Was ist von mir übrig?

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Triggerwarnungen: Krankenhaus, Ärzte, Nadeln und Spritzen, Erwähnung von Blut, Trauer und seelischer Schmerz

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Jisungs Pov:

Die Fahrt im Krankenwagen und die darauffolgende Aufnahme im Krankenhaus in Luxor nahm ich kaum richtig wahr. Es gab Momente, in denen ich meine Welt klar vor mir erkannte, die Personen, die Autos, die großen Häuser, aber dann verschwamm alles wieder, so als könne sich mein Kopf nicht damit abfinden, wieder in dieser Zeit gelandet zu sein.

Das nächste Mal, als ich aus meinem tranceähnlichen Zustand auftauchte, saß ich aufrecht in einem mit sauberen weißen Laken bezogenen Krankenhausbett. Das helle, strahlende Weiß überall um mich herum stach fast unangenehm in den Augen. Aber nach einigem Blinzeln gewöhnte ich mich daran. Erstaunlicherweise gelang es mir diesmal ohne Probleme, meine Umgebung wahrzunehmen und zu realisieren, wo ich mich befand. Vermutlich half die Stille um mich herum, meinem Verstand zu signalisieren, dass wir nicht in Gefahr waren und auch niemand etwas von uns erwartete. Dementsprechend konnte sich mein überfordertes Gehirn zunächst ausruhen.

Es war ganz leise im Raum und langsam drehte ich den Kopf nach links, zu einem großen Fenster mit halb herabgelassenen Jalousien, und dann nach rechts, wo ein kleiner Beistelltisch und ein Infusionsständer ihren Platz hatten.

Ich beäugte den Infusionsbeutel, der mit einem dünnen Schlauch verbunden war. Diesem Schlauch folgte ich und langte dann an meinem Unterarm an, wo ein weißer Pflasterstreifen die Kanüle abdeckte, die dort in meinem Fleisch steckte. Mit dem Wissen, dass diese Art der Krankenversorgung und mein gesamtes Umfeld die Technik und Gesellschaft einer anderen Zeit, meiner Zeit, spiegelten, atmete ich scharf ein. Und endlich gelang es mir, einen klaren, ungetrübten Gedanken zu fassen.

Ich bin zurück. Ich bin wieder in der Gegenwart... Jetzt, wo ich mich nicht mehr nach ihr gesehnt habe und ein neues Leben hatte, bin ich wieder hier.

Noch vor einem Jahr hätte ich mir nicht vorstellen können, in einer Zeit ohne moderne Technik und Kommunikation zurechtkommen zu können. Nun, da ich dieses Leben kennen- und lieben gelernt hatte, wünschte ich mich plötzlich dorthin zurück. Zurück in die Zeit der Pharaonen, zurück in Minhos Arme, zurück zu dem Teil von mir, der endlich ein Zuhause gefunden hatte. Nun hatte ich beide Existenzen verloren. Es erschien paradox, als könnte ich zwar in beiden Zeiten leben, aber in keiner Welt vollkommen glücklich werden.

Schon wieder liefen mir die Tränen über meine Wangen und das einzige Gefühl, das mich erfüllte, war Schmerz. Er war grenzenlos und schien mich von innen aufzuzehren.

Wieso ist es mir nicht gestattet, glücklich zu sein? Ich habe doch nichts getan, das es rechtfertigt, mich mit so viel Schmerz zu bestrafen. Erst meine Familie – meine Eltern und meinen Bruder – in diesem Leben und dann meine zweite Familie – meine große Liebe, die Kinder und meine Freunde – in der Vergangenheit. Wieso ich? Das ist zu viel für einen Menschen.

Mein stummes Leiden wurde unterbrochen, als sich die Tür öffnete und ein junger Arzt ins Zimmer trat. Als er bemerkte, dass ich weinte, kam er rasch näher und legte sein Klemmbrett auf dem Beistelltisch ab. Dann nahm er stattdessen eine Box mit Taschentüchern und hielt sie mir entgegen.

„Beruhigen Sie sich, bitte. Soweit wir bisher feststellen konnten, sind Sie nicht ernsthaft erkrankt oder verletzt. Machen Sie sich also keine Sorgen." Seine warmen, braunen Augen blickten beruhigend auf mich herab und er nickte mir kurz zu, als ich nach einem Taschentuch griff und meine Tränen trocknete.

„Ich bin Doktor Byun. Wenn Sie Schmerzen haben oder ich etwas anderes für Sie tun kann, sagen Sie es mir. Würden Sie mir auch Ihren Namen verraten? Leider haben wir bei Ihnen keine Ausweisdokumente gefunden." Er beobachtete mich aufmerksam und nach einem Räuspern schaffte ich es schlussendlich, ihm meinen Namen zu nennen.

God-king of Egypt | MinsungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt