schusslinie bringen zu wollen. "Was ist der Anlass?", harke ich nach. JohnB ist deutlich anzusehen wie es in seinem Kopf rattert, ich hatte also Recht. Da steckt mehr dahinter. "Wir... Einfach das wir alle zusammen sind, die Pogues.", beginnt er stockend als würde er über jedes einzelne Wort genau nachdenken. Ich gehe seine Antwort in meinem Kopf wieder durch. Wir... Alle.. Pogues... Wieso betont er das so? Sonst feiern wir doch auch ohne Grund. Und genau in dieser Sekunden erschlägt mich die Erkenntnis. Sie feiern. -mit Kiara. -für Kiara. Unsicher blicken mich die beiden an und scheinen auf meine Reaktion zu warten.

"Ist das euer ernst?!", entfährt es mir ungläubig. JJ's Blick wandert auf den Boden. Doch JohnB scheint mein Unverständnis nicht zu verstehen. "Gib ihr doch mal eine Chance, Summer. Sie war deine beste Freundin. Und sie gehört zu uns." Autsch, eine Ohrfeige hätte es auch getan. Und mich vermutlich weniger verletzt. Meine Augen beginnen zu brennen. Es fühlt sich an als würde er sie über mich stellen.

Dabei war ich es. Ich bin seine Schwester. Ich war immer da. Ich hab mich um ihn gekümmert als Dad verschwand. Ich habe ihn nie links liegen gelassen, für niemanden. "Nein. Ihr", sage ich während ich zwischen den beiden hin und her schaue, "könnt machen was ihr wollt. Feiert mit ihr, chillt mit ihr. Aber ich nicht. Ich werde ihr nicht einfach so verzeihen." Erstaunt darüber, dass meine Stimme stärker klingt als angenommen, will ich gerade gehen. Der Appetit ist mir vergangen. "Also kommst du zu der Party? In deinen Augen kannst du sie ja anscheinend einfach ignorieren auf Lebzeiten", versucht mein Bruder mich aus der Reserve zu locken. Direkt vor ihm stoppe ich. "Nein, ich habe morgen Abend schon was vor, unabhängig davon wer oder was hier läuft." Trotzig blicke ich ihm direkt in die Augen. Die Worte kamen schneller aus meinem Mund als ich denken konnte, anscheinend nehme ich Rafes Einladung an. Ohne einem von beiden auch nur einen weiteren Blick zu würdigen, quetsche ich mich an ihnen vorbei.

In meinem Zimmer angekommen lasse ich mich auf mein Bett plumpsen. Jetzt muss ich wohl zu Rafes Party gehen. Ob das eine gute Idee ist? Aber was ist die Alternative? Mit Kiara auf Happy Friends machen? Der Gedanke daran verursacht Übelkeit in mir. Ich muss ziemlich in Gedanken versunken sein, denn ich schrecke auf als mich unerwarteter Weise etwas berührt.

"Gott Pope, du hast mich zu Tode erschreckt.", fluche ich. Kurz zucken seine Mundwinkel verdächtig. "Entschuldige, ich habe geklopft, aber du hast mich anscheinend nicht gehört.", erklärt er sich stattdessen. Erwartungsvoll blicke ich ihn an. Pope ist sonst nicht der Typ, der aus Langeweile in mein Zimmer kommt. Meine stumme Aufforderung kommt an. "Ich wollte mit dir reden, du bist gestern schon einfach abgehauen", beginnt er. Sofort schüttel ich vehement meinen Kopf. "Bitte Pope, ich brauche nicht noch mehr Belehrungen, dass ich mich nicht so anstellen soll." Meine Stimme klingt nahezu flehend. Doch überraschender weiße, ist er es, der diesmal den Kopf schüttelt. Ich setze mich auf und deute ihm mit der Hand an sich neben mich zu setzen.

Als er sitzt beginnt er zu sprechen. "Ich will dich nicht belehren. Wollte ich auch gestern nicht. Ich wollte dir sagen das ich dich verstehe." Vermutlich entgleiten mir in diesem Moment alle Gesichtszüge und ich starre ihn mit offenen Mund an. Es dauert einige Sekunden bis mir wieder einfällt wie man ihn schließt. Pope beobachtet meine Reaktion, als er das Gefühl hat, dass ich mich wieder gefasst habe, fährt er fort. "Ich bin auch nicht begeistert davon, dass sie zurück ist. Nenn es verletzten Stolz, aber sie hat uns wortlos aus ihrem Leben gestrichen... Ich vertraue dem ganzen einfach nicht", erklärt das Genie seine Ansicht.

Verstehend nicke ich. Diesmal verstehe ich ihn wirklich, oft erzählt mir Pope Sachen, denen ich nicht ganz folgen kann. Er hat ein unglaublich großen Wissenschatz, aber diesmal, da verstehe ich ihn wirklich. "Danke, Pope", murmel ich. Es fühlt sich gut an, das wenigstens einer mich vesteht. Sein Blick wechselt zu missmutig. "Aber wir müssen es wohl ersteinmal hinnehmen, du weißt wie stur die beiden sind...", fährt er fort. Auch meine Miene wechselt zu missmutig, denn er hat Recht. "Ich weiß.. das habe ich ihnen auch gesagt. Sie können tun und lassen was sie wollen, aber ich habe keine Lust auf das Theater", erkläre ich ihm. Stumm nickt er bevor er sich erhebt und wieder geht. Vermutlich zurück zu den anderen beiden. Doch bevor er den Raum endgültig verlässt, dreht er sich noch einmal um. "Summer, ich weiß, wir waren nie ganz so eng wie du und dein Bruder oder du und JJ, aber wenn was ist... Du kannst immer zu mir kommen." Lächelnd nicke ich ihm zu, während sich Dankbarkeit in mir ausbreitet. Dankbar, dass wenigstens einer meiner Freunde mich versteht.

*Ich habe es tatsächlich geschafft, haha. Kapitel 10 ist da.🤭

Momentan sind die Pogues also wie gespalten. JohnB und JJ, die sich freuen, dass Kie wieder da ist und Pope und Summer, die der Sache kritisch gegenüber stehen. Auf welcher Seite steht ihr?🧐

Unsere Inneren Dämonen || Outerbanks Fanfiction Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt